Ein Beschluss von historischer Tragweite für die Stadtentwicklung Schwäbisch Gmünds: HBB SEPA erhält den Zuschlag

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Der Oberbürgermeister kann seine Unterschrift unter den Investorenvertrag setzen. Der Gemeinderat stimmte gestern dem Angebot der Bietergemeinschaft HBB SEPA für dasHorten– und Gamundia-​Areal zu. Damit beginnt ein Stadtumbau, der die nordwestliche Altstadt grundlegend verändert und einen langen Stillstand in der Stadtentwicklung beenden soll.

Donnerstag, 20. Januar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
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SCHWÄBISCH GMÜND (rw). Von ursprünglich sechs Bietern blieben noch zwei übrig, HBB und SEPA, die im Dezember als Bieter ein gemeinsames Angebot vorgelegt hatten. Die Stadt führte Nachverhandlungen wegen des Kaufpreises, der ihr zu niedrig schien.
Mit der Investition von 45 Millionen Euro sollen die Investoren die Aufbruchstimmung in Gmünd noch einmal beflügeln. OB Richard Arnold ging auf die „fünf Bausteine“ ein und betonte, dass die Risiken geteilt würden, es werde „nicht alles auf die Stadt abgewälzt“. Die Bausteine sind: 1. Ledergasse mit Horten und Engelbrauerei (wird unwiderruflich realisiert); 2. Einhornbau (soll bis 31. Oktober geklärt sein); 3. Hotel (Betreiber soll bis 31. Oktober verpflichtet sein); 4. Bürogebäude Ost (HBB SEPA soll bis 30. November ein Nutzungskonzept vorlegen); 5. Marktplatz 27 (was daraus wird, muss in einem Jahr klar sein, sonst fällt das Grundstück an die Stadt zurück).
Baudezernent Julius Mihm stellte den Stadtumbau noch einmal dar, auch mit Blick auf die Schulklasse aus dem HBG, die der Sitzung beiwohnte: Vom Kreisverkehr an der westlichen Tunneleinfahrt über die Lorcher Straße, den eigentlichen Bahnhofsboulevard mit seinen Neubauten über die Remsstraße bis zum Schlachthof. Die „große Tangente“ soll ein einheitliches und markantes Gepräge erhalten – einen „boulevardartigen Charakter“, hergestellt durch den alleeartigen Aufbau, der die uneinheitlichen Ränder der Straße kaschiert, sowie durch das Fassadenmaterial der Neubauten: eine Ziegelverblendung greift ein in Gmünd häufig anzutreffendes Architekturmerkmal der Gründerzeit auf. Die Skylounge des Hotels, auch attraktiv für die Gmünder, setze einen Höhenakzent, an der Remsstraße, die eine neue Baumreihe erhält, bildeten die Neubauten eine stadtmauerartige Kante, in der Ledergasse werde das bestehende „Gewurstel“ beseitigt. Die verschiedenen Baukörper verbinde ein einheitliches Maß.
„Wir treten in ein Jahrhundertprojekt ein“, sagte Celestino Piazza (CDU). Eine Gesamtinvestition von 105 Mio. Euro stehe bevor, „es wird nichts mehr so aussehen wie bisher“. Man schaffe damit, was Schwäbisch Gmünd schon lange benötigt – einen Wandel der Infrastruktur zur Stärkung der Kaufkraft, die bislang abgewandert sei. Der Vertrag brauche noch „Feinarbeit“. Das Zusammengehen der beiden Investoren sei für die Zukunftssicherung Gmünds richtig. „Die Investoren wollen Geld verdienen, das müssen sie auch, damit sie etwas Gutes abliefern. Aber sie müssen auch ein Risiko tragen, deshalb haben die Verhandlungen so lange gedauert.“
„Investoren gingen verloren, es war wie bei den zehn kleinen Negerlein“, blickte Max Fuchs (SPD) auf die drei Jahre lange Geschichte des Wettbewerbs zurück. Herausgekommen sei ein „vorläufiges Ergebnis“, und ein glänzendes sei es nicht. „Jetzt haben wir keine Wahl mehr, wir müssen springen, auch wenn wir nicht wissen, wo wir landen.“ Das Einkaufszentrum Ledergasse komme auf jeden Fall, „aber das ist ja auch der attraktivste Bereich.“ Die Bebauung des Gamundia-​Bereichs am Bahnhof hingegen sei nicht sicher, „mit einem gewissen Bauchgrimmen stimmen wir zu.“
Die „dezent-​zurückhaltende Architektur“, die Stimmigkeit von Materialien und Proportionen der Fassaden lobte Karl Miller (Grüne), den Investoren wünschte er Durchhaltevermögen, „nicht nur in der Ledergasse, sondern auch bei Gamundia.“
An die Nachteile des Investorenwettbewerb-​Verfahrens erinnerte Ullrich Dombrowski (FW/​FDP), dessen Schwerfälligkeit und Zwang zur Vertraulichkeit, der die Bürgerschaft ausschloss, was Unmut weckte. Die Neubebauung des Horten-​Areals komme, Gamundia sei mit Fragezeichen versehen. Doch die Stadt beende damit einen jahrzehntelangen Stillstand der Stadtentwicklung. Die nötige Transparenz nach außen habe gefehlt, blickte Karin Rauscher (Frauen) zurück, glücklicherweise sei die Untertunnelung des Stadtgartens abgelehnt worden. Dass die Investoren bei der Realisierung ihrer privatwirtschaftliche Interessen das „Wohl der Gemeinde“ berücksichtigen, hoffte Peter Müller (Linke).
Die Sprecher von SEPA und HBB, Thomas Weinig und Florian Preißler, versicherten, die Investoren würden das in sie gesetzte Vertrauen erfüllen. Weinig: „Wirtschaftlichkeit ist nicht das alleinige Kriterium. Wir wollen Referenzen schaffen, und nur an gebauten Projekten werden wir gemessen. Uns gibt es seit 40 Jahren. Seien Sie sicher, dass alle Bausteine realisiert werden.“ Bis auf Albert Stadelmaier (CDU), der sich enthielt, stimmten alle Stadträte dem Vertragsabschluss zu.
Damit können die nächsten Schritte getan werden: das Abbrechen der noch stehenden Gebäude.