Staatssekretärin Friedlinde Gurr-​Hirsch würdigte insbesondere die pädagogisch wertvolle Jugendarbeit der Kleintierzuchtvereine

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Eine Lanze fürs Ehrenamt und für die Kleintierzucht brach die CDU-​Politikerin Friedlinde Gurr-​Hirsch gestern Abend in Herlikofen. Zum Vortrag der Staatssekretärin, die in der Landesregierung auch für Landwirtschaft und Tierzucht zuständig ist, waren Mitglieder der Kleintierzuchtvereine aus dem Gmünder Raum eingeladen worden.Von Gerold Bauer

Donnerstag, 27. Januar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
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GMÜND-​HERLIKOFEN. Zum politischen Gespräch unter dem Motto „Mit kleinen Tieren Großes erreichen“ begrüßte Ortsvorsteher Celestino Piazza gestern gleich in der Gemeinderhalle von Herlikofen zwei Mitglieder der Stuttgarter Landesregierung — den Gmünder Landtagsabgeordneten und Staatssekretär im Finanzministerium, Dr. Stefan Scheffold, sowie die Staatssekretärin im Ministerium für den ländlichen Raum, Friedlinde Gurr-​Hirsch. Bei dieser Gelegenheit würdigte Piazza die Leistung und das Engagement der Kleintierzuchtvereine zum Wohle der Allgemeinheit. Besonders erwähnte er das Heranführen junger Menschen an ein naturverbundenes Hobby. Auch das Übernehmen von Verantwortung bei der Versorgung der Tiere sei eine wichtige Schlüsselqualifikation.
Dieses Stichwort griff Staatssekretär Dr. Stefan Scheffold (MdL) gleich auf und sprach davon, dass dieser wertvolle Beitrag zur Erziehung junger Menschen sowie die Leistung der Kleintierzuchtvereine für das gesellschaftliche Leben aller Ehren wert sei. Das Ehrenamt zu fördern, habe sich die Landesregierung auf ihre Fahnen geschrieben; Baden-​Württemberg sei bei der Vereinsförderung bundesweit stets Vorreiter. Nicht umsonst gebe es sogar beim Gmünder Finanzamt einen Ehrenamtsbeauftragen, der den Vereinen als Berater zur Verfügung stehe.
Staatssekretärin Gurr-​Hirsch pflichtete ihrem Vorredner bei und berichtete, dass Kleintierzuchtvereine in einigen Bundesländern keine staatliche Förderung erfahren. „Baden-​Württemberg ist das einzige Bundesland mit einem eigenen Haushaltstitel für die Förderung der Kleintierzucht“. Dieser Haushaltsansatz liege bei 100 000 Euro im Jahr, diene vor allem der Bezuschussung des Baus von Zuchtanlagen und werde auch nicht dem Sparzwang zum Opfer fallen.
Die ehrenamtliche Leistung insbesondere der Vereine stelle nicht zuletzt einen sehr großen materiellen Wert da. Doch darüber hinaus sei das Ehrenamt — wie jüngste Studien aus den USA belegen — sogar gesundheitsfördernd. Wer sich engagiert, um anderen zu helfen, lebt länger, besagt diese wissenschaftliche Untersuchung. „Man wird durch ehrenamtliche Tätigkeiten zwar nicht reich, aber sie bereichern das eigene Leben“, ist die Landespolitikerin überzeugt und stützt sich dabei nicht zuletzt auf persönliche Erfahrungen — zum Beispiel als Funktionärin im Bereich der Blasmusik. Bei dieser Gelegenheit räumte die Staatssekretärin mit dem Vorurteil auf, dass die Jugend nicht mehr für ehrenamtliche Tätigkeiten zu begeistern sei. Die Statistik zeige, dass sich ein Großteil der jungen Leute unentgeltlich einbringt. Umfragen hätten ergeben, dass die Globalisierung vielen jungen Menschen Angst macht und sie sich in einer überschaubaren, sicheren Umgebung — zum Beispiel in einer intakten Familie oder im Verein — wohl fühlen.
Wichtig für die Pflege des Ehrenamts seien die Schlagworte Würdigung, Wertschätzung und Weiterbildung. Denn die Ansprüche an die Tätigkeiten seien heute deutlich höher, so dass Fortbildungsangebote eine immer größere Rollen spielen. Sowohl im Kultus– als auch im Sozialministerium habe die Landesregierung spezielle Stellen für die Förderung des Ehrenamts eingerichtet. Als Belohnung für den Einsatz können beispielsweise junge Funktionäre in manchen Einrichtungen freien oder verbilligten Eintritt in Anspruch nehmen (mit der Jugendleiterkarte). Auch die Ausbildung von Jugend-​Mentoren habe sich sehr bewährt, weil dank dieser aufwändigen und anspruchsvollen Qualifikation Jugendliche zum Beispiel in die Lage versetzt werden, an der Schule Instrumental-​Unterricht zu geben oder Sportgruppen zu leiten.
Solche Maßnahmen seien für Vereine und Verbände inzwischen immer wichtiger, denn aufgrund der Bevölkerungsentwicklung entstehe eine Konkurrenzsituation bei der Werbung um die immer weniger werdenden Kinder und Jugendlichen. Die Kooperation mit Schulen sei ein gutes Werbeinstrument. „Gehen Sie offen auf die Jugend zu, damit ihr schönes Hobby nicht nur eine lange Tradition, sondern auch eine Zukunft hat“, riet sie den Vertretern der Kleintierzuchtvereine. In einer immer mehr asphaltierten, von Computern geprägten Umgebung haben viele Haushalte heute keinen Bezug mehr zur Tierhaltung, bedauerte die Staatssekretärin. Die Mitgliedschaft im Kleintierzuchtverein könne dazu ein wertvoller Gegenpol sein — zumal durch die Pflege von Tieren und die Mitarbeit im Verein Tugenden erlernt werden, die in allen Bereichen des Lebens von Vorteil sind.
In der Diskussionsrunde beklagte sich KTZV-​Kreisvorsitzender Walter Schock aus Göggingen, dass die Schutzmaßnahmen wegen der Vogelgrippe vielen Vereinen schwer geschadet haben, obwohl von den Hobbyzüchtern nachweislich gar keine Gefährdung ausgegangen sei. Offene Türen rannten die Züchter bei der Politikerin ein, als sie das Verbot von Kleintierausstellungen am Totensonntag anprangerten. „Das sehe ich auch nicht ein und habe dies dem Innenminister schon erläutert. Kleintierausstellungen sind ebenso kulturelle Veranstaltungen wie das Ausstellen von Bildern“, stellte sie klar.