Sinnlose Umweltzonen? — Konsul a.D. Hermann Walter Sieger und der ADAC stellen die Wirksamkeit in Frage

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Hermann Walter Sieger nimmt keinBlatt vor den Mund. Aufgrund einer ADAC-​Untersuchung stellt er den Sinn der Umweltzonen in Zweifel – im Besonderen natürlich den der Gmünder Zone, deren Werte gar nicht mehr gemessen bzw. kontrolliert werden.

Samstag, 08. Januar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
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SCHWÄBISCH GMÜND (bt). In der ADAC-​Untersuchung sei Gmünd gar nicht aufgeführt, obwohl die Stadt unter einer Umweltzone leide, so Sieger, „vermutlich weil in Schwäbisch Gmünd überhaupt keine Möglichkeit mehr besteht, zu kontrollieren, ob diese Umweltzone überhaupt irgendwelche Wirksamkeit hatte“. Sieger sieht hier einen der Fälle, in denen die hohe Obrigkeit etwas beschließe, und das Ganze dann durchsetze ohne Rücksicht auf die Kosten und darauf, ob die Angelegenheit überhaupt sinnvoll sei — so erinnert der Lorcher Unternehmer und Konsul a.D. daran, dass in Gmünd ein Fahrzeug ohne Plakette nicht zum TÜV gebracht werden könne, weil dieser ja in der Sperrzone liege.
Die ADFC-​Untersuchung, auf die sich Hermann Walter Sieger bezieht, liegt der RZ vor. Darin werden wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität gefordert, freilich „kein Aktionismus“. Nach Ansicht des ADAC stellen Fahrverbote „einen unangemessenen und unverhältnismäßig starken Eingriff in die Mobilität der Bürger dar und werden deshalb abgelehnt“. Auf den Verwaltungsaufwand wird Bezug genommen. Vor allem aber heißt es dort: „Tatsache ist, dass der Pkw-​Verkehr nachweislich nur zu rund fünf Prozent zur Feinstaubbelastung beiträgt. Andere Quellen außerhalb des Verkehrsbereichs wie Industrie und Kraftwerke verursachen den Großteil der Partikel und müssen vorrangig bei den Maßnahmen berücksichtigt werden. Ein im Auftrag des ADAC erstelltes Gutachten belegt, dass der Effekt von Umweltzonen und der damit einhergehenden Fahrverbote gleich Null ist.“ Konkret heißt es da weiter, ein Rückgang der Schadstoffmesswerte in Städten mit Fahrverboten sei „im Vergleich zu Ballungsräumen ohne Umweltzonen kaum feststellbar“.
Das Landratsamt wollte dies gestern nicht kommentieren — man sei lediglich für den Vollzug verantwortlich, sprich für die Ausgabe der Plakette. Dr. Peter Zaar vom Regierungspräsidium sieht’s ganz anders als Konsul Sieger und der ADAC: „Die Umweltzone mit Plakettenpflicht ist ein wirksamer und wichtiger Baustein zur Luftreinhaltung. Sie ist im Land als Stufenkonzept ausgestaltet um eine sukzessive Nachrüstung oder Neubeschaffung von Fahrzeugen zu bewirken. Als dynamischer Prozess lässt sich natürlich nicht zum Stichtag der Einführung einer Stufe des Fahrverbots mit roter oder gelber Plakette eine Wirkung nachweisen“. Bereits ein Jahr nach Einführung beispielsweise der Stuttgarter Umweltzone zeige sich jedoch ganz konkret, dass die Umweltzonen einen wirksamen Beitrag zur Luftreinhaltung leisteten: Nach Angaben der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-​Württemberg seien die durch Abgase verursachten Feinstaubemissionen um rund zwölf Tonnen oder 15 Prozent zurückgegangen. Zudem seien die Stickstoffdioxid-​Grenzwertüberschreitungen deutlich gesunken. Nachgewiesen sei jedoch auch, so der RP-​Sprecher mit Blick auf die ADAC-​Daten, „der erhebliche Einfluss der Witterungsverhältnisse auf die Feinstaubbelastung“, insbesondere der Anteil an Invasionswetterlagen oder der Streusalzeinsatz. Zaar: „Beides war 2010 eine erhebliche Einflussgröße.“