Römerspuren am St. Salvator

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

„Hier am St. Salvator und Nepperberg verdichtet sich was, auch in Richtung römische Vergangenheit“. Dieses Urteil fällte der Leiter des Limes-​Informationszentrums für Baden-​Württemberg, Dr. Stephan Bender, am Donnerstag am Ende einer dreistündigen Begehung am heiligen Berg der Gmünder.

Freitag, 13. Mai 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
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Der Chef der wichtigsten Limes-​Behörde im Land (auch zuständig für die Umsetzung des fürs Remstal so bedeutsamen Limes-​Entwicklungsplans) kam in Begleitung des Leiters des Limes-​Museums Aalen, Uli Sauerborn, und des dortigen Geologieexperten und ehrenamtlichen Museumsmitarbeiters Hans-​Dieter Bolter nach Schwäbisch Gmünd. Sie wollten endlich mal jene Wallfahrtsstätte im Remstal mit auffallender Nähe zum Limes, um die sich unzählige (römische) Legenden ranken und von der gegenwärtig sehr viel zu hören und lesen ist, näher kennenlernen. Sie hatten RZ-​Redakteur Heino Schütte, auch Autor des bereits in zweiter Auflage im RZ-​Verlag erschienenen Buches „Die Römer im Remstal“, gebeten, die Führung und die Erläuterungen der Geheimnisse des Nepperbergs aus seiner Sichtweise zu übernehmen. Die Historiker und Archäologen/​Geologen kamen mit ihrem geschärftem Blick für Details aus dem Staunen nicht mehr heraus. Angesichts der unterschiedlichen Epochen, der Vielfalt und des Reichtums der sakralen Bau– und Gestaltungskunst am uralten Wallfahrtsberg der Gmünder bestätigten auch diese Experten das Alleinstellungsmerkmal dieses Ortes: Vergleichbares sei ihnen zumindest in Deutschland völlig unbekannt. Sie lobten außerordentlich die Entwicklung, dass es den Gmündern in jüngster Zeit verstärkt wieder ins Bewusstsein gedrungen ist, welchen Schatz sie in ihrer Obhut haben. Ganz besonders zu würdigen sei in diesem Zusammenhang das bürgerschaftliche Engagement des Salvator-​Arbeitskreises. Die sachkundigen Gäste kamen vollends ins Staunen, als sie mit freundlicher Genehmigung der Familie Dr. Pfander deren zauberhaftes Grundstück und vor allem das dortige, sagenumwobene Höhlensystem betreten durften. Dort wurde wiederholt zum Ausdruck gebracht, welcher Glücksfall die Familie Pfander für Gmünd sei, weil sie mit großer Aufmerksamkeit, Verantwortung und Sorgsamkeit mit ihrem archäologisch hochinteressanten Grundbesitz umgehe.
Unbedingt müssten die Areale St. Salvator/​Nepperberg gemeinsam betrachtet werden, was die Historie anbelangt. Das schier unglaubliche Phänomen, wonach exakt zur Wintersonnenwende die Strahlen der aufgehenden Sonne genau auf die altarähnlich ausgestaltete Rückwand eines 27 Meter langen Stollens auftreffen, bezeuge fast schon alleine den Verdacht, dass es sich um eine römische Mithraskultstätte handeln könnte. Geologe und Bergbauexperte Hans-​Dieter Bolter stellte jedoch weitere Merkmale von unterschiedlichen Nutzungen in den vergangenen Jahrhunderten fest. Der letzte, im wahrsten Sinne felsenfeste Beweis einer antiken Stätte zur Sonnenbeobachtung und zur Religionsausübung steht freilich noch aus. Die Wissenschaftler wollen an diesem Thema jedoch dranbleiben. Auch deshalb, weil sie auch direkt an der Felsenkirche St. Salvator Beobachtungen bestätigten, die den römischen Ursprung einiger Bestandteile nicht länger ausschließen können.
Weiter ging es auch durch den nahen Wald am Nepperberg. Nur rund 200 Meter Luftlinie vom St. Salvator entfernt verläuft der Limes. Ein verdächtiger Mauerriegel entfachte eine Expertendiskussion, denn bislang stützt sich die Forschung weitgehend auf die groben und teils überholten Aufzeichnungen der Reichslimes-​Kommission. Weil ja auch im Rahmen der Landesgartenschau der Limesverlauf visualisiert werden soll, bleibt die Frage des Auffindens der „Teufelsmauer“ richtig spannend. „Das Abenteuer liegt vor der Haustür“, gab Dr. Stephan Bender als Parole aus. Forscherdrang und Sichtbarmachen müsse aber mit sehr großer Verantwortung geschehen. Mit Blick auch auf Denkmalpflege und die Entwicklung des Limes-​Interesses gerade im Gmünder Raum gab’s von Dr. Bender auch ein dickes Lob für die Gmünder Heimatzeitung, die er als „Sperrspitze“ bezeichnete, um vor Ort einen verantwortungsbewussten Umgang mit diesem UNESCO-​Weltkulturerbe zu prägen.