Bäcker über Rechte aufklären: Nach 15 Jahren gibt es jetzt wieder einen Lohn– und Gehaltstarifvertrag /​Beratung am Dienstag

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Es war nicht einfach für die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG). 15 Jahre lang gab es im Bäckerhandwerk keinen Tarifvertrag. Seit März ist diese Zeit vorbei. Deshalb will die NGG Beschäftigte am kommenden Dienstag über ihre Rechte aufklären.

Freitag, 15. Juli 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
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SCHWÄBISCH GMÜND (ml). „Mit 30 000 Beschäftigten gehört das Bäckerhandwerk zu den großen Arbeitgebern im Land“, erklärte Gewerkschaftssekretärin Karin Brugger gestern im Rahmen eines Pressegesprächs. Und der überwiegende Teil, nämlich fast alle im Verkauf tätigen, sind weiblich. Die Strukturen seien sehr unterschiedlich. Das gehe von der Großbäckerei mit rund 300 Beschäftigten, wie der Firma Schmidt-​Kuhn in Schwäbisch Gmünd bis hin zum Einfilialen-​Betrieb mit einer Belegschaft, die an einer Hand abzählbar ist.
Für alle diese Menschen habe es seit 1996 keinen Tarifvertrag mehr gegeben. Damals habe die Gewerkschaft den Lohn– und Gehaltstarif gekündigt, die Arbeitgeber den Manteltarifvertrag. Nach langen Bemühungen sei mit dem Bäckerhandwerk in Baden-​Württemberg zum 1. März 2011 wieder ein Lohn– und Gehaltstarifvertrag ausgehandelt worden. Um einen neuen Manteltarifvertrag wolle man weiter verhandeln.
Nach dem neuen Regelwerk stehen den Beschäftigten je nach Qualifikation und Tätigkeit Stundenlöhne zwischen 8,50 und 12,50 Euro zu. „Nach den langen Jahren ohne solche Festlegungen gibt es aber leider manche Arbeitgeber, die sich nicht daran halten“, beklagt Karin Brugger. Selbst die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sei nicht immer selbstverständlich.
Aus diesem Grund müsse man die im Bäckerhandwerk Beschäftigten erst einmal über den neuen Tarifvertrag informieren – und darüber, wie man zu seinem Tariflohn kommt. Daher finde am Dienstag, 19. Juli, von 10 bis 18 Uhr ein Informations– und Beratungstag statt. Und da die NGG nicht direkt in Schwäbisch Gmünd vertreten ist, ist sie bei der IG Metall im Gmünder Gewerkschaftshaus (Türlensteg 32) zu Gast.
„Wir haben in den vergangenen Wochen viele Bäckereifilialen besucht und Mitarbeiter informiert“, erklärt Efstathios Michailidis, Vorsitzender der NGG in der Region Ulm-​Aalen/​Göppingen. Dabei habe er von vielen Beschäftigten die Bemerkung „Endlich tut ihr mal was“ gehört. Da aber wegen der langen Öffnungszeiten immer nur ein Teil des Personals angesprochen werden konnte, finde nun der Informationstag statt.
Das sei schon deshalb notwendig, weil eine anonyme schriftliche Umfrage, die man aber wegen der Postleitzahlen zumindest nach Regionen habe zuordnen können, einen erschreckenden Befund offenbarte: Im Bäckerhandwerk des Ostalbkreises würden die geringsten Löhne bezahlt. „Deshalb wollen wir den Beschäftigten den Rücken stärken“, sagt Efstathios Michailidis.
„Wir sind uns bewusst, dass es bei derlei heiklen Fragestellungen durchaus Berührungsängste bei den Beschäftigten geben kann“, ergänzt Karin Brugger. Deshalb sei es selbstverständlich, dass alle Anfragen vertraulich behandelt würden. Auch komme es bei dem Informationstag nicht darauf an, ob jemand Gewerkschaftsmitglied ist oder nicht. Beim Einfordern von tarifvertraglichen Rechten sei dies allerdings anders. Einen Rechtsanspruch auf tarifliche Bezahlung hätten nur Gewerkschaftsmitglieder.