Die Nerven liegen blank — Wutausbruch im Rathaus

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Ein Chronist muss schon blind und taub sein, um nicht festzustellen, dass derzeit im Rathaus von Schwäbisch Gmünd die Nerven blank liegen und der Haussegen zumindest teilweise schiefhängt.

Freitag, 15. Juli 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
130 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (hs). So gab es in der jüngsten öffentlichen Sitzung des Bau– und Umweltausschusses eine noch nie dagewesene Szene, als der ansonsten meist eher heiter-​beschwingt aufgelegte Oberbürgermeister mit einem gewaltigen Krachen das schöne und gewiss denkmalgeschützte Holzportal zum großen Sitzungssaal ins Schloss knallte, so dass einen Moment lang das ganze Rathaus zu wackeln schien. Und am sonst förmlichen Verwaltungstisch „flüsterte“ man sich mit zornesroten Gesichtern vor den verblüfften Stadträten und Bürgern auf den Zuschauerreihen offensichtlich nicht gerade Herzlichkeiten ins Ohr. Ortsvorsteher, und Stadtrat Wendelin Schmid war schon Kraft seines Hauptamtes drauf und dran, dazwischen zu gehen. Offenbar gerät immer mehr Tiefbauamtsleiter Jupp Jünger in den Fokus. Stadtrat Thomas Hilsberg trug sogar demonstrativ ein T-​Shirt mit einem Zitat Jüngers, das derzeit Furore macht: „J.J.: Das ist nicht meine Baustelle!“ Dieses bezieht sich wiederum auf die Sorgen-​Baustelle Rektor-​Klaus-​Brücke, auf der es zu erheblichen Verzögerungen gekommen ist. SPD-​Fraktionsvorsitzender Max Fuchs hat kürzlich auch hartnäckig nachgebohrt, auch im Hinblick auf die unerträgliche Verkehrsbelastung in der Weststadt: „Was ist denn da eigentlich los?“ OB Arnold sprach sichtlich verlegen von „Abstimmungsproblemen“ an der Rektor-​Klaus-​Brücke, wobei, so betonte er, keinem einzelnen Mitarbeiter die Schuld angelastet werden dürfe.
Im nichtöffentlichen Teil der jüngsten Gemeinderatssitzung gab es eine weitere bemerkenswerte Diskussion, bei der die Frage erörtert wurde, ob es denn gestattet sei, dass ein Stadtrat mit einem solchen Zitat-​Shirt zur Sitzung kommen dürfe. Nichtöffentlich auch eine Diskussion zum Thema Pressefreiheit, die für die Öffentlichkeit gewiss interessant gewesen wäre. Besonders die beiden Fraktionsvorsitzenden Max Fuchs (SPD) und Brigitte Abele (Grüne) kritisierten hierbei, so verlautet zumindest aus internen Teilnehmerkreisen, ein privates Gmünder Internetportal.
Im gesamten Puzzlebild der Ereignisse ist also eine auffallend gereizte Stimmungslage zu erkennen.
„Was ist denn da eigentlich los?“ so stellten auch wir nun dem zuständigen Leiter des Amtes für Medien und Kommunikation die Frage. Rathaus-​Pressesprecher Markus Herrmann sieht jedoch keine dramatische Entwicklung, ganz konkret auch in Personalfragen. Zwischen OB und Baudezernat gebe es entgegen Gerüchten keinerlei Disharmonien. Herrman bittet um Verständnis für die aktuelle, noch nie dagewesene Situation in Schwäbisch Gmünd mit den größten Tief– und Hochbauten seit Generationen. Da müsse unglaublich viel an Zeitabläufen und Entscheidungen bei einer Vielzahl von Beteiligten zusammenlaufen. Und Tiefbauamtsleiter Jupp Jünger sei in jener Position, wo dies alles zusammenströme und aufeinandertreffe. Die eine oder andere Reiberei sei da unvermeidlich.
Beim Wutanfall des Oberbürgermeisters im Bau– und Umweltausschuss sei es aber nicht um die Rektor-​Klaus-​Brücke, sondern um das Baugebiet „Unterm Bilsen“ in Weiler mit der neuen Verkehrsführung gegangen. Richard Arnold sei unzufrieden gewesen, weil die im Ortschaftsrat erarbeiteten Vorgaben für die entscheidende Ausschusssitzung nicht vollständig und wunschgemäß aufgearbeitet gewesen seien. Die jüngsten Vorgänge und Diskussionen, die mal wieder hinter verschlossenen Gemeinderatstüren über die Bühne gingen, dürfe er nicht bestätigen oder kommentieren.

Gestern Abend eine überraschende Entwicklung: Max Fuchs und Brigitte Abele fordern von OB Richard Arnold die Einrichtung eines „Untersuchungsausschusses“, weil, so die beiden Fraktionsspitzen weiter, „Sie Ihrer Pflicht zur Unterrichtung des Gemeinderats nicht nachgekommen sind“ (siehe Spalte rechts).