Mittelfristig ist eine neue Lösung für das Asylbewerber-​Wohnheim nötig

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Irgendwann in der Mitte dieses Jahrzehnts wollen der Ostalbkreis und die Stadt Schwäbisch Gmünd eine neue Lösung für die Unterbringung von Asylbewerbern finden. Das war eines der Themen, als der Kreistags-​Sozial-​ausschuss gestern die Gemeinschaftsunterkunft auf dem Hardt besichtigte.

Mittwoch, 06. Juli 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
152 Sekunden Lesedauer

Von Manfred Laduch
SCHWÄBISCH GMÜND. Nach der Besichtigung des ehemaligen Kasernenblocks trafen sich die Ausschussmitglieder in der Landesanstalt für die Entwicklung des Ländlichen Raumes zur Sitzung. Dort ergriff in der Bürgerfragestunde zunächst Prof. Dr. Manfred Köhnlein von der Bürgerinitiative gegen Fremdenfeindlichkeit das Wort.
Er führte an, dass der Ostalbkreis mit seinen Flüchtlingsunterkünften in einer landesweiten Rangliste den drittletzten Platz einnimmt. Ein – allerdings nicht vom Kreis zu verantwortendes – Problem sei die viel zu lange Dauer der Verfahren. Zu beklagen sei der vor allem psychisch schlechte Zustand der Asylbewerber. Viele litten unter Traumata. Es gebe viele Arztbesuche und es würden häufig Psychopharmaka verabreicht.
Weil die derzeit 181 Bewohner aus 20 Nationen stammten, komme es oft zu Auseinandersetzungen, weshalb die Polizei überdurchschnittlich häufig vor Ort sei. Der hohe Verbrauch an Strom, Wasser und Heizenergie mache das Gebäude für den Kreis unwirtschaftlich. Eine dezentrale Unterbringung, wie sie andere Landkreise praktizierten, sei besser.
Landrat Klaus Pavel beklagte in seiner Antwort, dass es hier um eine Aufgabe gehe, die der Staat an den Kreis als Stellvertreter nur deligiert und die Kosten in Höhe von einer Million Euro pro Jahr kommunalisiert habe. Pavel unterstrich Köhnleins Kritik an der langen Verfahrensdauer. Außerdem sei die Gemeinschaftsunterkunft auf dem Hardt nur eine mittelfristige Lösung. Der Mietvertrag laufe bis 2014 und die Stadt habe mit dem Gelände anderes vor.
Einen Überblick über die Einrichtung präsentierten deren Leiterin Marcella Bolsinger und Stellvertreterin Christiane Ulm. Es sei zwar ein fast 75 Jahre altes Haus, aber es sei – teilweise unter Mithilfe der Asylbewerber und unter großem Einsatz der Ehrenamtlichen – zweckmäßig ausgestattet. Man betrachte kulturelle Vielfalt als Bereicherung. Die soziale Betreuung umfasse alle Lebenslagen, verstehe sich aber als Hilfe zur Selbsthilfe.
Mit der Bürgerinitiative und den Nachbarn auf dem Hardt werde so weit wie möglich Integration versucht, z.B. mit Sommerfest, Fußballturnier und Weihnachtsfeier.
In den Stellungnahmen der Fraktionen mahnte Joachim Bläse (CDU) einen ehrlichen Umgang mit dem Thema an. Man dürfe die in der Gemeinschaftsunterkunft Lebenden ebensowenig überfordern, wie deren Nachbarschaft. Es stimme ihn aber positiv, wenn ihm der Vorsitzende der Stadtteilinitiative „Starkes Hardt“, Hermann Schoell, sage, dass das Miteinander funktioniere. Als richtig empfinde er die Pläne der neuen Landesregierung, die Residenzpflicht der Asylbewerber zu lockern.
„Was wir heute gesehen haben, ist ermutigend“, erklärte Bernhard Richter (SPD). Die kulturelle Vielfalt im Rahmen von Festen sei aber nur das eine – der Alltag das andere. Wichtig wäre es, den Asylbewerbern Aufgaben zu geben, die ihren Tagen Struktur gäben und sie etwas zum geringen Taschengeld hinzuverdienen ließen.
Man müsse die Flüchtlingsschicksale weiterhin vor Augen haben, forderte Jutta Proks (FW), die den Ehrenamtlichen für deren Einsatz dankte. Es gelte, die Kriminalisierung durch die Residenzpflicht schnell zu beenden. Würde man besonders stark traumatisierte Flüchtlinge alternativ unterbringen, könnte man sich unter Umständen einen Ausbau der Gemeinschaftsunterkunft angesichts der wieder steigenden Asylbewerberzahlen sparen.
Er sei als Stadt– und Kreisrat vom Beginn der Gemeinschaftsunterkunft dabei gewesen und sehe durchaus positive Entwicklungen, erklärte Konrad Widmann (FDP). Dringend müssten die Verfahren beschleunigt werden, weil sonst viel zu oft die Situation eintrete, dass ein Bewerber hier kulturell Wurzeln schlage, dann aber nicht anerkannt werde. Widmann wollte wissen, was nach dem Auslaufen des Mietvertrags 2014 vorgesehen sei.
Landrat Pavel antwortete, dass man gemeinsam mit der Stadt nach einer positiven Lösung suche. „Wenn wir aber morgen auf die Suche gehen, sind wir relativ schnell allein“, mutmaßte er. Die Stellung des Kreises in der Rangliste mache deutlich: „Es gibt viel zu tun.“