In einigen nächtlichen Stunden könnte man meinen, dass die Gesellschaft nur noch von der Polizei zusammengehalten wird

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Was im Ostalbkreis passiert, ist nicht außergewöhnlicher oder gar mehr, als sich an anderen Stellen des Ländles ereignet. Laut Statistik ist im Ostalbkreis alles im grünen Bereich. Doch während sich der eine Teil der Bevölkerung um seine Sicherheit sorgt, sorgt auch in sicheren Gegenden der andere Teil der Bevölkerung für die Grundlagen dieser Verunsicherung. Der RZ erzählte die Polizei, was sich in 24 Stunden so abspielt.

Samstag, 13. August 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
216 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND /​OSTALBKREIS (pm). Wenn wir uns um Null Uhr in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag in das laufende polizeiliche Geschehen einklinken, ist für die etwa 20 Polizeibeamten des Streifendienstes der Nachtdienst schon vier Stunden alt, sechs weitere hält der Donnerstagmorgen für sie noch bereit. Für alle hat der Frühdienst am Mittwoch um 5.30 Uhr begonnen, die meisten konnten die etwa fünf Stunden Pause zu Hause zwischen Früh– und Nachtdienst für ein Nickerchen nutzen, andere sind jetzt schon seit mehr als 24 Stunden wach.
Der Abend hatte ruhig begonnen, Streitigkeiten in Familien, einige frühe Ruhestörungen, ein paar Anzeigen auf der Dienststelle. Während sich die meisten noch fragen, was der Tag so bringen mag, weiß das ein Verkehrsteilnehmer auf der Röttinger Höhe/​B 29 schon ganz genau. Fast genau zum Datumswechsel wird er an der Stelle, an der sich schon einige tödliche Unfälle ereignet haben, mit 110 km/​h gemessen, wo nur 70 erlaubt sind. Dass er der neunte Ertappte dieser Nacht ist, wird ihn so wenig trösten, wie der Umstand, dass er nicht der letzte und auch nicht der schnellste sein wird.
In der Zwischenzeit wirft jemand in der Gmünder Buchstraße rohe Eier auf Passanten und in Bettringen werden reihenweise Schachtdeckel aus der Straße gehoben. Die Polizei stellt fest, dass die Eier kaputtgegangen sind und setzt die Schachtdeckel wieder ein. In beiden Fällen kam niemand zu Schaden. Dann muss die Gully-​Streife schnell die Hangseite wechseln, von Bettringen an den Mutlanger Berg, dort braucht die Besatzung eines Rettungswagens Hilfe, weil der betrunkene Hilfsbedürftige die Rettungskräfte angreift. Zwischen dem zweiten und dritten Schwertransport in dieser Nacht muss noch schnell ein renitenter Alkoholsuchender einer Tankstelle verwiesen und ein Mann im Schlafanzug gesucht werden, der im Ellwanger Hinterland auf der Straße unterwegs ist. Ein paar Anzeigenaufnahmen und –überprüfungen, später wurde kurz nach drei Uhr in einer Aalener Diskothek der Betreiber bei der Durchsetzung eines Hausverbotes gegen vier Personen unterstützt: Die vier standen im Verdacht, Rauschgift konsumiert zu haben, bei der Durchsuchung durch die Polizei fand sich allerdings keines.
Dann ist die Nachtschicht vorbei und alle sind sich einig: keine besonderen Vorkommnisse. So verläuft auch der Donnerstag tagsüber. Bis 20 Uhr 14 Unfälle, meist leichter Natur, Anzeigenaufnahmen quer durchs Strafgesetzbuch, von der Sachbeschädigung über Diebstahl und Körperverletzung bis zum Einbruch und einigen Ermittlungsverfahren wegen Straftaten im Internet ist alles dabei. Einige Blaulichtfahrten zu Alarmen in Firmen, wieder einige ausgehobene Gully-​Deckel und die Versorgung von zwei Fundhunden beschäftigten die Polizei nicht über Gebühr. Danach beginnt der Nachtdienst auf den Freitag in Ellwangen mit einem Auffahrunfall in der Haller Straße, in Schwäbisch Gmünd mit einem verunfallten Auto auf der Heubacher Steige und ein wenig später in Aalen ähnliches im Bereich Schäufele.
Die nächsten Stunden sollten dann von einem breitgefächerten Angebot an individuellen Problemen und gegenseitigen Unverträglichkeiten bestimmt sein. Ein Schlichten in einem Ehestreit und bei einem Verstoß gegen ein gerichtliches Annäherungsverbot bringen keine weiteren Probleme. Schlimmer trifft es einen Polizisten, der im Bereich Westhausen alleine zu Ermittlungen unterwegs ist und dem ein betrunkener Mofafahrer auffällt. Der Mofafahrer flüchtet, wird verfolgt und gestellt. Der 29-​jährige Mofafahrer wehrt sich gegen die polizeiliche Maßnahme, schlägt nach dem Polizeibeamten und wird vom 30 Jahre älteren Beamten überwältigt und geschlossen, noch bevor die angeforderte Unterstützung eintrifft.
Noch prekärer war die Situation, die eine Frau in mittleren Jahren kurz darauf bei der Aalener Polizei anzeigt. Sie wurde vom Ehemann zum wiederholten Male mit einem Messer bedroht und traut sich nun nicht mehr heim. Die Eheleute wurden räumlich getrennt, der gewaltbereite Ehemann erhält eine Anzeige.
Danach hat der Rettungsdienst in Neresheim ein Problem. Dort muss man sich um einen wohl wegen Alkohol und Drogenkonsums bewusstlosen 20-​Jährigen kümmern, als ein zweiter Mann auftaucht, der volltrunken Auto fahren will. Die Fahrt kann verhindert werden, bevor was passiert und es wäre wohl was passiert, denn der 31-​Jährige hatte immerhin 3,6 Promille Alkohol im Blut. Nach Mitternacht dann wieder mal ein Einsatz in einer Gmünder Disko, dort waren zwei Personen durch Faustschläge verletzt worden, vom Täter keine Spur.
Mit Alkohol ging es weiter, in Aalen und Schwäbisch Gmünd wurden zwei betrunkene Pkw-​Fahrer fast zeitgleich aus dem Verkehr gezogen, vorläufige Ergebnisse: 1,2 und 1,6 Promille bei den 21– bzw. 37-​jährigen Fahrern. Dazwischen wieder Alarm, Schwertransport und Überprüfung einiger Objekte, bevor das Ostalbklinikum um Hilfe ruft, weil sich eine hochschwangere Frau in einem Schizophrenieschub nicht helfen lassen will und man ganz schnell ein paar starke Arme braucht, damit sich die Frau nicht verletzt. Zum Feierabend um sechs dann noch einmal ganz Ähnliches in Schwäbisch Gmünd. Nach einer Arzteinweisung muss ein psychisch kranker Mann in die Psychiatrie eingeliefert werden, die Polizei muss unterstützen und in diesem Fall letztlich sogar bis ins PLK mitfahren, um den Transport zu ermöglichen.
Fazit der Nacht: Gott sei Dank schlechtes Wetter, so hielten sich die Auswüchse mit den Betrunkenen in Grenzen.