Technik aus der Region kommt beim Bau des Gmünder Tunnels zum Einsatz

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Der Schalungswagen, mit dem ein Teil der Decke des künftigen Gmünder B 29-​Tunnels betoniert wird, bringt45 Tonnen auf die Waage. Daher waren gestern zwei Schwerlastkräne nötig, um die Konstruktion von der Süd– in die Nordröhre umzusetzen.

Freitag, 05. August 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
137 Sekunden Lesedauer

Von Gerold Bauer
SCHWÄBISCH GMÜND. Die meisten Menschen machen sich wenig Gedanken über die Bedeutung einer Betonschalung. Dabei entscheide die Schalung maßgeblich darüber, ob die Qualität eines Bauteils den Anforderungen entspricht und maßhaltig ist, betonte Holger Homberg. Als Marketingleiter der Süßener Firma NOE weiß er, wovon er redet. Denn dieses Unternehmen zählt zu den größten deutschen Spezialisten für Schalungssysteme, verfügt seit den 50er-​Jahren über weitreichende Erfahrung auf diesem Sektor und kann sogar auf eigene Patente für den rationellen Betonbau verweisen.
Nicht nur beim Gmünder Tunnel sind NOE-​Produkte im Einsatz, sondern auch beim Tunnel-​Projekt in Nittel bei Trier; auch am für seine Architektur berühmten Ulmer „Stadthaus“ war dieses schwäbische Traditionsunternehmen beteiligt. Wenn in wenigen Wochen der Neubau der kleinen Olympia-​Halle in München eingeweiht wird, kann die Firma aus Süßen auf ein weiteres Referenzobjekt stolz sein.
Homberg, der in der Gemeinde Ruppertshofen wohnt, erläuterte im Gespräch mit der Rems-​Zeitung, warum die Schalung beim Betonieren nicht nur wichtig, sondern technisch auch anspruchsvoll ist. Es reiche eben nicht, mit ein paar alten Brettern eine Kiste zu bauen und dann Beton hineinzufüllen, macht er deutlich. Denn die Schalung müsse so stabil sein, dass sie sich durch die starken Kräfte, die beim Füllen und anschließenden Verdichten einwirken, nicht verformen oder bewegen kann. „Beim Betonieren hat man nur einen Versuch“, sagt Homberg. Wenn der schief geht, bleibt hinterher nur noch der Presslufthammer. Gibt eine Schalung beim Befüllen auch nur um wenige Millimeter nach, sind die betonierten Teile hinterher nämlich nicht mehr maßhaltig.
Was beim Fundament für einen Gartengrill keine Rolle spielt, hätte bei einem Bauwerk wie einem Tunnel fatale Folgen. Denn obwohl an verschiedenen Stellen dieses Gmünder Jahrhundertbauwerks gleichzeitig gearbeitet wird, muss am Ende alles genau zusammenpassen. Ähnlich wie im 19. Jahrhundert beim großen Eisenbahnbau quer durch die USA, wird auch im Gmünder Tunnel von zwei Seiten aufeinander zugearbeitet. Wenn die beiden Bautrupps in der Mitte aufeinander– treffen, wäre es zu spät, um noch irgendwelche Fehler auszubessern.
Das Betonieren der Tunnelröhre wird im mittleren Teil „bergmännisch“ ausgeführt und im Bereich der Ausfahrten quasi im „Tagebau“. Soll heißen, die Tunnelwände werden dort zuerst betoniert, dann kommt eine Betondecke drauf und zum Schluss kann man den Tunnel entweder mit Erdmaterial überdecken oder ober–
irdische Verkehrswege anlegen. Natürlich könnte man die in offener Bauweise zu betonierenden Decken auch ganz klassisch mit Schaltafeln und Sprießen abstützen. Dies wäre aber alles andere als rationell. Denn mit Hilfe zweier Schalwagen, die direkt hintereinander auf Eisenbahnschienen stehen, können fast 140 Quadratmeter Tunneldecke in einem Arbeitsgang betoniert werden, erläutert Oberpolier Alexander Werner von der Firma Züblin, der gestern zusammen mit Bauleiter Oliver Ammon das Umsetzen des Schalungswagens von der südlichen in die nördliche Röhre überwachte. Auch der Chef der Gmünder Firma Helling kümmerte sich persönlich um den Einsatz seiner beiden Schwerlastkräne am östlichen Tunnelausgang.
Wenn der Beton nach einer Woche ausgehärtet ist, kann die komplette Deckenschalung einfach auf den Schienen versetzt werden. Was auf diese Weise in wenigen Stunden geschieht, würde auf konventionelle Weise (mit einzelnen Sprießen) mehrere Tage in Anspruch nehmen. Außerdem ist beim Einsatz eines Schalungswagens auch die Statik der Konstruktion ganz automatisch gesichert.