Eisenbahn-​Parade im Remstal

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Eisenbahnbegeisterung pur am Donnerstag entlang der Remsbahn, auch im Neckartal und dann im weiten Bogen durchs Filstal nach Göppingen: Die Überführungsreise des Bayerischen Eisenbahnmuseums lockte Hunderte an den interregionalen Schienenstrang.

Donnerstag, 15. September 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
118 Sekunden Lesedauer


Was für ein toller Anblick, so richtig passend auch zum diesjährigen 150-​jährigen Jubiläum der Remsbahnstrecke! Geschätzte 70 Jahre Lokomotiven– und Waggontechnik zogen da wie bei einer Parade an den vielen Wartenden vorbei. Viele Kameras klickten, wurden auf automatische Serienaufnahme gestellt, um möglichst viele Augenblicke des Eisenbahn-​Defilees zu dokumentieren. Viele bedauerten die etwas einstündige Verspätung, doch die eingefleischten Eisenbahnfans wissen, dass zur „Fotojagd“ auf seltene Dampf-​, Diesel– und Elektrorösser halt auch Geduld und auch Enttäuschungen gehören. Es war auch gewiss nicht einfach, diesen außergewöhnlichen, 536 Meter langen Sonderzug mit einem Gesamtgewicht von rund 1500 Tonnen zusammenzustellen, der dann so gegen 13.30 Uhr in Nördlingen zu den Märklin-​Tagen mit der IMA (Internationale Modellbahnausstellung) nach Göppingen auf die Reise ging. Richtig gut war der Service für die wartenden Eisenbahnfans am Gmünder Bahnhof, weil via Lautsprecherdurchsagen vom Stellwerk herab über Verspätungen und Eintreffzeiten informiert wurde.“ Wieso soll’s bei der alten Dampfeisenbahn ja auch besser sein wie beim ICE der heutigen Bahn“, schmunzelte da ein Zaungast. Im ganzen Remstal waren Brücken und Böschungen erwartungsvoll besetzt. So richtig begeisterte Eisenbahnfans hatten sich sogar einen halben Tag frei genommen, um diesen Zug in vollen Zügen zu bewundern. Die leise Hoffnung galt der Möglichkeit, dass wegen eines schnelleren IR oder IC der Nostalgie-​Sonderzug zwecks Überholmanöver aufs Seitengleis zu einem kurzen Zwischenhalt im Gmünder Bahnhof gelenkt werden könnte. Daraus wurde leider nichts.
„Er kommt!“ so waren die ersten Begeisterungsrufe zu hören. Denn hellauf strahlende Kenner der Materie erkannten an der Zugspitze sofort eine Elektrolok der Baureihe E 94. Hierbei handelt es sich um das so genannte „Deutsche Krokodil“. So wird liebevoll die schwere Güterzuglokomotive genannt, die ab 1940 viele Jahrtzehnte das Arbeitstier der Bahn war, um insbesondere extreme Steigung wie z.B. an der Geislinger Steige zu bewältigen. Gleich hinter ihr eine weitere Generation, die Baureihe E 103, mit der ab etwa 1968 so legendäre Expresszüge wie der „Rheingold“ unterwegs war. Dann der wahre Augen– und auch Nasenschmaus: Sechs unter Feuer stehende große Dampflokomotiven mit ihren fast bis zum Überlaufen bekohlten Tendern. Winken und Jubelrufe begleiteten den vorbeisausenden Zug, dem am Ende doch tatsächlich auch noch eine Diesellok V 100 plus Schienenbus hinterherschwänzelte, also jene Maschinen, die auf der einstigen Hohenstaufen-​Panoramabahn Gmünd-​Göppingen („Klepperle“) im Einsatz waren. Im Sonderzug auch zu sehen: Etliche historische Waggons. Auch für die Mitarbeiter im Stellwerk am Gmünder Bahnhof war der Anblick ein beglückendes Gefühl. Aufgrund einer Sperrung der Ulmer Strecke waren kurz zuvor auch ICE und sogar der TGV Paris-​München übers Remstal umgeleitet worden. Da war also innerhalb von 24 Stunden fast die komplette Eisenbahnhistorie durch Gmünd gerattert. Mancher Eisenbahnfan hätte da am liebsten die Notbremse gezogen, um die einstige Gmünder Bahnhofsherrlichkeit wieder herzustellen.