Landesminister Peter Friedrich beim Gamundia-​Forum

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Beim Gamundia-​Forum war gestern der Landesminister für Bundesrat, Europa und internationale Angelegenheiten , Peter Friedrich, zu Gast. Moderator Franz Merkle schlug den Bogen zum Stadtjubiläum, denn die Staufer zählten zu den ersten Europäern. Im Gespräch ging es aber nicht um Friedrich als Minister, sondern um den Menschen hinter dem Amt.

Dienstag, 20. März 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
175 Sekunden Lesedauer


Von Gerold Bauer
SCHWÄBISCH GMÜND. Die Veranstaltung im Prediger-​Refektorium war ohne Zweifel informativ und gewährte interessante Einblicke in die Biographie und das Denken der (mit 39 Jahren noch recht jungen) Politiker-​Persönlichkeit. Doch der Abend war darüber hinaus ausgesprochen vergnüglich und sorgte durch feinsinnigen Humor immer wieder für herzhaftes Lachen im Publikum und bei den beiden Gesprächspartnern auf dem Podium. Dort machte es der prominente Gast dem Moderator leicht, denn Friedrich verfügt genau wie Franz Merkle über Sensibiliät, Bildung und Charme. So konnten sich die beiden im Dialog regelrecht die rhetorischen Bälle zuwerfen.
Merkle hatte neben vorbereiteten Fragen zu Kindheit, Jugend, Familie und zu Kernthemen der Gesellschaft markante Zitate des Europaministers gesammelt und bat um Erläuterung. Zum Beispiel dessen Aussage, dass Europa Politiker vom Kaliber des ehemaligen US-​Außenministers James F. Byrnes brauche. Peter Friedrich erinnerte an den historischen Kontext, als Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg wirtschaftlich und moralisch am Boden lag. Und in dieser Situation habe der amerikanische Politiker 1946 in seiner Stuttgarter „Hoffnungsrede“ von einer gemeinsamen Zukunft als gleichberechtigte Partner und gesprochen. Wenn man bedenke, aus welchen Krisen sich Europa entwickelt habe, wundere man sich über aktuelle Zweifel.
Ein anderes Ministerzitat erteilte nationalen Alleingängen eine Absage — und dies bekräftigte Peter Friedrich auch gestern im Prediger. Europa sei die richtige Handlungseinheit, um wichtige Probleme, zum Beispiel auf dem Arbeitsmarkt, zu lösen. Es wäre auch gut, wenn es einen einheitlichen europäischen Steuerraum gäbe, um Wettbewerbsvorteile (die sich derzeit noch aus unterschiedlicher fiskalischer Praxis der EU-​Staaten ergeben) abzubauen. Dabei müsse die europäische Politik auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sowie ökonomisch, ökologisch und demokratisch ausbalanciert sein.
In Bezug auf die Energiewende favorisiert Peter Friedrich ganz klar dezentrale Konzepte — auch deshalb, weil durch viele kleine Erzeuger die Machtstrukturen großer Energiekonzerne aufgeweicht werden könnte. Das Leitungsnetz müsse zwar in der Tat umgebaut werden — allerdings nicht in dem Sinne, dass gewaltige Energieleitungen durch die ganze Republik gebaut werden, sondern dass das Leitungsnetz in der Lage ist, sowohl Strom von größeren Erzeugern als auch von kleinen Anlagen in allen Richtungen zu transportieren.
Als Mitglied der Konstanzer Tafel hat der Landesminister selbst Fahrten unternommen, um Lebensmittel für Bedürftige zu beschaffen. „Man gewinnt ganz neue Eindrücke, wenn man die Supermärkte mal von hinten erlebt und sieht, was dort täglich weggeworfen wird.“ Dies liege nicht zuletzt am Konsumverhalten. „Wenn Kunden erwarten, dass sie selbst am späten Abend noch ein komplettes Sortiment an Backwaren vorfinden, muss zwangsläufig viel davon übrig bleiben!“
Gesprochen wurde auch darüber, warum Deutschland auf Georg Elser stolz sein kann. Zwar sei bei Attentätern grundsätzlich die Frage der Gewalt kritisch zu beurteilen, aber in Elsers Fall habe es sich um einen wohlüberlegten Akt der Notwehr des kleinen Mannes gegen Hitlers Kriegstreiberei gehandelt.
Weil sein Vater als Wissenschaftler viel unterwegs war und früh starb, habe sich seine Mutter fast alleinerziehend um ihn und die beiden Geschwister kümmern müssen. Wenn er an seine Mutter denke, empfinde er ein Gefühl der Dankbarkeit. Prägend sei auch eine Clique von Jungen gewesen, mit denen er als Bub seine Freizeit verbracht habe und zu denen er noch heute einen guten Kontakt pflege. Abgesehen von einzelnen Lehrern habe er sich in der Schule ungerecht behandelt gefühlt und zum Beispiel als Redakteur der Schülzeitung dagegen aufbegehrt. „Vielleicht bin es deshalb ein Sozi geworden, weil ich mich in der Schule nach mehr Gerechtigkeit gesehnt habe“, resümierte er schmunzelnd und bezeichnete den Satz „Nur das Recht kann die Freiheit geben!“ als eines seiner Lebensmottos. Die Frage nach dem Sinn des Lebens beantwortete der SPD-​Politiker dahingehend, dass jeder versuchen sollte, etwas für die Gesellschaft und die Umwelt zu leisten, statt nur danach zu streben, selbst der Glücklichste zu werden. Zufrieden könne ein Mensch sein, wenn er selbst Respekt erfährt und anderen Respekt zollt. Religionen sollten dazu dienen, die Menschen auszusöhnen und zu vereinen, statt sich dazu missbrauchen zu lassen, Gräben auszuheben. Zu seiner Vorstellung einer friedlichen, brüderlichen und gerechten Welt gehört für Friedrich, dass Menschen teilen können — Freud genauso wie Leid.