Fachtagung zum Abschluss des Projekts „miteinander mittendrin“

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Menschen mit Behinderung zu helfen, am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben, das war das vorrangige Ziel des Teilhabeprojektes „miteinander mittendrin“ der Stiftung Haus Lindenhof. Gestern endete das dreijährige Projekt mit einer Fachtagung im Prediger. Doch, und das war die wichtigste Botschaft, es geht weiter.

Freitag, 30. März 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
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SCHWÄBISCH GMÜND (nb). Und so wurden bei der Tagung, an der Menschen mit und ohne Behinderung teilnahmen, nicht nur Inhalte des Projektes vorgestellt, sondern vor allem nach weiteren Teilhabemöglichkeiten gesucht. „Wir wollen, dass Menschen mit einer Behinderung mitten unter uns leben“, so Direktor Jürgen Kunze vom Vorstand der Stiftung Haus Lindenhof in seiner Begrüßung. Teilhabe sei eigentlich einfach, „aber man muss es wollen“. Dies falle oft schwer, „vor allem den Menschen ohne Behinderung“.
Was jeder Einzelne tun kann, das war gestern an den fünf Marktständen zu erfahren, die zu einem Bummel im Prediger einluden. Geld benötigte man keines, denn anstelle von Obst und Gemüse gab es für die „Marktbesucher“ jede Menge Infos. An einem Stand drehte sich alles um „Begegnung und Kontakte“. Einige, so wurde erklärt, hätten lange Zeit im Heim gelebt, „viele Menschen mit Behinderung wissen nicht, wie man sich begegnet“. Als Beispiele wurden Kunstprojekte oder das Mitwirken in Vereinen genannt.
An Oberbürgermeister Richard Arnold wurde bei der Einführung die Frage gestellt, wo sich Menschen mit Behinderung in Schwäbisch Gmünd treffen können. „Überall in der Stadt“, meinte dieser. „Vor allem aber in meinem Lieblingscafé, dem Bunten Hund (Teilhabetreff der Stiftung Haus Lindenhof im Buhlgässle)“, so Arnold, dem die Kontakte mit Menschen mit Behinderung sehr viel bedeuten, „weil mich die Menschen mit Behinderung sehr viel lehren“. Sie zeigten ihm immer wieder, so der OB, dass immer der Mensch im Mittelpunkt stehe, ganz gleich welche Funktion und welchen Titel er habe. „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“, zitierte Arnold passend hierzu aus Antoine Saint-​Exupérys Geschichte „Der kleine Prinz“. Wichtig sei es, die Herzen und Köpfe für diese Begegnungen zu öffnen und Barrieren zu beseitigen. Gelingen könne dies mit Veranstaltungen wie beispielsweise dem Gleichstellungstag am 5. Mai, so Arnold, der sich dessen bewusst ist: „Wir haben noch einen weiten Weg vor uns.“
Um „Selbstbestimmung und Selbstvertretung“ ging es an einem weiteren Marktstand. „Ein Thema, das uns sehr am Herzen liegt“, so Steffen Müller von der Stiftung Haus Lindenhof. Es gebe, erklärte er, immer noch zu viele Menschen, die zu oft über andere reden anstatt mit ihnen. Als positives Beispiel, wie groß das Mitspracherecht von Menschen mit Behinderung in Gmünd ist, wurde der Beirat in der Stadt hervorgehoben, dem auch Menschen mit Behinderung angehören.
An einem Marktstand gab es jede Menge Infos zum Bereich Bildung. Hervorgehoben wurde hier die Zusammenarbeit mit der Volkshochschule, die seit zwei Jahren Programme anbietet, die Teilhabe ermöglichen sollen (PC-​Kurse etc.). Die Vhs, so der stellvertretende Vhs-​Leiter Helmut Schwimmbeck, habe einen großen Auftrag: „Bildung für alle“.
OB Arnold lobte die Vhs als Vorreiterin und blickte sichtlich stolz auch auf ein anderes Projekt im Bereich der Bildung, das Teilhabe ermöglicht. So gibt es auf dem Rehnenhof eine erste Klasse, in der Kinder mit und ohne Behinderung unterrichtet werden.
Darauf aufmerksam machen, dass Menschen mit Behinderung die gleichen Rechte haben wie alle, das war der Grundgedanke bei der Bildung der vierten Gruppe, die gestern zu dem Thema „Rechte von Menschen mit Behinderung“ informierte und auf die UN-​Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen aufmerksam machte, die im März 2009 in Deutschland in Kraft getreten ist. Mit Blick auf die 192 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen sprach OB Arnold von einem großen Fortschritt, sagte aber auch: „Jetzt müssen wir das auch leben.“
Um Ehrenamt und Teilhabe ging es beim fünften Marktstand und unter anderem wurden auch die Probleme angesprochen, mit denen die Menschen mit Behinderung am Gmünder Bahnhof konfrontiert werden. Barrierefreiheit findet man hier nicht vor. Noch nicht. Denn im Zuge des Bahnhofsmodernisierungsprogrammes sollen verschiedene Maßnahmen erfolgen, unter anderem eine Höherlegung der Bahnsteige.