Teure Lust: Domina nahm Landwirt aus

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Immer wieder leicht machte es ein Landwirt aus dem Gmünder Raum einer dominanten Liebesdienerin, ihn über einen längeren Zeitpunkt abzuzocken, bis er kurz vor dem finanziellen Ruin stand. Rund eine Viertelmillion machte der gutgläubige, leichtsinnig in Liebe für sie Entbrannte für sie locker, bevor sie spurlos verschwand.

Donnerstag, 10. Mai 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
196 Sekunden Lesedauer

Von Dietrich Kossien
SCHWÄBISCH GMÜND. Es dauerte eine Weile, bis es danach zu einer Anzeige kam, weil der Mann die Folgen für ihn in der Familie fürchtete. Jetzt jedoch stand die Dienstleisterin vor dem Gmünder Schöffengericht und musste sich anhören, was ihr Oberstaatsanwalt Vollmer in der Anklage vorwarf. Demnach gelang es der als Prostituierte tätigen, in Hannover geborenen türkischen Staatsbürgerin ihren Freier über einen längeren Zeitraum insgesamt um eine Summe von rund 250 000 Euro zu schädigen, wobei Beträge bis zu 3000 Euro noch nicht einmal in der Anklage eingerechnet waren.
Einmal waren es 15 000 Euro, dann 20 000, dann 42 000 und so weiter. Dann sollte es für ein eigenes Bordell sein, an dem er dann beteiligt wäre, dann ging es um die Einrichtung desselben, dann um die Anschaffung des dazugehörigen Whirlpools, Kosten für die Werbung und so fort. Gutgläubig habe der Mann darauf gebaut, dass sie das Geld zurückzahlen würde. Tat sie aber nicht und verschwand auf Nimmerwiedersehen bis zum Tage des Gerichts, an dem sie aus der Untersuchungshaft vorgeführt wurde, und bitterlich ihr bisheriges Leben beklagte und angab, dass sie mit dem „Miljöh“ nichts mehr zu tun habe, da sie Mutter achtmonatiger Zwillinge sei.
Stellenweise fernsehreif war die Schilderung ihres Lebensweges, den sie dem Vorsitzenden Richter Mayerhöffer preisgab. In Hannover geboren, kam sie, so sagte sie, in ein Privatgymnasium. Das verließ sie aber ohne Abitur. Dann sei viel passiert in ihrem Leben. Sie habe jemand kennengelernt, der sie in die Prostitution gebracht habe, in der sei sie dann „weitergereicht“ worden sei und keine Chance gehabt habe, da rauszukommen.
Dann aber war es ihr anscheinend doch gelungen, in Süddeutschland an verschiedenen „Arbeitsplätzen“ tätig und „unterwegs“ zu sein, wo sich der nun als Zeuge auftretende Mann von ihr beglücken lassen wollte.
Seit zwei Jahren aber, so erklärte sie, sei sie nicht mehr im Gewerbe tätig, sie habe acht Monate alte Zwillinge und lebe wieder bei den Eltern. Richter Mayerhöffer wollte wissen, wie es zu den Zahlungen gekommen sei. Sie habe nie gesagt, dass sie ein Bordell kaufen wollte, und von den hohen Beträgen wisse sie nichts. Höhere Zahlungen hätten allenfalls aus „besonderen Diensten“ resultiert. Die habe der Mann, wenn sie ihm die gestundet hätte, überwiesen. Sie wisse auch nichts von Geld für Pool oder Auto, und dass sie Geld von ihm erschlichen habe. „Ich bin nur als ganz normale Prostituierte tätig gewesen.“
Recht nebulös waren ihre weiteren Aussagen, auch die Beantwortung der Frage, ob der Geschädigte ihr an bestimmten Orten Geld übergeben habe und ob sie auch in Gmünd als Domina gearbeitet habe. Als sie schließlich aussagte, ihre Dienstleistungen für den Angeklagten auf Kredit getätigt zu haben, platzte schließlich Amtsgerichtsdirektor Mayerhöffer die Geduld: „Für wie blöd halten sie uns?“ Trotzdem folgte zum angegebenen Stundensatz von 600 Euro wenig später der Hinweis: „Ich bin keine Prostituierte, die andere ausnimmt.“
Der mit der Aufklärung befasste Kripobeamte berichtete, ihr Kunde sei zwar einfach strukturiert, habe aber alle Zahlungen akribisch aufgelistet. Er habe außerdem einen glaubwürdigen Eindruck gemacht. Der Amtsgerichtsdirektor wollte von der Angeklagten wissen, ob sie glaube, der Zeuge habe alles frei erfunden. Nach längerem Hin und Her, gab sie zu, die Beträge erhalten zu haben, und es sei auch eine Rückzahlung vereinbart worden. Die Frage, was mit dem Geld geschehen sei, beantwortete sie dahingehend, dass sie Angst vor Drohungen habe, wenn sie dies sagen würde.
Für Oberstaatsanwalt Vollmer ergab sich ein klares Bild. Der Zeuge sei glaubhaft und sie habe die Taten in 14 Einzelfällen auch eingeräumt. Sie habe sich eine gewerbsmäßige Einnahmequelle dadurch verschafft. Er glaubte ihr zwar, ein nicht einfaches Leben geführt zu haben, auch habe es ihr der Mann relativ leicht gemacht. Doch sie habe ihn, der auf die Rückzahlung vertraut habe, „ausgenommen wie die Weihnachtsgans“ und wirtschaftlich ruiniert. Das falle schwer ins Gewicht. Er forderte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten.
Das fand der Verteidiger, Rechtsanwalt Roman Heisig, als zu hoch und fand 20 Monate, da es ihr relativ leicht gemacht worden sei, für ausreichend.
Das Schöffengericht ließ mit dem Urteil über zwei Jahre, die auf vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt sind, Milde walten, auch wenn das Gericht keinen Zweifel an der Anklage habe und es ihr der Mann recht einfach gemacht habe. Ohne ihr Geständnis hätte es keine Bewährung gegeben. Denn Mann habe sie gnadenlos ausgenommen, bis seine Ersparnisse futsch gewesen seien. Und nur weil es in ihrer Person erhebliche Veränderungen gegeben habe, hätte sich das Gericht zur Bewährung durchgerungen.