Wie Energiewende gelingen kann: Das „Bürgerforum 100 % erneuerbare Energie in der Region“ bat zum Vortragsabend

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Strom ist in ländlichen Gebieten nicht das richtige Medium für die Energiewende, erklärte Fachfrau Martina Hofmann gestern Abend im Rathaus mit Blick auf Probleme mit Speicherung und Netz. Auch NGO– und Stadtwerke– Geschäftsführer Frank Reitmajer setzt auf andere, auf neue Lösungen.

Dienstag, 22. Oktober 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
147 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (bt). Das „Bürgerforums 100 % erneuerbare Energie in der Region“ organisierte diesen Vortrags– und Diskussionsabend zum Gelingen der Energiewende. Zunächst begrüßte Karl Miller die Gäste mit einem Blick auf die EEG-​Umlage von 6 Cent. Die von Greenpeace jüngst errechneten Zahlen rückten dieses Bild gerade: Würden die von der Nutzung konventioneller Energie verursachten Schäden über eine Umlage und nicht von den Steuerzahlern getragen – von den Klimaschäden bis hin zu Atom-​Unfällen –, sei mit 10,2 Cent zu rechnen. Im Folgenden moderierte Franz Geberth den Informationaustausch, an dem das zumeist gut informierte Publikum von Anfang aktiv beteiligt war. Unter anderem kam zur Sprache, dass dem Großraum Stuttgart, der aus dem „Energiespeckgürtel“ Ostwürttemberg Strom bezieht, weniger Energieübertragungskosten entstehen. Dass der Ländliche Raum hier deutlich mehr zahlt, ist offenbar eine politische Entscheidung, die durchaus kritisch hinterfragt wurde. Ebenso diskutiert wurde die „soziale Komponente“ – nicht jede Familie kann sich die massiv bezuschussten Photovoltaikanlagen leisten, durch die für andere Nutzer zudem noch höhere Gebühren für die Stromnetznutzung anfallen. Frank Reitmajer, Geschäftsführung Netzgesellschaft Ostwürttemberg NGO und der Stadtwerke Schwäbisch Gmünd, stellte für die kommenden Jahren weitere massive Steigerungen der Netznutzungsentgelte in Aussicht. Vor allem sprach er über „Netzstabilität und Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energien am Beispiel Ostwürttemberg“. Zahlreiche kleine, dezentrale Erzeugeranlagen speisen hier direkt in die unteren Spannungsebenen wie das Niederspannungsnetz oder das Mittelspannungsnetz ein. Zentrales Thema für Reitmajer sind deshalb die Netzengpässe der NGO und damit verbunden die Überlastung der Leitungen und der dafür für bei weitem nicht ausgerüsteten Trafos. In zehn von zwölf Monaten gebe es Leistungsüberschuss; pro Monate würden bis zu 229 Megawatt zu viel produziert. Dass der Ökostrom nicht reicht oder eben dass meist viel zu viel produziert wird, daran müsse gearbeitet werden. Die garantierte Einspeisevergütung führe zu massivem Ausbau der erneuerbaren Energien, obwohl in Teilen schon heute mehr produziert werde, als in der Spitze benötigt. In diesem Zusammenhang war „die notwendige Verstärkung von 110 kV– auf 220 kV-​Leitungen“ Thema, „um die produzierte Energie nach außen zu transportieren“. Für Frank Reitmajer steht fest, dass die Energiewende nur mit fünf Bausteinen gelingen kann: Intelligigente Netze und Kommunikationssysteme, also möglichst ökonomische Vernetzung und Steuerung von Stromerzeugern, Speichern und Verbrauchern mit Kostenvorteilen und mehr Versorgungssicherheit. Die Erneuerbaren Energien kontrolliert ausbauen, „nicht wie verrückt“. Über Energieeffizienz nachdenken An Energiespeichern arbeiten. Über ein Jahr hat es etwa gedauert, einen mittlerweile sehr effizient arbeitenden Speicher in Neuler planmäßig in Betrieb zu nehmen. „Zeit– und lastvariable Energieanwendung“. Gar nicht genug könne in die Hochschulen und in neue Techniken investiert werden. Einigkeit herrschte in der sehr positiven Beurteilung der „power to gas“-Strategie – die Umwandlung von Strom in speicherbares Methan, das bei Bedarf auch, gleichwohl zu Lasten der Effizienz, wieder zu Strom gemacht werden kann. Strom– und Gasversorgung werden wohl in jedem Fall stark verflochten. Ebenfalls diskutiert wurde gestern „Power to heat“, Strom zu Wärme-​Lösungen, die den Experten zufolge allerdings nur halb so effizient sind wie Solarthermie. Über „Status und Herausforderungen der Energiewende im ländlichen Raum“ sprach Prof. Martina Hofmann von der Hochschule Aalen. Sie nannte Zahlen, Fakten, jüngere Forschungsergebnisse und ging auf Fehlentwicklungen ein – dass etwa in Starkwind– und Schwachlastzeiten für die Abnahme des Ökostroms gezahlt wird. Sie setzt auf zweistufige Biogasanlagen, die sich auch ohne Subventionen rechneten. Weiteres Thema waren ihre Argumente für den Netzausbau – „Versorgungssicherheit und das Europäische Verbundnetz“.