„Üble Tat“: Schöffengericht verurteilte einen Vater wegen schweren Missbrauchs seiner 13-​jährigen Tochter zu drei Jahren Haft

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Am Donnerstag musste sich das Schöffengericht Schwäbisch Gmünd damit befassen, wie denn ein Mann, der seine damals dreizehnjährige Tochter wiederholt sexuell missbraucht haben soll, zu bestrafen sei: Der Mann muss für drei Jahre ins Gefängnis.

Freitag, 01. Februar 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
174 Sekunden Lesedauer


Von Dietrich Kossien
SCHWÄBISCH GMÜND. Obwohl etliche vermeintliche Entlastungsgründe angeführt wurden, kam das Gericht nicht umhin, diese weitgehend zu verwerfen, und den Täter zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe zu verurteilen.
Staatsanwalt Ullrich Karst hielt dem Mann sein Verbrechen vor. So soll er in seiner Wohnung immer dann, wenn seine Ehefrau abwesend war, seine noch keine vierzehn Jahre alte Tochter bis zu zwanzig Mal missbraucht und auch den Beischlaf vollzogen oder sich ähnlicher Handlungen schuldig gemacht haben. Der Angeklagte machte keine Angaben zur Tat.
Zur Person erklärte er, er sei 1977 als Fünfjähriger nach Deutschland gekommen. Nach der Schule sei er drogenabhängig geworden. Doch sei es ihm gelungen, sich davon zu befreien und bis heute clean zu bleiben. Seit 1995 sei er in einer Firma beschäftigt und habe 1996 geheiratet. Außer der Tochter habe er noch einen Sohn. Er verwies dann auf das schwierige Verhältnis zu seinem Vater.
Sein Verteidiger, Rechtsanwalt Wizemann aus Stuttgart, gab eine Erklärung dahingehend ab, dass sein Mandant zwei Fälle einräume. Er bereue sein Verhalten zutiefst. Er hoffe, dass er nach der laufenden psychiatrischen Therapie wieder in die Familie integriert werde.
Zwei Kripobeamte aus Aalen und Schwäbisch Gmünd berichteten über die Vernehmungen, bei denen er sich kooperativ gezeigt habe. Zur Anzeige sei es durch die ratlose und verzweifelte Mutter gekommen, die dann vorerst ins Frauenhaus gegangen sei, während die Kinder in die Obhut eines Heimes gekommen seien. Bei den Vernehmungen habe der Angeklagte die Taten eingeräumt, jedoch mit der Aussage, dass er meine, er habe die Taten gar nicht selbst begangen, vielmehr sei das eine andere Person gewesen.
Eine Psychotherapeutin aus Stuttgart, wies darauf hin, dass der Mann vor elf Jahren schon einmal behandelt worden sei. Er sei ein Kind gewesen, das „durch alle Maschen gefallen“ sei. Trotzdem aber habe er sich immer wieder stabilisieren können. Sie schätze ihn als gutmütig ein, er neige freilich dazu, die Realität auszublenden. Der Angeklagte sei immer selbst ein Opfer gewesen. Als wichtig erachte sie eine Familientherapie. Für das Kind sehe sie keine Gefahr mehr, und eine Inhaftierung „wäre fatal und sowohl für ihn als auch für das Kind“ – der Vater im Gefängnis sei eine große Belastung.
Staatsanwalt Karst machte sich viel Mühe mit seinem Strafantrag und stellte die Frage, wie es mit dem Mann weitergehen solle. Er, der Täter, versuche, die Geschichte in Ordnung zu bringen. Doch diese sei kein minderschwerer Fall, den man einstellen könne. Eine Strafe von zwei Jahren und fünf oder sechs Monaten sei angebracht. Amtsgerichtsdirektor Mayerhöffer war der Ansicht, bei einigen der anzunehmenden Taten könne man das Verfahren zwar auch einstellen, nicht jedoch bei den übrig bleibenden und mit Sicherheit feststehenden Vergehen. Die Vertreterin der Nebenklage erklärte, die Tochter habe kein Interesse daran, dass ihr Vater ins Gefängnis komme. Das Jugendamt habe eingewilligt, dass der Vater wieder in die Familie integriert werde. Die Ehefrau habe ihm verziehen, und das Familiengefüge halte.
Auch Verteidiger Wizemann sprach davon, dass sein Mandant heute keine Gefahr mehr für das Kind sei; er be– und verarbeite die Tat erfolgreich. Wizemann bat um ein allen gerecht werdendes Urteil, evtl. um eine Bewährung oder den Täter-​Opfer-​Ausgleich. Bisher sei sein Mandant straffrei, und man möge doch bitte ein starres Gesetz menschlich umsetzen.
Das Schöffengericht jedoch entsprach dem nicht und verhängte eine Freiheitsstrafe von drei Jahren. Mit Sicherheit gebe es zwei Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs, bei dem es zum Analverkehr mit der dreizehnjährigen Tochter gekommen sei. Das Gericht war der Ansicht, dass der Angeklagte in Bezug auf seine Taten in Selbstmitleid verfalle. Er habe auch angegeben, dass er alle zwei Wochen, immer wenn die Mutter außer Haus war, der Tochter zu nahe getreten sei. Seine Reue müsse man relativieren, so Mayerhöffer; sie überzeuge nicht. Auch sei all dies nicht als minderschwerer Fall zu werten,
Der Angeklagte habe nur eingeräumt, was nicht mehr zu bestreiten sei. Das besondere Vertrauensverhältnis sei missbraucht und die Tochter Opfer einer üblen Tat geworden; das Mädchen bedürfe, dringend einer Therapie. Eine Bewährungsstrafe wäre nicht angemessen gewesen, so das abschließende Urteil.