Projekt „Arbeit, Bildung, Chancen“

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Gemeinsam mit dem Berufsausbildungswerk hat die Technische Akademie für berufliche Bildung den Zuschlag für das Projekt „Arbeit – Bildung – Chancen“ erhalten. Wie groß die Erwartungen sind, zeigte sich an der großen Anzahl der Teilnehmer des Pressegesprächs.

Samstag, 04. Mai 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
155 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (nb). Im Mittelpunkt des Projektes, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, steht die Verbesserung der Schreib– und Lesekompetenz. Michael Nanz, Geschäftsführer der Technischen Akademie, spricht von einem auch auf Bundesebene sehr wichtigen Thema und macht dies anhand von Zahlen deutlich. So gibt es laut der sogenannten Leo-​Studie in Deutschland 7,5 Millionen funktionale Analphabeten, 3,75 Millionen befinden sich in Arbeit. Im Gegensatz zu den primären Analphabeten, die weder schreiben noch lesen können, können funktionale Analphabeten einige Wörter schreiben, haben jedoch Probleme, wenn es beispielsweise darum geht, einen etwas längeren Text zu verstehen. Das Projekt stellt eine große Chance dar.
Bereits jetzt nehmen in Gmünd 60 Teilnehmer daran teil und Michael Nanz freut sich über das innerhalb von kürzester Zeit funktionierende Netzwerk, das er auch als Hauptgrund für das Gelingen des Projektes nennt.
Christof Scherberger, Einrichtungsleiter im Berufsausbildungswerk Schwäbisch Gmünd, spricht von einem langfristigen Prozess und dankt den beteiligten Unternehmen – durchgeführt wird die Maßnahme für interessierte Bürger und seit Mitte April speziell auch für Mitarbeiter der Firma Mürdter und in Kürze auch bei der ZFLS.
„Das sind Menschen, die unsere Unterstützung verdienen“, so Scherberger, der auch Begriffe wie Inklusionsdebatte und Barrierefreiheit nennt und darauf verweist, dass es für einige schon eine Barriere darstellen kann, wenn sie ein einzelnes Wort nicht verstehen.
„Das Projekt hat mich von Anfang an begeistert“, so Elmar Zillert, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Aalen. „Sie vermitteln nicht irgendwelche Kenntnisse, sondern die entscheidende Schlüsselqualifikation.“ Lob gibt es auch dafür, dass die Schichtarbeit einiger Teilnehmer, die überwiegend aus dem Helferbereich kommen, berücksichtigt wird.
Für Thomas Koch, Geschäftsführer beim Jobcenter Ostalbkreis, ist die Teilhabe ein wichtiges Thema und er macht darauf aufmerksam, dass funktionaler Analphabetismus auch zu Vereinsamung führen kann. „Das Projekt soll uns einen weiteren Schritt voranbringen“, zeigt sich Koch zuversichtlich und wirbt dafür, das Netzwerk für die Bürger weiter voranzutreiben. Ein Netzwerk, in dem auch die Firma Mürdter ein wichtiges Glied ist. Bereits vor vielen Jahren wurde hier ein Kurs mit dem Ziel, die Schreib– und Lesekompetenz zu fördern, durchgeführt.
„Es hängt sehr stark davon ab, wie sich jeder Einzelne begeistert“, so Geschäftsführer Norman Mürdter, der die Projektteilnahme seiner Firma nicht als Outing betrachtet. Die teilnehmenden Mitarbeiter hätten die Qualifikation, das zu tun, was sie tun sollen. Und: „Jeder Mitarbeiter macht seinen Job richtig, sonst wäre er nicht an der Stelle.“ Die Lese– und Rechtschreibschwäche ist für Mürdter „einfach ein Defizit“. Betroffenen Mitarbeitern, die meisten haben Migrationshintergrund, hier Unterstützung zu geben, ist ihm auch deshalb ein Anliegen, weil die Anforderungen am Arbeitsplatz einem ständigen Wandel unterworfen sind.
Auch Hermann Sauter, Personalleiter bei ZF-​Lenksysteme, sieht das Projekt als echte Chance und hofft, dass das Angebot über alle Generationen hinweg angenommen wird. Auch hier sind es die einfachen Arbeitsplätze, die davon betroffen sind. Diese Arbeitsplätze seien sehr stark standardisiert, erklärt Sauter den Grund, weshalb die nicht vorhandene Schreib– und Lesekompetenz bei den betroffenen Mitarbeitern nie zu Problemen geführt hat.
Barbara Baur, ABC-​Projektmitarbeiterin Berufsausbildungswerk Schwäbisch Gmünd, spricht von einer sehr positiven Resonanz und motivierten Teilnehmern. Neben der Schreib– und Lesekompetenz gibt es weitere Schwerpunkte wie zum Beispiel das Verstehen von Dokumenten und Abläufen, das richtige ausfüllen von Dokumenten und die Stärkung des Selbstvertrauens im Umgang mit unbekannten Techniken und Werkzeugen. Bei der Firma Mürdter werden teils Arbeitsmaterialien in den Unterricht miteingebunden. Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt; ein Modul dauert ein halbes Jahr und umfasst zwei Kurse à la 90 Minuten pro Woche. Die Fördersumme allein für die Technische Akademie liegt bei 120 000 Euro.