Die Chancen für den reibungslosen Übergang von der Schule ins Berufsleben verbessern

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Die Stadt hat sich mit all ihren Haupt-​, Werk,- Gemeinschafts– und Realschulen zur Durchführung eines Pilotvorhabens entschlossen, in das sie 30 000 Euro investiert, und das eine ganze Reihe von Lebensläufen zum Guten verändern könnte. Aufbauend auf all dem, was schon jetzt erreicht wurde und wird, sollen die Übergänge ins Berufsleben grundsätzlich begleitet werden.

Donnerstag, 15. August 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
192 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (bt).
Vor einer flächendeckenden Umsetzung im gesamten Landkreis wird das Ganze in Gmünd erprobt, um zu sehen, was sich wirklich damit erreichen lässt. Zur Anschubfinanzierung wird eine sechsstellige Summe benötigt – dazu müssen die Modellschulen freilich aus dem bisherigen „Projekt Zukunft“ des Ostalbkreises herausgelöst werden; über den Europäischen Sozialfonds (ESF) wird ein eigener Förderantrag gestellt.
Joachim Bläse ist der Überzeugung, dass eine erfolgreiche Schulkarriere längst nicht mehr ausreicht: Der Anschluss an Weiterführendes müsse noch während der Schulzeit erfolgreich angegangen werden. Auch als Kreisrat hat der Gmünder Bürgermeister immer wieder deutlich gemacht, dass nicht die einzelnen Schulabschlussquoten entscheidend seien – wie viele Jugendliche etwa Abitur oder Mittlere Reife bestehen –, sondern die Zahl derer, die danach erfolgreich irgendwo unterkommen. Bläse sieht hier „Riesenbedarf“: „Viel zu viele kommen aus den Schulen und haben noch keine Orientierung, kennen zum Teil noch nicht mal das Spektrum der Berufe.“ Nach wie vor nehmen in vielen Migrantenfamilien die Eltern Einfluss auf die Berufswahl – und die wissen selten um die Vielfalt der Ausbildungsberufe. Und den jungen Frauen, so Bläse, könnten die Schulen noch so große Begabungen bescheinigen, bei der Berufswahl schieden technische Berufe oft grundsätzlich aus.
Die Gmünder Vorreiterrolle in der Frage der Begleitung junger Leute in dieser so wichtigen Phase ihres Lebens kommt nicht von ungefähr. Nicht nur Bläse sieht Gmünd in einer besonderen Situation: „Wir hinken in der Gymnasialquote hinterher; im Schülerquerschnitt haben wir viele Migranten und Kinder aus bildungsferneren Familien.“ Als die Stadt vor Jahrzehnten dringend Arbeitnehmer benötigte, habe man auf Sprache und Bildung keinen Wert gelegt; diese gewachsene Strukturen verlangten jetzt besondere Maßnahmen, wolle man allen Kindern und Jugendlichen die ihnen zustehende Chance geben – mal abgesehen davon sei niemandem, auch nicht den Kommunen gedient, wenn Begabungen brachlägen und junge Leute „ohne Abschluss und ohne Geld und ohne Perspektive“ seien.
Deshalb ist Gmünd nun also Modellstadt; und weil diese Probleme überall auftreten, mehr oder weniger, erfährt die Stadt in diesem Vorhaben enorme Beachtung. Vor allem Mitinitiator Landrat Pavel will die Arbeit im Regionalen Bildungsbüro verfolgen, das Ganze gemeinsam mit den Beteiligten bewerten und es dann im gesamten Kreis einführen. Anfang September, so erklärte Bürgermeister Joachim Bläse der Rems-​Zeitung, gibt es Gespräche mit dem Landkreis sowie mit Bildungsträgern wie baw, Kolping und dem Berufsvorbereitungswerk in Ruppertshofen, um ein schlüssiges Konzept auch für die Zeit „danach“ zu erarbeiten. Das Modellprojekt ist nur für ein Jahr angesetzt, und Bläse macht ganz deutlich, dass das nur der Anfang sein kann – und nachhaltig funktionieren werde das Ganze nur, wenn diejenigen Bildungsträger von Anfang an eingebunden würden, die bereits in der Vergangenheit Partner der Stadt waren: Nur mit ihnen gebe es gute Chancen, so Bläse, jungen Leuten bei den Übergängen ins Berufsleben entscheidend zu helfen. Wenn das Projekt gut läuft in Gmünd, wird es für den gesamten Kreis ausgeschrieben; dann haben alle Träger die Chance, sich zu beteiligen. Im Probezeitraum 2014 aber ist die direkte Steuerung durch den Landkreis Voraussetzung für die Förderung.
Aus gutem Grund
ist der Landkreis interessiert
Das Angebot an Ausbildungsplätzen ist bereits jetzt größer als die Nachfrage — zunehmende Problemen bei der Anwerbung fähiger Nachwuchskräfte sind programmiert. Bereits vor Jahren hat der Ostalbkreis ein Angebot aufgelegt: Ziel war es, die jungen Leute in Haupt-​, Werkreal– und Gemeinschaftsschulen in den Klasse 8, 9 und 10 so zu fördern und zu begleiten, dass sie nach dem Schulabschluss ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechend in eine duale Ausbildung oder in eine zu ihnen passende Schulart wechseln. Gut war das in den Augen Gmünds, aber nicht gut genug.
Keine Einzelmaßnahmen, sondern ein Gesamtkonzept wurde gesucht – unter anderem mit Beratungsbüros und „Ausbildungsbotschaftern“, mit frühzeitigem Beginn der Berufsorientierung, Ausbau der Elternbeteiligung, besserer Übergabe von Abbrechern etc. – das langfristig an allen allgemeinbildenden Schulen etabliert werden soll. Voraussetzung ist auch eine engere Zusammenarbeit sämtlicher am Übergangsprozess Beteiligten (Schulen, Hochschulen, Betriebe, Arbeitsagenturen und Träger von Unterstützungsmaßnahmen). Das Bildungsbüro und die PH werden das Modellprojekt wissenschaftlich begleiten. Für den Modellzeitraum 2014 wird das Ganze rund 120 000 Euro kosten. Eine Teilfinanzierung über den Europäischen Sozialfonds (ESF) im Umfang von 50 Prozent wurde in Aussicht gestellt, der Eigenanteil von 60 000 soll jeweils zur Hälfte von Gmünd und dem Ostalbkreis getragen werden. Zur Realisierung werden voraussichtlich 2,5 „Vollzeitstellen pädagogischen Fachpersonals“ benötigt. Diese Fachkräfte sollen befristet für das kommende Jahr direkt beim Landkreis beschäftigt werden.