Die Kapellen in alter Schönheit zeigen: Malermeister Dieter Bläse arbeitet seit eineinhalb Jahren auf dem Salvatorr

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Handwerksstunden sind teuer. Einen erfahrenen Malermeister viele Dutzend Stunden arbeiten zu lassen, geht richtig ins Geld. Außer der Mann heißt Dieter Bläse und leistet diesen Dienst an Salvator und Stadt ehrenamtlich und mit großer Freude.

Freitag, 20. September 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
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SCHWÄBISCH GMÜND (bt). Was im Älterwerden aufgegeben wird, ist für immer verloren, heißt es mit gutem Grund. Kaum jemand, der kürzer tritt, fängt später wieder an mit täglicher Gymnastik, mit dem Bergwandern, dem Volleyballspiel, dem Schneeschaufeln. Loslassen können ist wichtig, sicher, aber Dieter Bläse auf dem Salvator zu beobachten, zeigt, wie sich jemand körperliche und geistige Beweglichkeit erhalten kann. Der 70-​Jährige turnt pinselschwingend auf den Leitern rum wie ein Junger. „Es macht richtig viel Freude.“ Das sagt er, und es ist ihm auch anzusehen. Freundschaften entstünden im Bund der ehrenamtlichen Salvatorschaffer; das Wissen, etwas wirklich Sinnvolles zu tun, verbinde. Und es wird ja nicht nur gearbeitet, sondern auch gelacht und gemeinsam gevespert. Beim Verweis auf die alte Salvatorklause, wo die Schaffer zum Vesper zusammensitzen, grinst Bläse. Aus dem provisorisch hergerichteten Unterstand ist längst eines der arbeitsintensivsten Projekte auf dem Salvator geworden, schließlich sollen dort später Besucher bewirtet werden (die RZ hat berichtet). Allein bis dort das Fachwerk freigelegt war: Müsste die Stadt bezahlen für die Salvator-​Arbeit, dort würde sich wohl gar nichts tun. Statt dessen erreicht der Freundeskreis eine kaum für möglich gehaltene Aufwertung des alten Wallfahrtsortes. Dieter Bläse meint, als er vor eineinhalb Jahren damit begann, sich um das Holzkreuz am Fuß des Salvators zu kümmern, habe es kaum ein Drittel der heutigen Besucher gegeben. Jetzt widmet er sich seit Monaten dem Kreuzweg, der erstmals nach 1621 von Kaspar Vogt angelegt wurde – aus dieser Zeit ist nur ein Bildstock vollständig erhalten. Kernstück sind die ab 1737 entstandenen Wegkapellen mit Figurengruppen aus Linden– und Eichenholz, die Zeugnis ablegen von spätbarocker Frömmigkeit. Ab 1798 gab es eine Neugestaltung der meisten Kapellen — heute zu erkennen an den kleinen, achteckigen Kuppelbauten mit je zwei schlanken Säulen an der so genannten Schauseite. Seither gab es an diesen Kapellen immer nur Schönheitsreparaturen. So wie jetzt wieder – selbstverständlich in Absprache mit Denkmalschutz und Münsterarchitekt Paul Philipp Waldenmaier. Die Mitglieder des Freundeskreises waschen die Kapellen sorgfältig ab, dann übernimmt Bläse. Nach einer Fungizidbehandlung wird grundiert, dann zweimal mit einer auf den Ton genau abgestimmten Silikat-​Farbe („der Mercedes unter den Farben“) angestrichen. Helferinnen und Helfer will Bläse dabei nicht; das muss richtig gemacht werden, sagt er und lacht. Der Lindacher Malermeister hat sein Leben lang hart gearbeitet. Mit 34 Jahren hat er den elterlichen Betrieb übernommen und fortan, so erinnern sich Freunde, durchaus 70, 80 Wochenstunden gebuckelt, bis sein Körper versagte und er den Betrieb seinem Sohn übergab. Das war die einzig richtige Entscheidung: Er wurde wieder gesund, und er fühlte sich noch nicht reif „fürs Rumsitzen und für kleine Spaziergänge“. Nichts zu tun, das hatte er nie gelernt, und irgendwie wollte er damit auch nicht anfangen. Wie immer hat ihn seine Frau gestützt und gestärkt und ermutigt: Sie wusste, dass es ihm nicht guttun würde, keine Aufgabe zu haben. Zunächst kümmerte er sich um die Bänke rund um Lindach, dann kam er auf den Salvator. Als einziger Evangelischer wohlgemerkt, wie er grinsend anmerkt — gar nicht lustig seien die Erinnerungen an eine Zeit, in der Konfessionsunterschiede noch eine ganz andere Bedeutung hatten. Auf dem Salvator zählt heute, ob jemand mit anpacken will. Bläse wollte.