Die Auslaufmodelle unter den Schulen

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Die Schullandschaft im Ostalbkreis sei bunt, sagt Hans-​Jörg Polzer, der Leiter des Staatlichen Schulamts in Göppingen. Und sie befindet sich in einem rapiden Wandel, mit dem sich die Kommunen als Schulträger auseinandersetzen müssen.

Freitag, 06. September 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
154 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (rw). Dies machte Polzer bei einem Pressegespräch anlässlich des Unterrichtsbeginns im Schuljahr 2013/​14 deutlich. Vor allem die seit dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung sich deutlich verändernden Schülerströme haben sich verstetigt. Verlierer sind die Haupt– und Werkrealschulen. Der ohnehin schon deutlich negative Anmeldetrend in den Vorjahren habe sich deutlich verschärft, macht Polzer deutlich. Eltern melden ihre Kinder in dieser Schulart für die 5. Klasse kaum noch an. Gegenüber dem Vorjahr beträgt der Rückgang im Ostalbkreis noch einmal 35 Prozent, nachdem 2012/​13 schon ein Minus von 40 Prozent zu verzeichnen war.
Die Übergänge aus der 4. Grundschulklasse an weiterführende Schulen sind im Schuljahr 2013/​14 im Ostalbkreis wie folgt: 39,8 Prozent Gymnasium; 39,3 Prozent Realschule; 10 Prozent Werkrealschule/​Hauptschule und 8,7 Prozent Gemeinschaftsschule.
Das hat natürlich Folgen für die Zukunft der Werkrealschulen und Hauptschulen: 17 der 44 Schulen dieser Schulart sind im Schulamtsbezirk vom Auslaufen mangels Schülern bedroht, das heißt, sie können in Klasse 5 nur eine Schülerzahl von 16 oder weniger vorweisen. Im Ostalbkreis sind vier unter der Schwelle von 16 Schülern: die Hauptschule Lorch – die aber schon mit einem Schulverbund mit der Realschule reagiert hat – und die Hauptschule in Gschwend. Die Mozartschule in Hussenhofen und die Uhlandschule in Bettringen erreichen nur noch die Mindestzahl von 16 Schülern und stehen an der Grenze zum Auslaufmodell.
Speziell auf Schwäbisch Gmünd bezogen, fragt Hans-​Jörg Polzer, „ob man das so halten kann“: Die Stadt gebe 400 Schüler an umliegende Kommunen ab, wo nicht zuletzt ein starkes Schulangebot von privaten Anbietern bestehe. In Lorch sei die Verbund-​Idee – dort gibt es nur noch eine Schulleitung, die Werkrealschule hat ihre Selbstständigkeit aufgegeben – im Übrigen von der Realschule ausgegangen, weil diese eine Ganztagesschule werden wollte.
Die Übergänge zwischen Grundschule und Realschule sowie nach dem mittleren Bildungsabschluss stellten für die Realschulen eine große Herausforderung dar. Die Weiterentwicklung des „individualisierenden Lernens“ sei eine Aufgabe für die Zukunft. Außerdem gebe es „erste Überlegungen“, dass auf längere Sicht an den Realschulen auch der Hauptschulabschluss erworben werden kann. Kurz: die Realschule übernimmt die Aufgaben der Hauptschule mit.
Was Folgen für die kommunalen Schulträger hat: „In Mutlangen könnte beispielsweise ein Schulgebäude ganz frei werden“, so der Schulamts-​Chef, wenn die Realschule und die Verbandshauptschule eine Verbundschule bilden. Polzer: „Es wird die Frage sein, konzentriert man sich auf die Realschulen oder baut man etwas ganz neu auf. Die Bürgermeister brauchen eine Umstellung in ihrer Grundhaltung. Das Denken im Gesamtkontext wird stärker.“
Bemerkenswert ist im Schulamtsbezirk die Einrichtung von zehn weiteren Gemeinschaftsschulen, die sogenannte „Tranche 2“. Der Ostalbkreis ist insgesamt mit fünf Schulen dabei, zwei davon im Gmünder Raum: die Friedensschule auf dem Rehnenhof und die Schillerschule in Heubach. „Die Gemeinschaftsschulen gewinnen durchaus Schüler“, sagt Polzer. Sie könnten in ihren Einzugsbereichen zunehmend nachhaltige Wirkungen für die regionale Schulentwicklung im Ganzen erzeugen. An der Friedensschule sei der Zuwachs durch das Konzept Gemeinschaftsschule besonders deutlich: die Anmeldungen für die 5. Klasse nahmen von 21 auf jetzt 31 zu. Alle Gemeinschaftsschulen sind zugleich Ganztagesschulen, derzeit sind 29 davon im Ostalbkreis in Betrieb.
Die Schülerzahl in den 1. Klassen hat sich gegenüber dem Vorjahr im Bezirk kaum verändert. Regional aber gibt es Unterschiede: Im Ostalbkreis wurden 67 Kinder mehr eingeschult, ein Plus von 2,6 Prozent. 120 Lehrerinnen und Lehrer treten im Schulamtsbezirk Göppingen neu ihren Dienst an. Es gebe einen „reibungslosen Beginn“, versichert Polzer.
Der Schwerpunkt der Neueinstellungen liege dieses Mal im Bereich Göppingen, „der Ostalbkreis ist von Haus aus besser versorgt.“ An allen Schulen könne die Abdeckung des Pflichtbereichs gewährleistet werden, Personallücken an einzelnen Schulen seien rechtzeitig geschlossen worden.