Finanzminister a. D. Gerhard Stratthaus im Prediger

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

„Europa ist mehr als der Euro“ – so lautete der vielversprechende Titel eines Vortrages, der vom Lions Club Limes-​Ostalb in die Wege geleitet wurde und am Montagabend im Prediger stattfand.

Dienstag, 18. Februar 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
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SCHWÄBISCH GMÜND (nb). Vielversprechend war der Vortrag in vielerlei Hinsicht. Auch, weil der Lions Club mit Gerhard Stratthaus einen Referenten eingeladen hatte, der nicht nur zehn Jahre lang (1998 bis 2008) Finanzminister des Landes Baden-​Württemberg war, sondern zwischen Oktober 2008 und Juni 2011 Mitglied des dreiköpfigen Leitungsausschusses des Finanzmarktstabilisierungsfonds war. Dieser sollte – infolge der internationalen Finanzkrise – die Geschäftsfähigkeit der deutschen Banken sichern.
Dass der 71-​Jährige in seinem Vortrag die Krisen Deutschlands in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts („eine einzige Aufeinanderfolge von Wirtschaftskrisen“) erwähnte, kam nicht von ungefähr. Damit wollte er den Zuhörern vor Augen führen, wie schnell eine ökonomische Krise zu einer politischen Krise führen kann.
Gekonnt spannte Stratthaus dann einen Bogen von den gefährlichen politischen Mächten sowohl in der Kriegs– als auch in der Nachkriegszeit über die Wiedervereinigung und der damit verbundenen Angst in manchen Teilen der Welt bis hin zum heutigen Selbstverständnis der jungen Menschen, dass Deutschland nur von befreundeten Ländern umgeben ist.
Den Euro beschrieb der Finanzminister a. D. als ein politisches Projekt. Eines aber – das brachte er mehrmals deutlich zum Ausdruck – notwendig ist mit Blick darauf, dass sich die Welt ganz neu sortiert habe. Deutschland, so Stratthaus, werde in 20 bis 30 Jahren zu klein sein, um in der Welt eine große Rolle zu spielen. „Deshalb halte ich es schon für wichtig, dass wir zusammenrücken“, so der CDU-​Politiker, der dies sowohl auf die wirtschafts– als auch die außenpolitische Macht bezog.
„Hätten wir die DM noch“ – ein Satz, auf den Gerhard Stratthaus verständlicherweise wenig eingeht. Ein Blick hinüber in die Schweiz genügt, um zu wissen, was der Finanzminister a. D. gestern bekräftigte: „Unsere Exportwirtschaft würde sich schwertun.“
„Eine Währung hängt davon ab, ob man ihr vertraut“, sprach Stratthaus ein sehr wesentliches Element an und ließ nicht unerwähnt, dass die Amerikaner nach wie vor sehr großes Vertrauen genießen. Dass der Euro dieses Vertrauen nicht mehr habe, liege an den großen Unterschieden der 18 Euro-​Staaten. Stratthaus führte hier die Wirtschaft, die Einstellung und allem voran die Wettbewerbsfähigkeit als Unterschiede auf.
Der Finanzminister a. D. plädierte für ein Ende der Nullgewichtung von Staatsanleihen und warnte zudem davor, noch weitere Länder in die Eurozone mitaufzunehmen. In einer Transferunion – und damit verbunden die Idee einer gemeinsamen Haftung – sieht Stratthaus keine Lösung. Deutschland und viele andere Staaten würden da nicht mitmachen.
Ein Auseinanderfallen der Eurozone wäre eine Katastrophe, meinte der Politiker, und verwies darauf, dass diese Option an der Verschuldung an sich nichts ändern würde.
Ebenso keine wirkliche Lösung ist in seinen Augen eine kurzfristige Sanierung und damit die Wiederherstellung der Zahlungs– und Wettbewerbsfähigkeit. „Das löst nichts am Problem, es hilft nur, Zeit zu gewinnen.“ Wichtig sei vielmehr eine vernünftige funktionierende Verwaltung. Stratthaus warnte gleichzeitig auch vor einer „Erweiterung und Vertiefung“ und damit vor der Aufnahme weiterer Mitgliedsstaaten.
„Wir werden den Euro auch in 20 Jahren noch haben, aber ich bin nicht davon überzeugt, dass es dieselben Mitglieder sind“, so der Politiker.
Gleichzeitig meinte er aber auch, dass Europa nicht nur unter dem Gesichtspunkt des Euro gesehen werden dürfe. „Wir müssen enger zusammenarbeiten“, so Stratthaus, der die Unterschiede innerhalb Europas auch eine Stärke nannte. „Schwäbisch Gmünd ist ihre Heimat, Deutschland ihr Vaterland und Europa ist unsere Zukunft.“