Eine sehr schwierige Urteilsfindung

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Eine Tätlichkeit auf der Waldstetter Brücke Ende des vergangenen Jahres endete vor dem Ellwanger Landgericht. Am Dienstag fand die Verhandlung statt.

Mittwoch, 19. Februar 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
137 Sekunden Lesedauer

GMÜND/​ELLWANGEN (kos). An einem Nachmittag gegen Ende des vergangenen Jahres wurde einer älteren Frau, die mit ihrem zwölfjährigen Enkel auf der Waldstetter Brücke unterwegs war, von einem Mann die Umhängetasche entrissen. Als sie ihm nachlief, trat er sie und versetzte ihr einen Schlag in das Gesicht. Einem zu Hilfe kommenden Mann brachte er einen doppelten Nasenbeinbruch bei. Doch einem türkischen Nachbarn der Frau, der des Weges kam, gelang es, ihn in den Schwitzkasten zu nehmen und zu Boden zu bringen, bis die Polizei kam und ihn in den Streifenwagen brachte. Von dort schmiss der Wüterich eine hochwertige Digitalkamera der Polizei in den Josefsbach.
Kein Wunder, dass er gestern vor der zweiten Strafkammer des Schöffengerichts stand, wo ihm Staatsanwalt Peter Laiolo sein Tun vorwarf. Nach seiner Tat landete der Mann in der Haft auf dem Hohenasperg. Gestern befragte ihn der Vorsitzende Richter Fritsch. Da jedoch kam heraus, dass die Tat, um ein Urteil zu sprechen, nicht so einfach zu beurteilen war, denn von Asperg aus war der 1980 geborene in Gmünd wohnende Mann in das Zentrum für Psychiatrie nach Schussenried verlegt worden, weil vermutet wurde, dass er unter einer Psychose litt, die ihm seit Jahren offensichtlich schwer zu schaffen machte.
Er hatte die Realschule besucht, dann ein Berufskolleg, das er aber abbrach. Doch hatte er dann ab seinem 20. Lebensjahr zehn Jahre in Berlin als Informatiker gearbeitet. Dort begannen die psychischen Störungen, die aber über 13 Jahre lang zurückgingen oder schwankend waren und in der Charité behandelt wurden. 2010 war er wieder zu den Eltern nach Gmünd gezogen, wo es 2013 zu dem Geschehen auf der Waldstetter Brücke kam. Das gab der Angeklagte zu.
Daran konnte aber auch kein Zweifel bestehen, weil alle der neun geladenen Zeugen weitgehend den Vorfall bestätigten. In diesem Zusammenhang lobte das Schöffengericht, das sich große Mühe um die Ergründung der Tatumstände gab, das mutige Eingreifen des jungen türkischen Gmünder Mitbürgers. Dem Angeklagten bedeutete er, dass es heute nicht in erster Linie um seine Verurteilung gehe, sondern um eine weitere Unterbringung in der Psychiatrie. Der Angeklagte sagte aus, warum er zugeschlagen habe, wisse er nicht.
Dr. Thomas Heinrich, der forensische Psychiater aus Weinsberg, sprach von einer Schizophrenie des von ihm Untersuchten. Er sei von Zwangs– und Angststörungen, dass seine Gedanken von außen erfasst würden, schon in Berlin stationär und ambulant behandelt worden. In Asperg habe er zuerst teilnahmslos und als von diffusen Gedanken geplagt gewirkt. Doch eine seelische Abartigkeit und tiefgreifende Bewusstseinsstörung sah er nicht, jedoch die krankhafte Schizophrenie und von daher eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit und eine verminderte Schuldfähigkeit.
Richter Fritsch gegenüber beantwortete die Frage nach einer Prognose dahingehend, dass eine solche nicht sicher zu stellen sei.
Staatsanwalt Peter Laiolo führte aus, die Tat treffe zu, es würde aber kein Raub vorliegen, allenfalls eine Nötigung. Der Angeklagte leide an einer Psychose, die als Folge seine Steuerungsfähigkeit und Schuldfähigkeit erheblich einschränken würde. Er benötige im Hinblick auf eine Rückkehr in ein geordnetes Leben eine Betreuung, für die er die Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus als nötig ansah. Darin sah auch der Verteidiger Feil aus Ellwanger eine Perspektive für ein lebenswertes Leben des Angeklagten. Das Gericht folgte dem Antrag des Staatsanwaltes und der Verteidigung.