„Gedächtnis der Vergangenheit“

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Klaus Rollny und Dr. Kurt Scholze haben in fünfjähriger Arbeit eine Sammlung von 6000 registrierten Archivalien zusammengetragen, was bis zu 60 000 Einzelteilen entspricht, und detailliert die Erinnerungen an Vertreibung und Flucht nach dem Kriege bewahrt.

Mittwoch, 19. Februar 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
87 Sekunden Lesedauer

Von Brigitte Düppe
SCHWÄBISCH GMÜND. Was der ehemalige Baden-​Württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel als „solitär“ bezeichnet hat, konnten viele interessierte Besucher beim Rundgang durch das Archiv nachempfinden.
220 laufende Bodenmeter Regale sind im Untergeschoss des Hauses sieben im Universitätspark gefüllt, perfekt angeordnet und im Einzelnen digitalisiert und damit schnell auffindbar gemacht von Klaus Rollny. Vor der Besichtigung dieses „Schatzes“ haben die beiden in zwei Beiträgen im Nachbargebäude zusammengestellt, was dort alles zu finden ist.
Vom „Antrag zur Aussiedelung“ über „Gesundheitsscheine“ bis zu „Beschlagnahmungsverfügungen“, alles geschenkt und übergeben von vielen der 16 446 Vertriebenen, die allein im Jahre 1946 am Gmünder Güterbahnhof angekommen sind und hier ein neues Zuhause gefunden haben.
Bücher, Kartenmaterial, Briefe, auch ein Gablonzer Tagblatt vom 8. Mai 1945 sind aufbewahrt für all die Generationen, die danach keinen Krieg und keine Vertreibung mehr erleben mussten. Beide Referenten betonten immer wieder, dass sie mit ihrer Arbeit gerade junge Menschen ansprechen möchten, die das Angebot etwa für schulische Präsentationen auch gerne annähmen.
Denn „Geschichte vergeht nicht, indem man versucht, Erinnerung zu löschen.“ Kurt Scholze erinnerte an den Festakt in Ludwigsburg, wo in Erinnerung an die Rede de Gaulles an die deutsche Jugend vor 50 Jahren das deutsch-​französische Jahr festlich begonnen wurde. Und er hat für den Ostalbkreis, in dem jeder Dritte Wurzeln im Osten hat, die Vision eines ähnlichen Festes zwischen Deutschen, Polen und Tschechen.
Ein besonderer Höhepunkt in der Arbeit des Archivs Osten, das dem Stadtarchiv angeschlossen ist, wird eine Ausstellung über Vertreibung und Integration sein. Sie wird vom 30.April bis zum zwölften Oktober in dem kleinen, feinen Torhäusle an der Waldstetter Brücke stattfinden und täglich geöffnet sein. Die 1300 Aufsichtsstunden dafür sind inzwischen bereits gesichert. Eine stolze Leistung! Und Rollny und Scholze sind noch lange nicht fertig. Sie hoffen auch weiterhin auf Materialien für ihr Archiv, bevor diese aus Unkenntnis irgendwann einmal einfach entsorgt werden. Denn „Zukunft braucht Herkunft“.