Was den Lehrberuf ausmachen kann und muss Kurseröffnung am Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerbildung (GWHS) in einer Zeit bildungspolitischer Veränderungen

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

. Keine Ansprache, kein Grußwort gestern, das nicht auf die sich immer wieder und immer wieder recht drastisch verändernde Bildungslandschaft Bezug nahm. Vor allem aber gab’s Ermutigung und ein bunt unterhaltsames, vom Vorgängerkurs und von den Ausbildenden gestaltetes Programm die für 138 Lehreranwärterinnen und Lehreranwärter, die ihren Vorbereitungsdienst am Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerbildung antraten.

Montag, 03. Februar 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
192 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (bt). Die Ansprache der Seminardirektorin Mariette Arndt geriet zur Liebeserklärung ans Lehramt und zu einer Lektion in Sachen Leben. Das Seminar wolle auch den 34. Kurs so unterstützen und begleiten, „dass hoffentlich aus einer richtigen Berufswahl auch Berufung werden“ könne. Erich Kästner schilderte einmal, wie man mit Hilfe von vier archimedischen Punkten die Welt nicht aus den Angeln heraus-​, sondern vielmehr in die richtigen Angeln hinein heben könnte
1. Jeder Mensch höre auf sein Gewissen
2. Jeder Mensch suche sich Vorbilder
3. Jeder gedenke seiner Kindheit
4. Jeder Mensch erwerbe sich Humor
Alle diese vier Punkte brach sie herunter auf die Lebenswelt der Seminaristen, sprach von Toleranz, Gemeinschaftsgefühl, Verständnis, davon in welch überwältigendem Maß Lehrer oft als Vorbild wahrgenommen werden, und nicht zuletzt war ihr der Humor wichtig: „Ein Schultag, an dem nicht gelacht wurde, ist ein nutzloser, überflüssiger Schultag – gehen Sie mit Freude in die Schule“. Mit Martin Buber sprach sie von der Aufgabe, „alle jungen Menschen annehmen, sie gern haben und ihnen Hilfe geben, damit sie festen Halt bekommen und sich geborgen fühlen können“. Dazu brauche es Kraft, vor allem psychische Kraft, Engagement, Einsatzbereitschaft. All dies werde auch erwartet, und das Seminar helfe in pädagogischer, fachdidaktischer und schulrechtlicher Weise, aber auch einfach im vertrauensvollen Umgang miteinander.
OB Arnold machte, wie zu erwarten, Lust auf eine junge Gartenschau, witzelte über den ersten Kurs, der nicht mehr die Stau-​Ausrede fürs Zuspätkommen nutzen kann, vor allem aber bat er die jungen Leute, die im Studium erfahrenen Ideen und Impulse mitzunehmen: „Bringen Sie frischen Wind in die Schulen.“ Die im Wandel begriffene Bildungslandschaft war auch ihm wichtig: Schulen glichen Laboratorien. Das habe allerdings auch Vorteile: „Die Dinge sind im Fluss, das gibt Ihnen ganz anderen Spielraum, Sie müssen’s nur wollen.“ Die Qualität von Bildung hänge nicht ab von der Gymnasialqoute, sondern von passgenauen Bildungsangeboten für jedes Kind und von gelingenden Übergängen. Dafür müsse Sorge getragen werden. Grundsätzlich meinte Arnold, das System könne noch so kompliziert sein: „Sie, die engagierten Lehrerinnen und Lehrer, machen den Unterschied.“ Ulrich Maier, Geschäftsbereichsleiter Schule und Bildung im Landratsamt, meinte, nicht nur fachliches Wissen, auch Persönlichkeit sei gefragt, das Vorbild der Lehrer: „Sie prägen die Kinder und Jugendlichen.“Die Freude an der Arbeit, so sein großer Wunsch, solle grundlegendes Motiv sein und bleiben; ihm gefiel der Anspruch des Seminars, Persönlichkeiten auszubilden, die, „dem Hang zur Resignation widerstehend“, unter anderem nicht nur auf Fehler und Unvollkommenheiten achten, sondern Stärken weiterentwickeln und festigen.
„Lassen Sie sich nicht anstecken von denen, die sich selbst bemitleiden“
Klaus Dengler, Schulleiter
Annely Zeeb, Regierungsschuldirektorin, meinte mit Blick auf eine „bildungspolitisch außergewöhnliche Situation“, es gelte, Wege zu suchen, allen Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft von Anfang ein eine Chance zu geben, ein gutes ganztägiges Bildungs– und Betreuungsangebot aufzubauen und eine leistungsfähige Bildungslandschaft auch bei abnehmenden Schülerzahlen zu erhalten. Der Bildungsplan ab 2015 setze auf Durchlässigkeit zwischen den Schularten, oder auch auf heterogene Lerngruppen, also das Unterrichten auf unterschiedlichem Leistungsniveau. Zeeb ging auf zentrale Fragen ein, die sich jeder Epoche neu stellten: „Was ist zukunftsfähige Bildung?“ Wer etwa hätte den Siegeszug des Automobils oder die Möglichkeiten der Kommunkation übers Internet voraussagen können. Aufgabe der Lehrerinnen und Lehrer sei es, ihre Schüler vorzubereiten auf Gesellschaft, Technik und Wirtschaft, die mehr denn je von dynamischem Wandel geprägt seien. Dr. Harry Jungbauer, ev. Schuldekan, griff die Impulse des ökumenischen Gottesdienstes am Vormittag auf. Er bezog sich auf einen Paulus-​Brief, als er meinte, ganz gleich wie viel „gepflanzt und gegossen“, sprich mit und für die Kinder gearbeitet werde – es sei da einer, der es wachsen lasse; auf ihn zu vertrauen, sei gut und gebe Zuversicht.
„Bildung erhält den Stellenwert von Fußball“, meinte Klaus Dengler, geschäftsführender Schulleiter, wenn die Diskussion darüber, was richtige Bildung sei, etwa beim Thema der sexuellen Vielfalt zu Demonstrationen und Schlägereien führe. Drei Fähigkeiten sollten Jung-​Lehrerinnen und Lehrer haben – eine sehr hohe Frustrationstoleranz, etwa wenn unterschiedliche Meinungen und Haltungen aufeinanderträfen, hohe Belastbarkeit im Dauereinsatz sowie Wissbegierigkeit bis zum Schluss. Wer stets offen sei für neue Erkenntnisse, könne den Beruf meistern, dann mache der Beruf Freude: „Und lassen Sie sich nicht anstecken, von denen, die sich selbst bemitleiden.“

Was Ulrike Bauder-​Reissing, die Seminarband und generell die Fachdidaktik Musik an Rahmenprogramm ermöglicht hatten, ließ mitnicken, –schwingen, –wippen und anhaltend applaudieren.