Handwerk zu Gast in Gmünds bislang einziger Gemeinschaftsschule: Großes Lob für die Friedensschule

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

„Das Handwerk steht hinter den Gemeinschaftsschulen“ war eine der zentralen Aussagen gestern in derFriedensschule; grundsätzlich ging’s darum, dass nichts wichtiger ist, alsalle Kinder nach ihren Fähigkeiten und Talenten zu fördern.

Dienstag, 18. März 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
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SCHWÄBISCH GMÜND (bt). Das Handwerk war gut vertreten gestern in der Friedensschule. Kein Samariterdienst: Ureigenes Interesse an der Gemeinschaftsschule und an der bestmöglichen Ausbildung des Nachwuchses steht dahinter. So garantierte Kreishandwerksmeister Alexander Hamler: In Gmünd werde es möglich sein, die künftig vorgeschriebene wöchentliche Berufs– und Studienorientierung mit Freiwilligen vom (Handwerks-)Fach anzubieten: „Und wenn ich selbst unterrichte.“ Auch aus anderen Berufsfeldern gibt es Interesse. „Das Handwerk steht hinter der Gemeinschaftsschule“, sagt ganz deutlich Katharina Wischenbarth, die sich für die Handwerkskammer um die Ausbildungsberatung in der Region kümmert. „Die mangelnde Ausbildungsreife nimmt ab“, nennt sie als großen Pluspunkt eines im Wandel begriffenen Schulsystems. Nach einem Rundgang durch die Schule sahen sie und Hamler Dinge umgesetzt, die das Handwerk seit langem fordere: „Alle Perspektiven werden aufgezeigt, jede Entwicklung ist möglich.“ „Wenn sich junge Menschen mit Freude für einen Beruf entscheiden, muss sich niemand über ihre Zukunft Sorgen machen“, so Hamler; dann sei in jedem Beruf ein guter Weg möglich. Mit Blick auf die herrschende Ansicht, nur mit Studium gelinge ein Lebensweg, nannte Hamler auch die Meisterqualifikation als sehr anspruchsvollen Weg – „Studienzeit in komprimierter Form“ –; vor allem biete sie eine „wunderbare, im Vergleich fast schon sorgenlose Zukunft“. In diesem Zusammanhang sprach der Kreishandwerksmeister von Berufen, in denen jetzt schon die Fachkräfte fehlen.
Alle Schulabschlüsse und das
Gymnasium müssen möglich sein
Auch für die Kommunalpolitik ist das Thema Gemeinschaftsschule Zukunftsthema — die RZ berichtete mehrfach. Derzeit gibt es an der Friedenssschule zwei Klassen mit 16 und 17 Schülern; ab der sechsten Klasse werden dann Gymnasiallehrer das Pflichtfach Französisch, ab der siebten Klasse Naturwissenschaften unterrichten – Vorbereitung auf einen möglichen Wechsel von der Gemeinschaftsschule aufs Gymnasium, was ja Grundlage der zweiten Bildungssäule ist: Nach Kräften fördern und auf alle Abschlüsse hinführen. Johannes Weiß vom Bezirksbeirat und Bürgermeister Joachim Bläse lobten die jüngsten Entwicklungen, die sich deutlich bewährten. Weiß: „Ich war skeptisch und bin einfach nur begeistert.“
Konrektorin Barbara Schmidt-​Bartels spricht davon, wie sehr sich Unterricht verändert hat. Vieles an der Friedensschule entspricht bereits seit Jahren einem Verständnis von Bildung, das unter anderem auch dem Marchtaler Plan zugrunde liegt, Rahmenplan für die Katholischen Freien Schulen: „Der Schüler steht im Mittelpunkt.“ Schülerinnen und Schüler entscheiden, wann sie ihre Arbeiten schreiben. Es gibt keine Noten, sondern Punkte; Farben machen deutlich, wenn etwas im Argen liegt. Mit positiver Verstärkung zu arbeiten, mit Ermutigung und Motivation sei konsequentes Umsetzen der Hirnforschung, so war zu hören. Schüler arbeiten überwiegend selbstständig in der „Lernzeit“. Schmid-​Bartels: „Ich hab mal erlebt, dass ein Lehrer, der das Parallelogramm einführte, 40 Minuten am Stück geredet hat; die Schüler haben nicht einmal etwas gezeichnet.“ Das dürfe nicht sein – heißt es in der Friedensschule. Auch die Abkehr von der klassischen Notengebung bewähre sich: „Wenn nur Schüler mit einem Abitur von 1,9 zum Studium zugelassen werden, und dann 60 Prozent der Mathematiker und 40 Prozent der Wirtschaftswissenschaftler rausfliegen, heißt das einfach, dass viele nicht gelernt haben, zu lernen.“ Es darum, individuell zu lernen und sich zu entwickeln: Auf eine halbe Note hin oder her zu setzen, sei hingegen Augenwischerei und sage gar nichts über einen jungen Menschen aus. Sehr deutlich wird zwischen jungen Lernern und Älteren unterschieden. Gelernt wird gemeinsam aber auf unterschiedlichem Niveau; es gibt Elterngespräche, oder auch ein Lerntagebuch, das persönliche Bedeutung gewinnt, etwa indem Kinder lernen, sich zu loben.