Stefanie Neumann feierte ihren 90. Geburtstag

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Am Aschermittwoch feierte Stefanie Neumann in der Weststadt ihren 90. Geburtstag und 20 Jahre in ihrer neuen Heimat Schwäbisch Gmünd. Ihr Lebenslauf steht auch für eine Epoche, von der in wenigen Jahren niemand mehr zu erzählen weiß.

Samstag, 08. März 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
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SCHWÄBISCH GMÜND. Bürgermeister Mihm besuchte sie an diesem Tag und überbrachte beste Wünsche aus dem Rathaus und eine Urkunde vom Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann.
Stefanie Holzner wurde in Temeschburg, Banat, geboren und hatte einen sieben Jahre älteren Bruder. Das Schicksal schlug schon mit elf Jahren zu, als sie ihre Mutter verlor und auf ein Notre-​Dame-​Klosterinternat kam. Nach dem Abschluss der Handelsschule war sie im Schuhladen ihres Vaters tätig, doch 1944 wurde die Familie enteignet und wie alle Deutschen im Alter von 18 bis 45 Jahren zur Zwangsarbeit nach Russland verschleppt. Im Lager lernte sie allerdings Hans Neumann kennen und lieben. Aus gesundheitlichen Gründen wurde sie nach zwei Jahren entlassen – furchtbare, furchtbare Zeit –, er musste fünf Jahre dort verbringen.
Nach seiner Rückkehr konnte er sein Medizinstudium beenden und 1950 heirateten sie. 1952 kam Sohn Hans zur Welt, 1957 Tochter Heidi und es folgten glückliche Jahre. Auch unter Ceausescu gab es deutsche Schulen, ein deutsches Staatstheater, eine deutsche Tageszeitung und die alten Traditionen, wie z.B. das Kirchweihfest, wo die Jugendlichen in Banater schwäbischer Tracht aufmarschierten, wurden weiter gepflegt.
Als in den 1980er Jahren die Ausreisewelle der Deutschen begann, blieb Sohn Hans illegal in Deutschland. Seine Frau und Kinder folgten ihm nach einem Jahr, doch Familie Neumann und die Familie der Tochter konnten erst 1990 nach der Revolution, die in Temeschburg ausgebrochen war, ausreisen. Anfangs wohnten sie alle in NRW in der Nähe des Sohnes.
Die Familie der Tochter kam 1991 nach Schwäbisch Gmünd und am 5. März 1994 zog Familie Neumann doch auch nach Gmünd. Fünf Jahre später musste Stefanie Neumann wieder einen Schicksalsschlag verkraften, da ihr Mann kurz vor seinem 80. Geburtstag verstarb. Seit vier Jahren wohnt sie nun bei der Tochter und dem Schwiegersohn. Auch wenn es ihr in den letzten Jahren oft gesundheitlich nicht gut ging, schaffte sie es immer, an den Leutze-​Festen dabei zu sein, die ihre Tochter und ihr Schwiegersohn organisieren.
Sie geht gerne mit dem Rollator im Schwerzer spazieren und sonntags in den Gottesdienst im St. Anna.
Im Dezember durfte sie die Hochzeit der jüngsten Enkelin miterleben und im Mai heiratet ihr Enkelsohn in Berlin. Von der ältesten Enkelin in Bielefeld stammt ein sechzehnjähriger Urenkel. An diesem Wochenende wird im engsten Familienkreis noch einmal gefeiert.