Nord-​Süd-​Durchquerung des Bassano mit 60 historischen Motorrädern /​Gmünder Obelisk der Öffentlichkeit vorgestellt

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Der Obelisk auf dem Johannisplatz ist schnell erklärt. NSD auch, irgendwie. NSD, die Durchquerung der Bassano-​Bar in südlicher Richtung mit dem Motorrad, wird gemacht, weil es gemacht werden kann – am Samstag zum achten Mal und mit 60 Oldtimer-​Motorrädern.

Samstag, 07. Juni 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
203 Sekunden Lesedauer

Von Birgit Trinkle

SCHWÄBISCH GMÜND. „Bürgerlicher Ungehorsam stand am Anfang“ sagt Berthold Staiber – tun, was in Eigenverantwortung getan werden kann, ohne jemanden fragen zu müssen. „Einfach ein Spleen“, meint sein Bruder Winfried. Was auch immer es war: 2007 haben elf Motorradfahrer mit ihren mehr oder weniger historischen Modellen das Bassano,Bar und Café, in Nord-​Süd-​Richtung durchquert. Daran – wie im übrigen auch an die „NSD“ der folgenden Jahre – erinnert eine in den Steinboden eingelassene Gedenkplatte. Jedes Jahr wurden es mehr und vor allem schönere, kostbarere Motorräder, die durch die Kneipe knattern und röhren; längst wird nur noch ein Teil der Interessenten zugelassen. 30 waren es 2013, 60 am vergangenen Samstag: „Noch eine Verdoppelung ist beim besten Willen nicht drin“, sagen die Staibers. Warum sich so viele um die Teilnahme bemühen? Darum, eine mit spärlichen Mitteln aber handwerklichem Geschick zusammengeschraubte Rampe hoch ins Caf´e zu fahren und auf der anderen Seite wieder raus? Hat wohl mit Querdenken zu tun, mit der Freude an schönen, alten Motorrädern, mit Gemeinschaft, ganz viel mit schierer Freude. Das Ganze hat ohne Zweifel längst Kultcharakter. Der Samstagnachmittag auf dem Johannisplatz geriet zum Sommerfest – Dank der Hentzschelbuben um den über die Region hinaus bekannten Theo Hentzschel, die als „Dead Flowers“ antraten. Beleibe nicht nur Motorradfreunde hatten ihren Spaß, und zum Schluss gab’s ein Gruppenbild am Obelisken. An bitte was? Da gab’s schon einige sehr verwunderte Blicke beim Blick auf die neue Nachbarin der Johanniskirche: Direkt neben der altehrwürdigen Pfeilerbasilika aus dem 13. Jahrhundert steht jetzt eine im obereren Teil mit „Hieroglyphen“ beschrifteten Stele, wie sie gemeinhin in Ägypten oder auch im alten Rom zu finden sind. Die Zeichen selbst sind ein nur sehr schwer zu entziffernder Code: Allen Rätselfreunde viel Spaß. Auf dem rosafarbenen Sockel finden sich Dinge, die wichtig sind im Leben, formuliert von Leuten wie Lennon/​McCartney oder Bob Dylan. Klasse, das Ganze, aber an diesem historischen Ensemble durchaus dazu angetan, dem Denkmalschutz das Feuer aus den Augen fahren zu lassen. Keine Angst, das Ding ist nicht aus Beton gegossen, sondern aus einer Art Styropor geformt. Verpackungsmaterial, das beim Zerkleinern so viel Widerstandskraft zeigte, dass die Bassano-​Chefs anfingen, das Zeug zu sammeln um schließlich ihren Obeliskentraum wahr zu machen – Winfried Staiber ist als Architekt seit jeher von den freistehenden Riesennadeln fasziniert, einige hundert Tonnen schwer, die im Altertum ganz enormes Ingenieurwissen voraussetzten. Jetzt hat Gmünd auch ein Obeliskle, und wer genau hinguckt, sieht so ein bisschen „bürgerlichen Ungehorsam“ um die Spitze wehen. OB Arnold will sich übrigens dafür einsetzen, dass es bis zum Ende der Gartenschau stehen bleiben darf.
Moto Guzzi wird zum Viergenerationenmotorrad
Den Anfang der NSD machte am Samstag das Viergenerationenmotorrad: Hochkonzentriert transportierte Wenne Staiber auf der Moto Guzzi Falcone, Sondermodell Sahara, 1975, kostbarste Fracht – seine Mama Gertrud, seine Tochter Pola und Enkel Leo. Michael „Osse“ Haag hatte als Moderator aber noch viele weitere Schätze anzukündigen. Karin Anger fuhr eine Horex Regina aus dem Jahr 1951, mit Originalteilen sehr liebevoll restauriert. Günther Rohwer, der mit seinem Rex-​Dreirad, auf dem er seinen Hund transportiert, zum Stadtbild gehört, ist ebenso Original wie sein Oldtimer-​Gefährt – fanden dem Jubel nach zu urteilen auch die Zuschauer. Michael Böhnlein trat mit der DKW Block 175 aus dem Jahr 1933 an, Günter Lutz mit dem 1929 gebauten D-​Rad R06. Jüngster der Bikerrunde war Pascal Riedel aus Lorch, der seinen „Hühnerschreck“ aus dem Jahr 1950 – ein Farhrradmoped mit 1,3 PS – schob. Dietmar Sorg aus Gmünd fuhr das Norton Model 19 von 1928 seines Großonkels, das im Krieg zerlegt worden war und erst viel später wieder zu neuer Form gefunden hat. Georg Winter startete seine kleine Ehrenrunde mit einer Triumph B200, Baujahr 1937, und Ulrich Mangold aus Göggingen sorgte dafür, dass im Reigen der Zweirad-​Hingucker endlich eine NSU Max vertreten war, mit 18 PS und 250 Kubik(zentimeter) der Klassiker schlechthin der 50er. Gerhard Körger aus Durlangen war mit einer Zündapp Bella mit 150 Kubik gekommen – aus dem Jahr 1958 und ebenfalls sehr liebevoll restauriert –, Walter Dangelmaier aus Bargau mit einer NSU 300 T, Baujahr 1928, 7 PS 300 Kubik. Die Straßdorfer Oldtimer-​freunde sind jedes Jahr dabei; heuer traten sie mit 14 ihrer Schönsten an – Achim Klotzbücher etwa fuhr eine traumhafte alte Horex Columbus S5 aus dem Jahr 1931. Eigentlich sollten sie alle genannt werden: Günter Haug mit der NSU Quickly S, Baujahr ‘61, 1,4 PS, Thomas Hägele mit einer BMW R12 aus dem Jahr 1940, 18 PS, 750 Kubik, oder auch Berthold Beuthe, ausgewiesener Motorradfreak mit einer NSU OSL 601 aus dem Jahr 1938, 576 Kubik und 25 PS: „Alt aber bezahlt“ dürfte als Spruch des Tages durchgehen.