Frauen unternehmen: Beim Frauenkongress machten die einen den anderen Mut

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Frauen in qualifizierte Arbeitsplätze bringen, Frauen zu Aus– und Weitebildung verhelfen, Frauen Mut machen, auch zu Existenzgründungen, das waren die Ziele des Fachkongresses „Frauen gestalten Zukunft auf dem Land“ gestern im Stadtgarten. Die Teilnehmerinnen waren Multiplikatorinnen, aber auch Musterbeispiele dafür, wie Zukunft gestaltet wird.

Mittwoch, 16. Juli 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
157 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (bt).
Aus der Unzufriedenheit mit dem Essen in der Kindertagesstätte entstand die GmbH „Zwergenküche“, die heute 300 Essen täglich ausgibt und deren Gründerinnen Maren Huth und Sabine Joseph über schlaflose Nächte sprachen, die es nach Möglichkeit zu vermeiden gelte – nicht zuletzt, indem Last und Risiko auf mehrere Schultern verteilt werden. Paradebeispiel ist auch die Firma „Rossnatour“ in Laichingen. Christel und Anne Erz, Mutter und Tochter, stellten das Unternehmen vor. Die Mama erzählte, wie sie das von ihrem Mann „hart verdiente Geld“ nicht für ihre Pferde ausgeben wollte und deshalb begann, Kutsch– und Planwagenfahrten anzubieten, mithin ein „modernes Arbeitspferd“ zu definieren. Das Ganze wird mittlerweile geführt wie ein Reisebüro: Die Touren sind gebucht und bezahlt, wenn’s regnet, „kommen die Gäste oder sie lassen es bleiben; wir haben auf jeden Fall keine Verluste“. Tochter Anna ist eingestiegen, hadert aber noch mit den durchzuarbeitenden Wochenenden – auch das ein Problem vieler Existenzgründerinnen. Schweizerin Andrea Schläpfer zeigte auf, wie durch fehlende Ausbildung Armut entsteht.
Von Moderatorin Michaela Funk gebeten, erzählte Carolin Morlock, Leiterin der Kontaktstelle Frau und Beruf im Ostalbkreis, viele Frauen mit „panischer Existenzangst“ kämen zu ihr. Nach dem Tod des Partners oder nach Scheidung – immerhin werde fast jede zweite Ehe geschieden –, in Arbeitslosigkeit oder mit Zweifeln an den eigenen Fähigkeiten. Von 100 000 Frauen im Kreis arbeiteten 31 000 Vollzeit, 17 000 in Teilzeit. Über die Hälfte arbeite nicht, bzw. nicht sozialversicherungspflichtig, was sehr oft mit der Angst vor Altersarmut und der Abhängigkeit vom Ehemann verbunden sei.
Michaela Funk zitierte aus einer Studie, nach der Banken weniger bereit seien, Frauen Geld zu geben; insgesamt nur ein Prozent des Weltvermögens sei in Frauenhand. Es sei also viel zu tun.
Immer neue Standbeine
für die Betriebe
Für angehende Unternehmerinnen unter den Zuhörerinnen gab’s einige Tipps. Christel Erz etwa meinte: „Sich genau überlegen, was man will, dann alles, nur nicht nachgeben.“ Die Zwergenkinder-​Frauen meinten, es brauche Energie und Herzblut, und Carolin Morlock beantwortete die Frage, wie sich „Mut stützen“ lasse, Mut, der gerade Frauen oft sehr schwer falle: „Es geht um die eigene Vision, das, wozu man auf der Welt ist. Das erkennen und dazu stehen.“
Arbeit in der (bäuerlichen) Kleinkindbetreuung oder in der Pflege sind längst nicht mehr „Ehrenamts-​Arbeit“. Vor allem aber waren gestern neue Standbeine für Betriebe Thema: Hofladen, Urlaub auf dem Bauernhof, Weinwanderung Lernbauernhof. Es gibt Aktivierungshöfe, „Käseschmiede“, Angebote zur Kräuterkunde und –verarbeitung. Meist sind es Frauen, die diese neuen Betriebszweige stemmen und ganz erheblich zur Existenzsicherung beitragen. Ganz selbstverständlich sind dann Organisation, Produktionsabläufe und betriebswirtschaftliche Fragen Thema – klassische Felder, in denen die Fördermodule Qualifizierung, Existenzgründung und Zusammenarbeit in einem Netzwerk greifen; so werden die Frauen gezielt unterstützt, von der ersten Idee bis zur konkreten Umsetzung.
OB Arnold meinte gestern, wirkliche Innovationen und neue Impulse kämen heute längst nicht mehr nur aus den Ballungsräumen, sondern vor allem vom Land. „Und dort von den Frauen.“ Arnold: „Wir brauchen diesen Innovationspark der Bauernhöfe, der Regionalmärkte, der noch intakten Dorfstrukturen mehr denn je – auch als politisches Entwicklungslabor dafür, wie wir in Zukunft auch in den Städten zusammenleben wollen.“ Stichworte waren der Einsatz für die Umwelt, Verantwortungsbewusstsein für die Nachbarn etc. Die Förderung von Frauenerwerbstätigkeit sei enorm wichtig. Es gehe um Optimierung von Arbeitsergebnissen: „Denn wenn Sie keine Frauen dabei haben, wenn Sie keine gemischten Teams haben, werden Sie niemals gute und nachhaltige Ergebnisse haben.“ Auch hänge die LEADER-​Förderung, um die sich die Stadt derzeit bemüht (siehe oben), von Frauenprojekten ab. Vor allem aber gelte der Grundsatz: Was Frauen nützt, nützt allen.