In Sachen Rauchmelderpflicht besteht noch einiger Klärungsbedarf

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Die von der Feuerwehr müssen nicht von Rauchmeldern überzeugt werden. Niemand, der Menschen tot bergen muss, die nicht rechtzeitig gewarnt und geweckt wurden, zweifelt am Sinn der neuen Bestimmung. Grundsätzliches zur Haftung muss aber dringend geklärt werden.

Montag, 18. August 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
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SCHWÄBISCH GMÜND (bt). Es war schon von Zeitungsausträgern zu lesen, die einen Brand entdeckten; manchmal sind es auch Haustiere, die Schlafende wecken. Aber auf solche Zufälle will sich niemand verlassen, der mit der Feuerwehr unterwegs war. Wenn es brenne, so einer, der seit vielen Jahren dabei ist, entstehe schnell giftiger Rauch. Werde der Brand in der Nacht nicht rechtzeitig bemerkt, genügten wenige Atemzüge und Schlaf gehe in Bewusstlosigkeit und Tod über. So sind also bis Jahresende in allen Schlafräumen und im Flur (Rettungsweg) Rauchmelder zu installieren, in der Hoffnung, dass dann nicht mehr 400 Menschen jährlich in Deutschland vor allem in Privathaushalten bei Bränden sterben (die RZ berichtete zuletzt am 5. August). Der Rauchwarnmelder soll ausschließlich Menschen warnen, kein Eigentum schützen, auch nicht verhindern, dass sich ein Brand ausweitet. Wenn niemand in der Wohnung oder im Haus schläft, könnte das Ding also auch deaktiviert werden – wenn dies technisch möglich ist, etwa durch das Rausnehmen der Batterie. Eigentümer oder Mieter, die dieser Pflicht nicht nachkommen, verhalten sich rechtswidrig; ein Bußgeld ist allerdings nicht vorgesehen. Ebenso wenig Kontrollen. Eigentlich ist es Eigeninteresse, sich und die Familie zu schützen. Und damit hätte alles seine gute Ordnung. Im Schadenfall aber, wenn es wirklich brennt, kann die Versicherung Leistungen kürzen, wenn kein Gerät installiert ist. In welchem Umfang, ist ungeklärt. Dasselbe gilt für Einbau und Betrieb: Es liegt in der Verantwortung der jeweiligen Verpflichteten, für die Installation sowie die Betriebsbereitschaft der Rauchwarnmelder Sorge zu tragen. In Mietwohnungen sind in der Regel die Eigentümer für den Einbau verantwortlich, die Mieter für die Betriebsbereitschaft. Jeder Baumarkt und Discounter, im Zweifelsfall eine Bäckereifiliale, kann Rauchmelder verkaufen, die dann von irgend jemand an die Decke geklebt oder gedübelt werden und gut ist es. Fachbetriebe wie die des Innungsobermeisters Alexander Hamler müssen dafür Mitarbeiter in Schulungen schicken. Meister Markus Vedde nennt im Gespräch mit der RZ einige der Dinge, auf die bei der Installation eines Rauchmelders zu achten sind – keine zu große Nähe zum Schrank oder ähnliches –, und er erläutert den Unterschied zwischen den ganz billigen Modellen, bei denen die Gefahr eines Fehlalarms viel größer sein könne, und den anderen, die auf zehn Jahre hinaus garantiert arbeiten. Wie viel von all dem in die Haftungsfrage einfließt, ist ungeklärt. Vor allem: Sind die Rauchmelder im Brandfall nicht betriebsbereit, haftet irgendjemand. Einmal im Jahr muss so ein Gerätle überprüft werden. Jeder und jede könne das selbst übernehmen, heißt es. Schließlich muss nicht mit glimmender Zigarette herumgewedelt oder ein Rauchsäckchen eingesetzt werden: Lediglich den Knopf drücken und aufs durchdringende Signal warten. Im Schadensfall aber auch hier ein großes Fragezeichen, vielfach Thema bei Mieter– und Eigentümerveranstaltungen: Wird nicht nachgewiesen, dass der Rauchmelder ordnungsgemäß gewartet wurde, könne es versicherungsrechtlich den größten Ärger geben, ist immer wieder zu hören. Behaupten, es sei geprüft worden? Angeben, dass der Partner, die Tochter oder der Bruder als Zeugen dabei waren? Das Überprüfen fotografieren und eine tagesaktuelle Zeitung ins Bild halten? Könnte, wer nicht extern prüfen lässt, haftungsrechtlich denjenigen gleichgestellt sein, die gar keine Rauchmelder installieren? Aber Fachmann/​Fachfrau sehr teuer anreisen lassen, nur um aufs Knöpfchen zu drücken? Hier ist ganz klar und vor allem schnell die Rechtsprechung gefordert: Denn zu riskieren, dass „Personenschaden“ – juristisches Wort für denkbar größtes menschliches Leid – auch noch mit dem finanziellen Ruin einhergeht, im Zweifelsfall dem Verlust der bürgerlichen Existenz, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Auf der anderen Seite ist sicher zu stellen, dass nicht Häuslesbesitzer in vorauseilendem Gehorsam und ohne Not hohe jährliche Kosten tragen, ganz gleich, für welches Gerät sie sich entschieden haben Mal angenommen, alles wird geregelt. Und dann? Vieles kann so einen Rauchmelde-​Alarm auslösen – berichten schon jetzt Nutzer, die etwa in der Nähe Putz abgeschliffen haben. Neulich gab’s einen Fehlalarm in der Stiftung Haus Lindenhof, weil beim Herumtanzen Deosprays benutzt wurden. Wenn es sich nicht gerade um eine große Einrichtung mit vernetztem Alarmsystem handelt, ist so ein Problem schnell behoben, zumal ein Feueralarm nicht zu überhören ist – er soll ja auch aus dem Tiefschlaf wecken. Das geht freilich nur, wenn jemand daheim ist. Es kann auch zu Fehlalarmen kommen, wenn niemand in Haus oder Wohnung ist. Angenommen, der Nachbar hört’s, hat keine Möglichkeit, sich Zugang zu verschaffen und alarmiert die Feuerwehr — erfüllt damit seine Bürgerpflicht, wie es ja auch immer wieder angemahnt wird. Ihm die tausend-​Euro-​Rechnung zu schicken, die der Feuerwehreinsatz kostet, kommt nicht in Frage. Der Eigentümer hat mit der ganzen Sache nichts zu tun und vor allem nicht die 112 gewählt. Die Städte und Gemeinden werden sich dann sehr genau überlegen, wer auf den Kosten sitzen bleibt. Künftig nur noch einen „Spähwagen“ losschicken, gucken, ob’s wirklich brennt? Damit selbst Menschenleben riskieren? Es sind noch einige Fragen zu klären. „Rauchmelder sind Klasse und notwendig. Das ganze Drumrum ist der deutsche Staat“, sagt der von der Feuerwehr. Der Hang zur Bürokratie, sehr viel Geld im Spiel und die Chance, Haftung und Kosten abzuwälzen auf die, die keine Lobby haben: Keine guten Voraussetzungen für eine schnelle, unkomplizierte Lösung.