Sibylle Krause-​Burger war mit ihrer Familiengeschichte zu Gast in Gmünd

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Sibylle Krause-​Burger, Journalistin und Publizistin, hat über Helmut Schmidt, Joschka Fischer, Gerhard Schröder Bücher geschrieben. Am Mittwoch las sie aus ihrer sicherlich persönlichsten Arbeit, der Geschichte ihrer deutsch-​jüdischen Familie.

Mittwoch, 27. Januar 2016
Rems-Zeitung, Redaktion
49 Sekunden Lesedauer


SCHWÄBISCH GMÜND (bt). In den 50er Jahren ist dieses Foto entstanden, das grundsätzliche Fragen aufwirft: Wie kann diese Familie zusammensitzen, zumindest dem äußeren Schein nach einträchtig Kaffee trinken, wenn sie solche Verwerfungen erlebt hat? Da sitzt der „Nazi-​Onkel“ neben seiner jüdischen Schwägerin, die er einst – ebenso wie ihre Kinder, also seine Nichte, seinen kleinen Neffen – durch eine Anzeige in akute Lebensgefahr gebracht, deren Ermordung er in Kauf genommen hat. Seine Frau, die „Nazi-​Tante“, hatte sich von der Freundin zur erbitterten Gegnerin und glühenden Hitler-​Verehrerin gewandelt. Der schwäbische Opa hingegen, überzeugter Antisemit, der den Sohn nach seiner Heirat mit einer Jüdin praktisch verstoßen hatte, erklärte in der Stunde der Not, er sei für alle seine Kinder und Kindeskinder da.
Zwischen Schwarz und Weiß gibt es eine Menge Schattierungen. „Herr Wolle lässt noch einmal grüßen“ ist das Buch von Sibylle Krause-​Burger, in dem viel von Zwischentönen erzählt wird, von Mitläufern, Tätern und Opfern, die alle Teil ihrer Familie sind. Die RZ berichtet in ihrer Donnerstagsausgabe.