Volles Haus bei Hauptversammlung des Fördervereins Gmünder Schulmuseum /​Gerda Fetzer will einen vierten Raum im Klösterle

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Binnen eines Jahres soll dasSchulmuseum im Klösterle erstehen. Darauf setzt der FördervereinSchwäbisch Gmünder Schulmuseum, der in der Normannia-​Gaststätte seine Hauptversammlung abhielt.

Mittwoch, 27. April 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
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SCHWÄBISCH GMÜND (kk). In einem launigen Jahresüberblick berichtete der 2. Vorsitzende Peter Winkler, wie viele Aufgaben der Verein im vergangenen Jahr gemeistert habe: „noch mehr sind dazugekommen“. Die Sachspenden von privater Seite und der vier Schulen Klösterle, Rauchbeinschule, HBG und Grundschule Abtsgmünd hätten die Transportkapazitäten ins Wanken gebracht.
Der gut bestückte Museumsfundus vertrage aber durchaus noch weitere Aufstockungen, Erinnerungsstücke wie alte Klassenfotos, Zeugnisse und Aufsatzhefte aus dem Gmünder Raum. Peter Winkler berichtete, wie stark die Gastronomie in Heubach vom dortigen historischen Klassenzimmer profitiere, nannte über 80 Gruppen im vergangenen Jahr, die erst bei Gerda Fetzer eine historische Unterrichtsstunde erlebten und danach sich mit Speis und Trank versorgten. Er schloss mit den Worten: „der Wunsch nach einem Schulmuseum lebt, wir werden ihn in Schwäbisch Gmünd binnen eines Jahres erfüllen“.
Auf diese Zukunft ging die Vorsitzende Gerda Fetzer näher ein, berichtete über die Verhandlungen mit der Stadt. Nach dem laufenden Schuljahr sei die Maria-​Kahle-​Schule wiederhergestellt, würden drei Klassenzimmer im ersten Stock des Klösterle frei, um das vierte Zimmer kämpfe sie noch, ebenso um einen Sozialraum. Sie lobte vor allem „unser Mitglied Roland Steeb, der einen tollen Flyer zum historischen Klassenzimmer im Heubacher Schloss gestaltete, den die Stadt Heubach kostenlos druckte“. Dort werde sie demnächst sogar fünf Gruppen aus England in englischer Sprache historisch unterrichten. Besonders stolz sei sie auf die tüchtigen Leiterinnen zweier Arbeitsgruppen, Prof. Dr. Ulla Gohl-​Völker und Studienrätin Brunhilde Kanzler, die zwei zentrale Themen des Schulmuseums vorbereiteten. Ihr Ziel sei es, berichteten beide, dass bis Weihnachten Konzeption und Auswahl der zu präsentierenden Objekte abgeschlossen seien. Gerda Fetzer schloss damit, dass zum 20-​jährigen Jahrestag der Museumsidee am Schluss der Hauptversammlung jeder Anwesende mit einem Glas Sekt auf die baldige Realisierung der Idee im Klösterle anstoßen könnte – was dann auch mit Freude geschah.
Zum Schluss der Regularien legte Schatzmeisterin Anneliese Brandstetter ihren Kassenbericht vor. Kassenprüfer Willi Thauer und Gerhard Walz bescheinigten der Rechnungsführerin eine penible und sehr korrekte Amtsführung, die Versammlung entlastete Anneliese Brandstetter daraufhin einstimmig. Auch Gerda Fetzer dankte für ihre vieljährige treue Tätigkeit für den Verein. An alle gerichtet fügte sie hinzu: „wir sind eine gute Mannschaft, unser Team wird ein interessantes Schulmuseum einrichten.“
Seminardirektor a. D. Werner Debler, drittes Gründungsmitglied des Vereins für ein Schulmuseum, referierte in einem Lichtbildervortrag seine Forschungsergebnisse zum ehemaligen Gmünder Landeswaisenhaus (1934 — 57) im Gebäude der alten PH, wo Werner Debler viele Jahre lang der Leiter der zweiten Phase der Realschullehrerbildung war.
Dort lernte er auch ein ehemaliges Waisenkind kennen, den es als längst erwachsenen Mann immer wieder vor und in sein altes Gebäude zurückzog. Mit diesem führte Werner Debler in seinem Dienstzimmer das erste Interview, dem 19 weitere mit ehemaligen Waisenhauszöglingen vorwiegend nach seiner Pensionierung folgten. In diesen vielstündigen Gesprächen und weiteren Interviews mit ehemaligen Lehrern und Schülern der Waisenhausschule sowie vom Waisenhausdirektor betreuten Lehrlingen – die Betreuung der Waisen endete erst mit abgeschlossener Berufsausbildung – erhielt Werner Debler eine Vielzahl von Informationen, die es ermöglichen, dass im Herbst dieses Jahres sein Buch über dieses Thema erscheinen wird (voraussichtlicher Termin ist der 14. Oktober). Für die Hintergründe hat er auch insgesamt 495 Aufsätze ehemaliger Waisen gelesen, welche diese in der Waisenhausschule schrieben. Ein Thema war dabei „Wenn ich Gruppenleiterin wäre“, der Schüler konnte also seine eigene Perspektive verlassen und über Defizite und eigene Hoffnungen offen schreiben. Diese Informationen enthalten Detailwissen und geben ein gutes historisches Stimmungsbild des ehemaligen Kinderheims. Leitschiene des Buchs (und auch von Werner Deblers Referat) sind die vier Direktoren, welche in Schwäb. Gmünd arbeiteten und ihre unterschiedliche pädagogische Qualitäten. Menschliche Behandlung und jeweils moderne zeitgemäße Pädagogik wechselten ab mit unmenschlichen Strafen z. B. für Bettnässer, wie der Zeitzeuge Rudolf Dreher berichtet: „Ich musste mit andern Sündern im Speisesaal vorne hinstehen. Eine ganze Woche lang bekam ich abends nur trockenes Brot zu essen. Wer vorne stand, der schämte sich, weil alle andern auf ihn schauten. Direktor Schweikert billigte diese Methode. Diese Strafen kann ich bis heute nicht vergessen“. Werner Debler berichtete, dass die späteren Direktoren Walter und Schmid diese und andere drakonische Strafen nach 1945 abschafften, Nestwärme und religiöse Erziehung anstatt politischer Indoktrination zum pädagogischen Leitbild wurden.
Debler hob hervor, dass das Kinderheim immer gut geführt wurde, dass es zu keiner Zeit und von keiner Person sexuelle Misshandlungen gegeben habe, „auch nicht im Dritten Reich, als die Erziehung mit nationalsozialistischer Ideologie überfrachtet und mit militärischem Drill durchsetzt war“. Die Exponate zu Deblers Forschungsobjekt würde Gerda Fetzer gerne im zukünftigen Gmünder Schulmuseum ausstellen – „sobald wir das vierte Zimmer haben.“