Fünfknopfturmbrücke: Höherlegung des Josefsbachs gibt Blick frei auf ein Stück Stadtgeschichte

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Die Bedeutung dieses Brückenbauwerks wurde in den letzten Jahrzehnten nie richtig erkannt. Kein Wunder, denn es liegt — unter einem neuzeitlichen Betondeckel verborgen — im Dornröschenschlaf. Anlässlich der Landesgartenschau soll sich das nun ändern.

Freitag, 19. August 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
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SCHWÄBISCH GMÜND (hs). Die laufenden Arbeiten für die Höherlegung des Josefsbachs haben jetzt hochinteressante Blicke auf die Unterkonstruktion der bislang her geheimnisumwitterten Fünfknopfturm-​Brücke freigegeben. Außerdem gibt es viele Zeitzeugen, die lebhaft davon erzählen können und hierbei in Schwärmen kommen, dass im Bereich zwischen der Brücke und dem Fünfknopfturm noch ein mittelalterliches Stollesystem existiert. Dieses war einst Bestandteil der äußeren Stadtmauerrings. In der Tat werden bei genauerer Betrachtung unter der Brücke auch die Überreste der dortigen Festungsanlage sichtbar, die als abenteuerliches Schmuckstück innerhalb des Landesgartenschaugeländes zusammen mit der eigenwilligen Konstruktion des Fünfknopfturms wieder sichtbar und erlebbar gemacht werden soll. Nur wenige alte Stiche und Malereien geben Zeugnis vom einstigen Aussehen der dortigen Befestigunsganlage mit dem „Unteren Tor“. So wurde dieser wichtige Zugang auf der breiten Westflanke der Stadtmauer bezeichnet. Die Festungsbauer hatten sich in diesem Bereich ganz besondere Mühe gemacht, die Freie Reichsstadt gegen Feinde und finstere Gesellen abzusichern; die Zugangskontrolle war perfekt. Allein schon der tiefe Graben des Josefsbachs wurde bewusst so an– und als wirksames Annäherungshindernis direkt vor die Stadtmauer gelegt. Der Fünfknopfturm war Mittelpunkt und Hochwächter einer weitläufigen Zwingeranlage. Der Turm stand direkt an der Hauptmauer, etwa 50 Meter davor befand sich die äußere Befestigung mit dem Unteren Tor. Zwischen den unterirdischen Kasematten und den in alle Richtungen beherrschend abgelegten Schießscharten und Pechnasen einerseits und dem Turm dahinter gab es sogar einen unter der Erde verborgenen Gang. Relativ wenige Verteidiger konnten durch diese Anordnung heimtückische Strategien anwenden, einen Feind täuschen und in die Falle des Zwingers locken. Im Zuge der Gartenschauplanung haben sich etliche ältere Gmünder gemeldet, die als Kinder noch abenteuerlustig in den unterirdischen Gängen herumgekrochen waren. Zuletzt waren die Stollen teilweise eingestürzt. Ein schwerer Schachtdeckel auf der Fahrbahn gibt allerdings noch den Zugang frei.
Zusammen mit Werner K. Mayer, Initiator und Motor des Salvator-​Freundeskreises sowie absoluter Gesteinsexperte, nahmen wir die bislang verborgene Bogenbrücke an diesem historischen Ort unter die Lupe. Was ihm sofort auffiel: Eine reiche Vielfalt an Sandsteinblöcken aus mehrere Epochen und Steinbrüchen. Die Bogenbrücke ist mittels des Systems erbaut, das schon die Römer entwickelt hatten. Anhand alter Urkunden und Inschriften ist 1828 als Baujahr nachweisbar. Konsolen, die Schießscharten und auch manche Steinquader verdeutlichen aber auch, dass es einen Vorgängerbau gab. Nach Beobachtung von Werner K. Mayer handelt es sich bei dem Baumaterial einerseits um Stubensandstein, der wohl aus den gleichen ortsnahen Steinbrüchen aus dem nördlichen Stadtgebiet stammt, wo beispielsweise auch schon die Münsterbaumeister ihr Material aus den Berghängen schlugen ließen. Einen Teil des Mauerwerks, vermutlich bei späteren Ausbesserungen benötigt, ordnet Werner K. Mayer sehr eindeutig einem Schilfsandstein-​Steinbruch bei Waldhausen zu (um 1837). Interessant, so meint er weiter, wäre natürlich eine Aufklärung der deutlich angebrachten Steinmetzzeichen. Solche finden sich auch auf weitaus älteren Bauwerken der Stadt. Denkbar laut Mayer auch: Die vielen prächtigen Steinquader der Fünfknopfturmbrücke könnten beim Abbruch von Stadtmauer und Wehrtürmen wiederverwertet worden sein oder aus dem Lager einer Bauhütte entstammen. Vieles deutet daraufhin, dass es sich bei der Fünfknopfturmbrücke um die älteste Gmünder Brücke handelt.
Aus den Mitteln der Denkmalpflege und der Städtebauförderung will nun die Stadt rund 110 000 Euro investieren. Geplant ist das Entfernen des Betondeckels und ein denkmalgerechter Rückbau auf die ursprüngliche Gewölbebreite innerhalb eines idyllischen Ensembles, das gewiss Landesgartenschau-​Besucher ebenso begeistern wird wie Stadthistoriker und geschichtsinteressierte Bürger.