Vorsitzender des Bauernverbands lässt nichts Gutes an Landwirtschaftsminister Alexander Bonde

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Den Grünen der Landtagsfraktion, die gerade in Aalen in Klausur sind, müssen die Ohren geklingelt haben: Anton Weber, Vorsitzender des Bauernverbands Ostalb, prügelte wortgewaltig auf die Landesregierung ein: Mit Grün-​Rot habe man eine Öko-​Diktatur bekommen.

Donnerstag, 12. Januar 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
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OSTALBKREIS (gr). Landwirtschaftsminister Alexander Bonde sei ein Agrarexperte ohne Qualifikation, ein Absageminister, der keine Einladung der Bauern annehme. Mit Grün-​Rot habe man eine Öko-​Diktatur bekommen, die beim Grünlandumbruchverbot alle gefragt habe, außer dem Fach-​, sprich Bauernverband.
„Wir schützen alles, außer den landwirtschaftlichen Flächen“, ärgerte er sich. Wenn jetzt noch sieben Prozent stillgelegt würden und 10 Prozent für regenerative Energien bereitgestellt werden müssten, sei das nicht mehr leistbar. Kritik an der Tierhaltung auf den Höfen wies Weber zurück. Tierschutz liege im eigenen Interesse der Landwirte, schließlich hingen Leistung und Wohlbefinden der Tiere eng zusammen.
Die Energiewende sah Weber als Chance. Doch sei nicht zu akzeptieren, dass für Windkraft der Landwirtschaft vier Hektar als Ausgleichfläche entzogen würden. Weber warb fürs Biogas. Ein Hektar Mais binde doppelt so viel Kohlendioxid wie ein Hektar Buchenwald und die Bauern achteten über die Fruchtfolge darauf, dass die Böden fruchtbar blieben.
„Strom aus Biogas hat Zukunft, er kann die Grundlast verlässlich absichern“, sagte Weber. Doch es gebe auch eine Goldgräberstimmung. Wichtig sei deshalb die Zusammenarbeit der Eigentümer mit dem Landkreis und den Kommunen.
Für eine solche Zusammenarbeit warb Landrat Klaus Pavel. Mit der Energiewende von der Kern– zur Kornenergie sollten die Landwirte mit Augenmaß umgehen. Bei manchen blinkten schon die Dollarzeichen in den Augen. Die Landwirtschaft sei ein starker wirtschaftlicher Faktor in der Region. 2500 Betriebe gebe es im Kreis, die 3000 Menschen beschäftigen. Zwei Drittel der Kreisfläche würden landwirtschaftlich genutzt, 60 Hektar für den Ackerbau und 60 Hektar als Wald.
Ein dickes Kompliment machte Pavel der Landjugend. Die setzte sich mit einer Unterschriftenkampagne im Foyer gegen den Flächenverbrauch ein. Allein in Baden-​Württemberg würden pro Tag drei Hektar versiegelt, 90 Hektar sind es in Deutschland, was in etwa der Fläche von 120 Fußballfeldern entspricht.
Die Bundesregierung gebe von 2009 bis 2012 rund 700 Millionen Euro aus, um die Lage der Bauern zu verbessern, sagte der CDU-​Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter. Ellwangens Oberbürgermeister Karl Hilsenbek lobte die Bauern dafür, dass sie die Landschaft und die Artenvielfalt erhalten und hochwertige Lebensmittel erzeugen. Die Menschen im ländlichen Raum dürften nicht abgehängt werden, weder bei der Bildung, der medizinischen Versorgung oder bei der Breitbandverkabelung. Die Datenautobahn sei ein wichtiger Standortfaktor und auch für die Bauern unverzichtbar.
Zu Beginn hatte der Landfrauenchor mit seiner Dirigentin Ingrid Phlipp die Gäste schon mal musikalisch eingestimmt: „Wer baut auf Werte, nicht auf Sand, das ist die Kraft vom Land.“
„Landwirtschaft ist Wirtschaften auf dem Land“, sagte der Präsident des hessischen Bauernverbands, Friedhelm Schneider, es gehe den Bauern darum Geld zu verdienen und Gewinne zu machen. Das sei nicht ehrenrührig, sondern notwendig. Wobei Schneider wenig Zweifel daran ließ, dass EU, Bundes– und Länderregierungen wenig besseres zu tun hätten, als die Bauern genau daran zu hindern.
Bei der Argrarreform werde bestes Ackerland stillgelegt: „Da werden Kammmolche geschützt und Menschen verhungern.“ In dem Stil ging es eine Stunde lang weiter, es gab viele markige Sprüche und wenig Argumente. Die Politik habe beim Dioxinskandal überzogen, kein Landwirt mute seinen Tieren gesundheitsgefährdendes Futter zu, und wo sie zukaufen müssten, seien sie den Lieferanten ein Stück weit ausgeliefert und nicht selbst verantwortlich. Man brauche nicht weniger, sondern mehr Tierhaltung, eine transparente und standortnahe Produktion. Das werde den Bauern schwer gemacht. „Wir haben zu viele Rindviecher, aber zu wenig Grasfresser bei uns.“
Beim Geflügel sei es Wettbewerbsverzerrung, wenn die in Deutschland die Hühner in Freiland– und Boden gehalten werden müssten, die verbotenen Käfige aber gleichzeitig im Osten wieder aufgebaut würden. Und alle Gutachten des Bund zweifle er sowieso an, weil der Auftraggeber die Richtung vorgeben.
Auf Landesebene stehe bei der Agrarpolitik nicht die Wertschöpfung im Vordergrund, sondern die Vergütung der gesamtgesellschaftlichen Leistung. Davon hält Schneider nichts: „Wir Bauern können Erosionsschutz und Gülleausbringung auch ohne staatliche Verordnung.
Schneiders Fazit: Verhaltener Optimismus, weil die Bauern eigenständiger seien, sich dem Markt öffneten, die weltweite Nachfrage nach ihren Produkten steige und die Energiewende neue Tätigkeitsfelder biete. Die Bauern müssten aber darauf achten, dass ihre Handelspartner sie angemessen am Verdienst beteiligten. „Wir haben noch viel zu tun.“