Parolenschmierei verletzt Türkisch Gmünder in Herz und Seele

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Betroffenheit, Traurigkeit, Empörung haben die Parolen– und Farbschmierereien ausgelöst, die in der Nacht zum Sonntag unter anderem an der Gmünder Moschee angebracht wurden. Der Staatsschutz ermittelt. Am Montag informierte sich auch Ahmet Akinti,türkischer Generalkonsul in Stuttgart, über die traurigen Ereignisse in Gmünd (Bild).

Montag, 26. September 2016
Rems-Zeitung, Redaktion
197 Sekunden Lesedauer

Der oder die bislang unbekannten Täter hatten mit schwarzer Sprühfarbe an mehreren Stellen zugeschlagen. Polizei-​Pressesprecher beschreibt eine diffuse Wort– und Buchstabenwahl, verbunden auch mit Hakenkreuzen. Auch die Polizei werde in den vorgefundenen Parolen beleidigt.Die Schmierereien wurden im Laufe des Sonntags an einem Lkw, am Aussichtspunkt Lindenfirst und im Straßenbereich entdeckt. Die Polizei gehe davon aus, dass all diese Taten im Zusammenhang stehen.
Von allen Farbschmierereien hat besonders jene am Minarett an der neuen, architektonisch so gelungenen Gmünder Mosche an der Becherlehenstraße tiefe Wunden in die Herzen und Seelen von türkischen Mitbürgern geschlagen. Dies wurde bereits am Sonntag deutlich, als sich zahlreiche Mitglieder der türkisch-​muslimischen Ditib-​Gemeinde spontan in der Becherlehenstraße versammelten, um die Schmiererei zu betrachten.
Es handelt sich nicht nur um eine zutiefst beleidigende Äußerung gegen die Weltreligion des Islam, sondern die Parole wurde auch noch direkt auf ein dort angebrachtes Rosen-​Relief aufgesprüht. Man muss dazu wissen: In der islamischen Kultur steht die Rose als Symbol für den Propheten Mohammed. Besonders perfide: Symbol des Propheten geschändet
Selcuk Lok, Imam der Gmünder Moschee, sagte gestern, dass dieser Anblick „für uns alle sehr verletzend“ gewesen sei. Gewiss werde er beim nächsten Freitagsgebet, wenn sich die gesamte Gemeinde versammelt, auf den Vorfall eingehen. Das werde von ihm erwartet. Er werde Betroffenheit zum Ausdruck bringen, vor allem aber auch die Aufforderung, keine Angst zu haben, der Polizei Vertrauen zu schenken sowie den gemeinsamen Weg des Friedens und der Verständigung mit allen Menschen in Schwäbisch Gmünd fortzusetzen. Ähnlich äußerte sich auch Emin Cakmak, Vorsitzender des Moschee-​Vereins, und alle seine Vorstandskollegen, die sich am Sonntag versammelten, um die Ereignisse zu erörtern, auch seelisch zu verkraften. Im toleranten Gmünd hatte so etwas keiner befürchtet. Im Beisein auch von Polizeidirektor Helmut Argauer, der sich auch sehr betroffen zeigt, gab es nun gestern vor Ort eine weitere Zusammenkunft mit dem herbei geeilten türkischen Generalkonsul Ahmet Akinti. Er beschrieb danach bei einem Pressegespräch seine Sorge angesichts von sich landesweit häufenden Straftaten aus dem rechtsradikalen Spektrum, die sich gegen türkische Einrichtungen und gezielt auch gegen muslimische Gemeindezentren richten. Aber auch er setzt Vertrauen in die deutschen Ermittlungsbehörden. Ahmet Akinti und Emin Cakmak machten aber auch aus persönlicher Betroffenheit und Traurigkeit keinen Hehl. So beschreibt der in Schwäbisch Gmünd geborene Emin Cakmak, dass sich die türkischstämmigen Mitbürger hier schon seit einem halben Jahrhundert mit Moschee– und Integrationsarbeit bemühen, vollwertig anerkannte Mitglieder der Gesellschaft in Deutschland zu sein. Doch immer noch hätten viele das Gefühl, dass dazu die Türen und Herzen der bodenständigen Bevölkerung nicht vollständig geöffnet werden. Es gebe durchaus Verunsicherung, manchmal auch Angst, wie es weitergehe. Seitens der Gmünder Moschee werde man jedoch nicht aufhören, mit Frieden und Freundschaft auf ein gutes Miteinander und interreligiösen Austausch hinzuarbeiten. Er freue sich auf das bevorstehende Friedensgebet gemeinsam mit den Gmünder Christen. Und schon heute seien alle Gmünder zur nächstes Kermes sowie zu den anderen Veranstaltungen der türkisch-​muslimischen Gemeinde herzlich eingeladen, um den Dialog zwischen den Menschen zu pflegen. Der Gmünder Emin Cakmak formulierte auf Schwäbisch: Es gebe überall auf Welt Deppen, denen aber diese nie und nimmer überlassen werden dürfe. Auch der Generalkonsul appellierte: Es sei ganz wichtig, auf lokaler Ebene den Dialogprozess fortzusetzen, um damit rechtsradikale Tendenzen und Parolen einzudämmen sowie solche Attacken gegen Moscheen zu ächten. Das taten bereits einige politische Kräfte. Bereits am Sonntag äußerte sich Bürgermeister Dr. Joachim Bläse zutiefst beschämt. Und er meint: Umso wichtiger sei es nun, am 1.Oktober um 18.30 Uhr mit dem gemeinsamen Friedensgebet im Prediger ein starkes Zeichen für Verbindendes der Religionen und fürs Miteinander zu setzen.
Auch die Gmünder Grünen haben gestern die Hakenkreuz– und islamfeindlichen Schmierereien an der Ditib-​Moschee scharf verurteilt. Grünen-​Kreisvorsitzender Alexander Schenk sieht in den fremden– und polizeifeindlichen Schmierereien an der Gmünder Moschee „einen nicht tolerierbaren Akt gegen unsere weltoffene Stadt, in der Toleranz und Vielfalt gelebte Selbstverständlichkeiten sind“. Der Grünen-​Politiker macht insbesondere „die negative Stimmungsmache von Seiten rechter und konservativer Politiker in den tagtäglichen Berichterstattungen“ für solche Taten mitverantwortlich. Und: „Wir sind jetzt als Stadtgesellschaft und Kommunalpolitik gefordert, gegen jede Art von Fremdenfeindlichkeit frühzeitig und geschlossen entgegenzutreten“. Er betont: „Der Islam ist inzwischen ein Teil unserer Stauferstadt.“ Die Polizei bittet die Bevölkerung dringend um Mithilfe. Wer hat in der Nacht zum Sonntag verdächtige Wahrnehmungen an den genannten Bereichen der Parolen– und Hakenkreuzschmierereien (Lindenfirst/​Becherlehental/​Pfitzerstraße) gemacht? Es könnte auch sein, dass sich der oder die Täter mit der schwarzen Farbe z.B. an den Händen oder an der Kleidung verschmutzt haben. Sachdienliche Hinweise bitte ans Polizeipräsidium Aalen, Abteilung Staatsschutz, Tel. 0 71 51/​95 00.