Gekrönte Häupter zu Gast in Gmünd

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Der, in dessen Reich die Sonne nicht unterging, war hier. Napoleon gleich zweimal, und die beiden waren nicht die einzigen Langzeit-​Promis, die hier übernachtet haben. Darauf verweisen jetzt sieben Tafeln. Das Beste daran: Es kostet nicht viel und der Stadt überhaupt nichts.

Samstag, 24. März 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
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SCHWÄBISCH GMÜND (bt). Die ersten sieben Tafeln sind Napoleon Bonaparte gewidmet, am Rathaus, König Karl IV. an der Grät, König Ferdinand III. an der Fuggerei, Johann Wolfgang von Goethe am Marktplatz (H & M), Kaiser Karl VII. ebenfalls am Marktplatz – die Gmünder kennen das Gebäude als „Mohrennaze“, Kaiser Karl V. in der Augustinerkirche und König Rudolf von Habsburg im Spital. Stadtarchivar Dr. Klaus-​Jürgen Herrmann, der diese Aktion initiiert hat, konnte für die Texte auf das inzwischen vergriffene Buch von Professor Dr. Helmut Ohnewald „Wenn die Steine reden könnten“; Historische Personen in Gmünd, aus Gmünd und über Gmünd, 1986“ zurückgreifen, an dem er damals mitgearbeitet hat. Finanziert wird das Ganze über die Bürgerstiftung, die gestern von Werner Debler vertreten wurde. Der Öffentlichkeit wurde dieses Projekt vorgestellt, als die „König Karl IV.“-Tafel angebracht wurde – der bei seinem Gmünd-​Besuch im Februar 1348 noch nicht zum Kaiser gekrönt war. Diese Tafel freilich hing dort nicht lange: OB Arnold fand den Text ergänzungsbedürftig. Informiert wird darüber, dass der König hier Peter Parler traf, dessen Vater damals das Langhaus des Münsters errichtete und der Karl Jahre später die kaiserliche Residenz ausbaute. „Die Kerle kann man brauchen“, hat der hohe Gast gedacht; so zumindest malt es sich Werner Debler lächelnd aus. Arnold findet nun, dass etwa die Karlsbrücke, ein Prager Wahrzeichen, explizit genannt werden soll. Weder die Kosten noch der Zeitaufwand für eine entsprechende Änderung sind nennenswert, so dass Arnolds Wunsch erfüllt wird. Interessant ist – manche Dinge ändern sich nie –, dass einer der Verwaltungsbeamten am Hof, Peter Zeiselmüller, ein Gmünder war; er war es wohl, der für Gmünd und die Parler geworben hatte. Dass Karl IV. tatsächlich in Gmünd war, steht noch gar nicht so lange fest. Noch beim Gmünder Historienspiel „Peter Parler“, 1999, durfte nur ein Gesandter des Herrschers auftreten. Arnold, der damals den Peter Parler spielte, lächelte: „Lisa Elser wird ihr Stück wohl umschreiben müssen.“
Dr. Herrmann, Debler und Arnold wussten gestern zu allen ausgewählten gekrönten Häuptern – Goethe ist immerhin der Dichterfürst schlechthin – etwas zu sagen. Als etwa Kaiser Karl V., Herrscher der Welt, im kleinen Gmünd weilte, übernachtete er im Kloster der Augustiner — und das war eine politische Stellungnahme, war doch Martin Luther ein Augustinermönch und der Orden in Bedrängnis. Wer weiß schon, dass Napoleon gleich zweimal in Gmünd war und einmal, 1805, im Rathaus übernachtete: Hat OB Arnold Kinder zu Besuch, erzählt er ihnen gerne von der schaurigen Nacht zum 6. Oktober, in der in seinem Amtszimmer alljährlich geisterhafte Stimmen zu hören seien. Oder Rudolf von Habsburg, der 28 Jahre hier war, und das Spital gründete und unter seinen Schutz nahm – damit war Gmünd noch vor Hamburg und anderen Metropolen eine der ersten Städte überhaupt mit einer solchen Einrichtung.
So wird Geschichte lebendig. Kein Wunder, dass andernorts schon längst vergleichbare Tafeln in den historischen Stadtkernen zu sehen sind. Werner Debler und Oberarchivrat Herrmann haben nun einen Anfang gemacht. Die ersten sieben Tafeln, entworfen von Claus Prade, werden an Häusern angebracht, die in direktem Bezug zu den entsprechenden historischen Persönlichkeiten stehen. Gesamtkosten: rund 500 Euro. Später kann diese Galerie dann noch erweitert werden. Anregungen nehmen Bürgerstiftung und Stadtarchiv entgegen.