Ausstellung „Menschenbilder“ des Hans-​Baldung-​Gymnasiums bei der Gmünder VHS

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Noch bis zum 12. April findet im Foyer der Volkshochschule eine Ausstellung mit Arbeiten aus dem Kunstunterricht des HBG statt. Sozusagen aus der laufenden Produktion von den Lehrern des Fachbereichs zusammengestellt, entsteht ein recht guter Eindruck, wie Kunst in der Schule heute sein kann.

Freitag, 14. März 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
167 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND. Die Ausstellung „Menschenbilder“ – ermöglicht von der Gmünder Volkshochschule – ermöglicht es, Schülerarbeiten von der fünften Klasse bis zur Kursstufe zu zeigen. Bei der Vernissage wurde die insgesamt heitere Erscheinungsweise der Präsentation musikalisch ebenso witzig wie unterhaltsam noch gesteigert. Den Anfang machte die Klasse 7 b mit Percussionsaktionen mit Haushaltsgeräten wie Essbestecken, Leitern und Plastikbechern. Dann, nach bewusst kurz gehaltener Begrüßung und Einführung, legte Paul Kubas, 8. Klasse, mit einer schwungvollen Beatbox-​Einlage nach. Kunstlehrer Karlheinz Hegele führte in die Ausstellung ein und machte auf das bewusst breite Spektrum aufmerksam. Zu sehen seien Schülerarbeiten von Klasse 5 bis zum Abitur, also von einem Alter von 10 Jahren bis hin zur Volljährigkeit. Das meiste stamme aus der Arbeit des laufenden Schuljahres, „ist also auch ein Spiegelbild unserer wirklich alltäglichen Arbeit“. Gemäß den unterschiedlichen Altersstufen seien die Vorgehensweisen und Bildlösungen sehr verschieden. Dem aufmerksamen Beobachter werde aber schnell aufgehen, dass es sich dabei um ein immer intellektueller werdendes Auseinandersetzen mit immer wieder gleichen Grundthemen dreht: Eben dem Thema Menschenbilder und dabei mit dem Menschen, mit dem man sich zeitlebens am meisten auseinandersetzt – nämlich mit sich selber. Er berichtete von der von ihm gestellten ersten Aufgabe in Klasse 5, einem Werk in Anlehnung von Hans Baldungs Selbstbildnis als junger Mann mit Mütze. Hegele: „Damit werden die Schüler erstmals bildnerisch vor die Frage gestellt: Wer bin ich? Wer möchte ich sein? Wer lieber nicht? Wie zeige ich mich? Was behalte ich lieber für mich? Mit wem identifiziere ich mich? Wie sehe ich andere?“ Für Jugendliche seien das immer spannende Fragen, die man in Bildern auch wunderbar verschlüsseln könne – unbewusst oder auch sehr bewusst . Der Bogen beginne in der Unterstufe mit Arbeiten voller noch ganz kindhafter Vorstellungswelten: „Der Mensch noch in der Möglichkeit zu märchenhaftem Spiel und Verwandlung.“ Da gebe es die aus Obst oder Gemüse aufgebauten Arcimboldo-​Köpfe, das Habegele, das seinen Bildschabernack treibt, Kritzelmonster, die sich selten gehörte Geschichten erzählen, da zeigt sich, das geheime Tier in mir. Langsam, so Karlheinz Hegele, beginne aber auch schon der reflektierende Blick auf den anderen – vielleicht einmal aus einer fremden Perspektive: „Wir spielen Mäuschen und sehen aus dieser Sicht eine Fußgängerzone: Und schon werden aus den vertrauten Klamotten und Schuhen ein bedrohlicher Wald aus Beinen mit trampelnden Ungetümen.“ In der Mittelstufe werde neben der deutlich wachsenden Beherrschung der menschlichen Figur in Proportion und Bewegung sowohl bildhaft als auch figürlich plastisch diese reflektorische Note fortschreitend stärker, das altersgemäß pubertierende Ich beschäftige sich mit Rollenmustern und Klischees. Dazu steige mit der Zeit der immer größer werdende Abstraktionsgrad: die grafisch harte Tontrennung der Linolschnitte, das plastische Volumen als Hohlform nur von der Linie im Raum definiert, die Adaptierung und gleichzeitige Verfremdung gefundener Objekte. Den Abschluss bilde die Oberstufe mit einem noch einmal gesteigerten Reflexionsgrad. Die gegenwärtige Lehrplanvorgabe „Selbstdarstellung und Verwandlung“ mit seinen Künstlerschwerpunkten Rembrandt und Cindy Sherman passe zufällig, aber wunderbar in das Thema der VHS-​Ausstellung und bringe zwangsläufig noch einmal den Blick auf das eigene Ich: „Bin ich’s? Oder bin ich’s nicht? Was gebe ich preis? Was verberge ich lieber?“ Blicke man heute in Facebook oder Whatsapp sei es der große Trend, sich selbst in allen möglichen Posen ins Bild zu setzen und ins Netz zu stellen, so Hegele, nach dessen Ansicht das künstlerische Arbeiten, wie es in der Ausstellung zu sehen sei, um einiges reflektierter und kontrollierter sei. Und es kämen menschliche Aspekte dazu, die sich im grenzenlos hedonistischen oder zynischen Weltweitnetz so eher selten finden, beispielsweise die Frage nach der Sinnhaftigkeit oder Absurdität menschlichen Handelns in den Figurengruppen „Gemeinsam geht’s“ oder auch die Beschäftigung mit dem menschlichen Körper als Torso im Sinne des durch Gewalt verletzten Individuums. Wenn man am Ende der Schulzeit stehe, seien das durchaus Themenstellungen, die einem Abiturienten gemäß seien, so Karlheinz Hegele.