Aus der „Bürgerinformation“ wurde gestern Abend in Täferrot eine Bürgerversammlung zum Thema Windkraft

Ostalb

Rems-Zeitung

Windkraft ist in Täferrot ein Thema, das bewegt. Deutlich über hundert Bürgerinnen und Bürger kamen gestern zum Informationsabend; viele äußerten unmissverständlich ihren Unmut - sie werden, auch das wurde deutlich, gegen die geplanten Anlagen kämpfen.

Donnerstag, 10. Juni 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
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TÄFERROT (bt). Angekündigt war eine Bürgerinformationsveranstaltung, doch sehr schnell zeigte sich, dass die Bürgerinnen und Bürger lieber konkrete Fragen stellen und „gleichberechtigt“ Stellungnahmen abgeben wollten.
Zunächst machte Bürgermeister Renner deutlich, warum er sich mit der Bitte, den Täferroter Standort zu prüfen und gegebenenfalls im Nordwesten Utzstettens zwei Windkraftanlagen zu errichten, an die Firma Uhl Windkraft gewandt hatte: „Unsere finanzielle Lage ist katastrophal“. Die Mindestzuführung werde in diesem Jahr um 159 000 Euro unterschritten, „in den nächsten vier Jahren fehlen 600 000 Euro an Investitionskraft“. Seine Ausführungen hörte sich die Versammlung noch an, doch die Uhl-​Mitarbeiter, allen voran Chef Franz Uhl und sein Projektleiter Karl-​Heinz Linke, die die Vorteile der Windkraftnutzung und die nötigen Gutachten darstellten, wurden recht schnell gestoppt.
In der Gemeinde Täferrot gibt es vor allem in Utzstetten Widerstand. Martin Feifel etwa versicherte, er höre die bestehenden Anlagen auf Ruppertshofer Markung bereits jetzt. Das Wohl der Bürger dürfe nicht beeinträchtigt werden. Deutliche Kritik galt Bürgermeister Renner: Es sei nicht fair gewesen, die Verdoppelung der Grundsteuer mit dem Bauvorhaben Windkraftanlage zu verbinden (die RZ berichtete). Damit sei ein „Keil in die Gemeinde“ getrieben worden.
Auch mehrere, zum Teil bestens vorbereitete Striethofbewohner meldeten sich zu Wort; der Abstand der neuen Anlagen zu dieser auf Ruppertshofer Markung liegenden Ansiedlung würde nur knapp über 500 Meter betragen, zudem käme dann der Lärm praktisch von allen Seiten. Einige sprachen von den zu erwartenden Beeinträchtigungen für ihre Familien und von ihrer Enttäuschung darüber, dass bereits in der Vergangenheit finanzielle Interessen über ihr Wohl gestellt worden seien. Ein dort lebender Stadtplaner fasste die von der RZ bereits vorgestellten Argumente gegen die Anlagen zusammen: Er sprach von einem massiven Eingriff in die freie Natur und von einer „Verspargelung der Landschaft“; zudem forderte er tausend Meter Mindestabstand zur Wohnbebauung, wie dies etwa in Hessen gelte. Sein größtes Anliegen: Die Fortschreibung des Regionalplans abwarten und keinesfalls auf ein vereinfachtes Verfahren setzen, das in drei Monaten über die Bühne gebracht werden könnte. Es gebe für Windkraft vorgesehene Flächen, und es gehe nicht an, unkontrollierten Wildwuchs zu genehmigen: „Die Regionalplanungsbehörde muss diesen Unsinn verhindern“. Ein anderer Striethöfer war schlicht entsetzt: „Ich dachte, über die neuen Anlagen wird nur nachgedacht, jetzt stelle ich fest, wir sind schon halb im Genehmigungsverfahren“.
Die Fragen wurden beantwortet von Verbandsdirektor Thomas Eble vom Regionalverband und von einer starken Ostalbkreis-​Riege, die zeigte, dass das Thema ernst genommen wird: Die Erste Landesbeamtin Gabriele Seefried war ebenso da wie Sabine Englert, Ingeborg Haas, Sabine Heß und Klaus-​Dieter Scholze von der Umwelt– und Gewerbeaufsicht. Sie erklärten, dass die Lärmbelastung vor dem Errichten einer Anlage nicht gemessen, wohl aber berechnet werden kann. Später dann werde selbstverständlich gemessen, und wenn sich herausstelle, dass die Richtwerte überschritten seien, werde die Drehzahl reduziert oder die Anlage ganz still gelegt – es gebe keinen Bestandsschutz. Scholze versicherte, er selbst habe auf Ruppertshofer Markung mehrfach gemessen, und die Obergrenzen — in der Nacht 45 dB(A) – seien stets deutlich unterschritten worden. Glücklich war die Versammlung nicht damit: Die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm), die diesen Richtwert vorgebe, sei längst nicht mehr zeitgemäß; der permanente Lärm bedeute Stress, und, wie gesagt, es gehe nicht an, so etwas ohne entsprechende Fortschreibung des Regionalplans zu bauen.
Bis Redaktionsschluss war die Diskussion nicht beendet — die RZ berichtet.