Abschied von Pfarrerin Ulrike Förschler in der evangelischen Kirchengemeinde Göggingen-​Leinzell am Sonntag

Ostalb

Rems-Zeitung

Am Sonntag, 6. Juni, kurz vor ihrem 65. Geburtstag, wird Ulrike Förschler in einem gemeinsamen Gottesdienst des Distrikts Schw. Wald als Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Göggingen-​Leinzell verabschiedet. Ein Rückblick auf ihre 17-​jährige Tätigkeit in den Leintalgemeinden.

Freitag, 04. Juni 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
172 Sekunden Lesedauer

GÖGGINGEN/​LEINZELL (dw). Am Sonntag, 6. Juni, kurz vor ihrem 65. Geburtstag, wird Ulrike Förschler in einem gemeinsamen Gottesdienst des Distrikts Schwäbischer Wald als Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Göggingen-​Leinzell verabschiedet. Durch die Einsparungen, die der Pfarrplan 2011 für den Kirchenbezirk Schwäbisch Gmünd vorsieht, wurde die Stelle in gekürztem Umfang ausgeschrieben (75%) und eine Kooperationsvereinbarung mit der Kirchengemeinde Eschach getroffen.
Pfarrerin Förschler verlässt nun nicht nur die Kirchengemeinde Göggingen-​Leinzell, sondern auch ihren Wohnsitz im Pfarrhaus in der Zeppelinstraße in Leinzell und blickt auf 17 Jahre als evangelische Pfarrerin in der Gemeinde zurück:
Frau Förschler, was hat sie dazu bewegt, Pfarrerin zu werden?
Anfang der siebziger Jahre bin ich von meinem Geburtsort Wolfenbüttel aus familiären Gründen nach Stuttgart gezogen. Durch meine Kinder fand ich Kontakt zur Kirchengemeinde Stuttgart-​Berg, wurde zu Gesprächskreisen eingeladen und absolvierte eine Ausbildung, um die Mädchenjungschar übernehmen zu können. Ich brachte mich im Kirchengemeinderat der Gemeinde ein und arbeitete als Pfarramtssekretärin. In der Gemeinde lernte ich Pfarrer Dr. Werner Grimm kennen, dessen Art das alte und neue Testament zu vermitteln, mich sehr angesprochen hat, auch weil ich wissenschaftlich theologisch interessiert bin. Als Bibliothekarin bekam ich dann den Auftrag, die Bibliothek der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen zu ordnen. In dieser Zeit musste ich mich mit vielen religiösen Strömungen inhaltlich befassen und stellte mir selbst immer wieder die Frage: „Was bedeutet es für dich, evangelisch zu sein?“ Ich hatte davon gehört, dass es möglich sei, auf dem zweiten Bildungsweg Pfarrerin zu werden und hakte nach.
Haben Sie es also Ihrer eigenen Hartnäckigkeit zu verdanken, dass sie Pfarrerin geworden sind?
Kämpfen musste ich schon, um im Alter von 40 Jahren diesen Weg gehen zu können. Zum Ende der Ausbildung war ich Vikarin in Korb, dann ab dem Jahr 1993 Pfarrvikarin in Göggingen-​Leinzell und wurde mit 50 Jahren die Pfarrerin der Gemeinde.
Konnten sie sich bei der Stellenwahl frei entscheiden?
Nein, aber die ländliche Umgebung war für mich nie ein Problem.
Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?
Teilweise. Der Start war nicht leicht. Es gab Neubesetzungen innerhalb des Pfarramts und der Kindergarten „Villa Kunterbunt“ in Leinzell, dessen Träger die Kirchengemeinde ist, öffnete erstmals seine Pforten. Die Bürokratie und der Verwaltungsaufwand nahmen zunehmend mehr Zeit in Anspruch und sind doch nicht die eigentliche Berufung.
Pfarrerin zu sein ist?
Spannend — weil vielfältig. Aber auch belastend, weil man nie an einer Sache dran bleiben kann, sondern immer wieder herausgerissen wird.
Was ist Ihnen positiv aufgefallen?
Die Bodenständigkeit der Menschen. Besonders in Göggingen lernte ich die bäuerlichen Strukturen erst richtig kennen. Das hat sich seit meinem Dasein allerdings permanent zurück entwickelt. Göggingen hat sich in der Zeit sehr verändert, im Gegensatz zu Leinzell.
Was hat Ihnen im Beruf Freude gemacht?
Der Umgang mit den Menschen, dazu gehört auch die Begleitung bei Beerdigungen. Wichtig war es mir immer, die Gottesdienste besonders liebevoll und schön zu gestalten. Höhepunkte dabei waren Tauffeiern oder Hochzeiten.
Was werden Sie vermissen?
Gemeinsame Erlebnisse mit Kindern und auf Konfirmandenfreizeiten. Ökumenische Festgottesdienste und die Gemeindefeste.
Was konnten Sie anstoßen?
Die Idee zu einem ökumenischen Treffen — der „Treff am Vormittag“ hat sich sehr gut etabliert. Positiv war auch die Zusammenarbeit mit der katholischen Gemeinde, die sich im Lauf der Jahre zu einem guten Miteinander entwickelt hat.
Welche Bibelstelle gibt Ihnen Kraft?
Ich habe viele Lieblingsstellen in der Bibel, aber eine Stelle hat mich besonders getragen, sie steht in Römer 8, Vers 39 „Ich bin gewiss, dass nichts uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Jesus Christus ist, unserm Herrn“.
Wie sehen Sie die Zukunft für sich?
Ich möchte gerne die wissenschaftliche theologische Arbeit wieder aufnehmen und besuche im Herbst ein Seminar „Auf Luthers Spuren“. Gerne möchte ich kulturelle Angebote für interessierte Gruppen erarbeiten. Ansonsten möchte ich viel lesen, meine neue Wohnung in der Gmünder Weststadt genießen und endlich wieder einmal ausschlafen.