Praxisbezogener EWG-​Unterricht vor Ort: Exkursion des Realschullehrerseminars nach Berlin und Leipzig

Ostalb

Rems-Zeitung

Traditionsgemäß waren Realschulreferendare der Fächer Erdkunde und Gemeinschaftskunde zusammen mit Mentoren auf einer viertägigen Exkursion. Vor Ort konnten die fast 60 angehende Lehrerinnen und Lehrer Themenfelder des Fächerverbunds Erdkunde-​Wirtschaftskunde-​Gemeinschaftskunde (EWG) anschaulich erleben.

Dienstag, 08. Juni 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
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OSTALBKREIS (tl/​tob). Die Veranstaltung wurde von den Seminarlehrern Ulrich Hieber, Thomas Lenz, Martin Stengelin und Thomas Borstell in Kooperation mit Dr. Michael Rudloff von der Arbeitsgemeinschaft Staat und Gesellschaft sowie Hauptmann Christian-​David Bombelka von der Bundeswehr durchgeführt.
Schwerpunkt des ersten Themenblocks der Exkursion war die Auseinandersetzung mit der DDR-​Vergangenheit. Die ehemalige Stasi-​Untersuchungshaftanstalt Hohenschönhausen stellt ein bewegendes Zeugnis der deutschen Teilung und des Unrechtssystems der DDR dar. In der heutigen Gedenkstätte wurden die Methoden der Unterdrückung der Menschenrechte durch die Staatssicherheit der DDR durch die bewegenden Schilderungen ehemaliger politischer Häftlinge lebendig. In einer politischen Stadtführung entlang der ehemaligen Berliner Mauer erklärte der wegen „Verdachts auf versuchte Republikflucht“ 1985 inhaftierte Cliewe Juritza, wie Mauer und Todesstreifen die Menschen der Stadt fast 30 Jahre lang getrennt haben. Dort wo einst über 100 Menschen ihr Leben beim Versuch, diese Grenze zu überwinden, verloren, ist die Stadt wieder zusammengewachsen. Durch Verkehrswege und Regierungsgebäude, durch Museen, Geschäfts– und Wohnhäuser sind die Spuren der Teilung fast gänzlich verschwunden.
Aktuelle politische Fragen standen im Zentrum des zweiten Themenblocks. Im Deutschen Bundestag und im Verteidigungsministerium erhielten die Gmünder Lehrerinnen und Lehrer Anschauungsunterricht über die Arbeit von Regierung und Gesetzgebung im heutigen Deutschland. Eine zentrale Rolle für die deutsche Außen– und Sicherheitspolitik spielt der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan.
Seit die ersten deutschen Soldaten dort in Kampfhandlungen ihr Leben verloren haben, gerät die Frage nach dem Sinn dieser Mission immer stärker in den Fokus des öffentlichen Interesses. In zwei Diskussionsrunden hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, Sichtweisen und Perspektiven mit einem Vertreter des Verteidigungsministeriums sowie dem verteidigungspolitischen Berater der CDU/​CSU-​Fraktion auszutauschen.
Unter dem Motto „Des Geographen Anfang und Ende ist das Gelände“ stand der dritte Themenbereich der Exkursion. In den neuen Bundesländern sind allen beeindruckenden Aufbauleistungen zum Trotz die Folgen der deutschen Teilung noch immer allgegenwärtig. In Leipzig beispielsweise säumen zerfallene Gebäude die Wohnstraßen, sind seit der Wende ein Drittel der Einwohner abgewandert und lebt ein großer Teil der Einwohner von „Hartz IV“. Seit sich die Hoffnung auf „Blühende Landschaften“ nicht erfüllt hat, versuchen Bund und Länder mit Investitionszulagen aus den öffentlichen Kassen Großbetriebe anzusiedeln, die wiederum wie Leuchttürme einen Kreis von Zuliefern um sich scharen.
Ein gelungenes Beispiel hierfür ist das BMW-​Werk in Leipzig, in dem täglich 8000 PKW produziert werden. Die Führung durch das 2005 gebaute modernste Automobilwerk der Welt zeigt auf beeindruckende Weise die globale Verflechtung moderner Technologien in Entwicklung und Planung, in Logistik und Produktion.
Ein Leuchtturm ganz anderer Art ist der Braunkohletagebau Schleenhain. Die dort gewonnene Braunkohle wird im nahegelegenen Kraftwerk verstromt und versorgt etwa drei Millionen Haushalte mit elektrischer Energie. Mit modernster hochproduktiver Abbautechnik wird dort gewinnbringend Kohle abgebaut, wird die Landschaft renaturiert und werden die Menschen entschädigt, deren Siedlungen dem Tagebau zum Opfer fallen. Die Fahrt mit geländegängigen Personentransportern zu dem in 200 Metern Tiefe arbeitenden Abraum– und Kohlebaggern machte die gewaltigen Ausmaße dieses Tagebaus zum ganz besonderen Erlebnis. Durch die Vielfalt der Themen hat die Exkursion den Teilnehmern wiederum ein breites Spektrum von Eindrücken und Erkenntnissen für ihren Unterricht in Erdkunde, Wirtschaftslehre und Gemeinschaftskunde eröffnet. Diese bieten eine wertvolle Grundlage für eine anschauliche und fundierte Vermittlung dieser Inhalte und einen schülerorientierten Unterricht.