Großer Bahnhof unterm Rosenstein für die Premiere eines fliegenden Botschafters des Porsche-​Museums /​Meisterstück aus Heubacher Flugzeugwerft

Ostalb

Rems-Zeitung

In über 1000 Arbeitsstunden hat dasPorsche-​Museum, besonders aber die Heubacher Flugzeugwerft LTB Sammet GmbH Luftfahrttechnischer Betrieb und Pilot Jürgen Gassebner aus Nürtingen einen Oldtimer der Lüfte restauriert. Die „Pützer Elster B“ repräsentiert fortan nicht nur das Porsche-​Museum bei Flugtagen in ganz Deutschland,sondern ein spannendes Stück Ingenieurs-​Kunst und Wirtschaftsgeschichte aus der Nachkriegszeit.

Sonntag, 19. September 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
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HEUBACH (hs). Eigner und Pilot Jürgen Gassebner gibt schmunzelnd zu verstehen: Bei einem solchen Projekt müsse man ein Idealist, eben ein Liebhaber sein, doch in diesem Fall sei zu Beginn eine Scheidungsgeschichte gestanden. Wie das denn? Der Reihe nach: Das Porsche-​Museum hatte gestern zu einem großen Empfang auf den kleinen Verkehrslandeplatz in Heubach im Ostalbkreis eingeladen, um einen neuen Star vorzustellen, der zukünftig am Himmel überm ganzen Land das Porsche-​Museum vertreten soll. Dieser Star ist eine historische „Elster“aus den legendären Flugzeugwerken der Alfons Pützer KG in Bonn. Dieser Oldtimer der Lüfte gehörte in den 50er-​Jahren des letzten Jahrhunderts zu einer Konstruktion eines deutschen Flugzeugs, dessen Zuverlässigkeit Beliebtheit unter Sport– und auch Bundeswehrpiloten zu Beginn der Wirtschaftswunderepoche erstmals wieder in eine Serienproduktion mündete. Bis in die 60er-​Jahre hinein.
Das ganz Besondere, was gestern nun die Blicke von Porsche-​Chefarchivar Dieter Ladenberger und Museumsleiter Achim Steijskal aus Stuttgart sichtlich funkeln ließen: Exakt in diesem Flugzeugtyp starteten die Nachkriegs-​Porsche-​Ingenieure vor knapp 60 Jahren die ersten Gehversuche, um im vermuteten Wachstumsmarkt des Luftverkehrs Fuß zu fassen. Entwickelt wurde der Porsche-​Flugzeugmotor Typ 678, der erstmals in die „Pützer Elster B“ eingebaut wurde. Das Porsche-​Engagement in diesem Sektor sei freilich sehr begrenzt geblieben, wie Historiker Dieter Ladenberger, beschreibt. Denn zeitgleich habe sich seinerzeit viel schneller und damit lukrativer der Automobil-​Boom entwickelt, so dass sich Porsche auf den Bau von Sportwagen konzentrierte. Das wurde bekanntlich zum Erfolgsrezept des heute weltumspannenden Automobilkonzern. Dennoch gingen ganzen Motoren-​Serien in der Luft. Auf dem Heubacher Flugplatz gibt es alljährlich auch ein Stelldichein von Fliegern, die ein Porsche-​Triebwerk hinterm Propeller sitzen haben. In über 1000 Arbeitsstunden wurde die „Elster“ nun restauriert, um zukünftig diesen Teil der spannenden Entwicklungsgeschichte innerhalb der Historie des Porsche-​Konzern zu dokumentieren und bei Flugtagen und anderen Gelegenheiten als „Botschafter unseres Museums“ (Museumschef Stejskal) unterwegs zu sein. Eigner und absoluter Liebhaber dieses Projekts ist Pilot Jürge Gassebner aus Nürtingen. Der fliegt total auf seine „Liebste“: Denn mit gemütlichen 142 Sachen am Himmel, mit stabilen Flugeigenschaften durch große Tragflächen und mit der tollen Rundumsicht eines Hochdeckers sei das noch eine echte Fliegerei. Das erste Rendezvous mit der alten Dame sei 1995 in Villingen-​Schwenningen erfolgt. Es habe sich sozusagen um den Nachlass aus einer Scheidungsgeschichte eines Fliegerkameraden gehandelt. Etwa 400 Stunden sei er selbst als Flugzeug-​Restaurator tätig gewesen. Den Hauptanteil mit etwa 600 Stunden hätten die Spezialisten der Heubacher Firma Sammet bewältigt. Das Unternehmen ist u.a spezialisiert auf solche Oldtimer-​Instandsetzungen. Tragflächen und Flugzeugzelle der „Elster“ bestehen fast ausschließlich aus Holz mit einer Bespannung, was bei einer Restaurierung besondere Kenntnisse voraussetzen. In Heubach, wo das Flugzeug auch stationiert bleiben wird, sei damit ein Meisterstück historischer Luftfahrttechnik gelungen, so waren sich gestern alle Fachleute einig, die bei der Präsentation vor geladenen Gästen und Journalisten aus ganz Deutschland von SWR-​Moderator Matthias interviewt wurden. Dann erhob sich das Schmuckstück fast schon feierlich in die Lüfte. Es ist daran gedacht, den Porsche-​Flieger im Winterhalbjahr auch im Museum selbst zu präsentieren.