Langzeitarbeitslose nicht vergessen

Ostalb

Rems-Zeitung

Der arbeitsmarktpoltische Frühling scheint sich längst zum Hochsommer entwickelt zu haben, zumindest schrumpft die Arbeitslosenzahl. Was allerdings aus dem Blickfeld gerät, sind die Langzeitarbeitslosen.

Mittwoch, 12. Oktober 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
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OSTALBKREIS (kul). Rund 60 000 suchen in Baden-​Württemberg nach Aussage von Gerhard Segmiller einen Weg in den ersten Arbeitsmarkt. Der Ministerialdirigent im Landessozialministerium versicherte bei der Eröffnungsveranstaltung der Predigt– und Kollektenaktion des Fördervereins Regionales Bündnis für Arbeit zugunsten von Langzeitarbeitslosenprojekten im Ostalbkreis, dass die neue Landesregierung sich verstärkt diesem Thema widmen wolle.
Der erste von insgesamt 80 Gottesdiensten wurde am Samstagnachmittag von Dekan Dr. Pius Angstenberger und Dekan Ralf Drescher in der Aalener Stadtkirche gefeiert. Noch bis zum vierten Advent wollen nahezu 50 Prediger den Gottesdienstbesuchern die Notwendigkeit verdeutlichen, sich verstärkt den Langzeitarbeitslosen zuzuwenden.
Als erster Prediger erinnerte Landrat Klaus Pavel an das seit 1998 anhaltende Engagement des Bündnisses für Arbeit. Insbesondere würden Jugendlichen bei der Suche nach einem Ausbildungs– beziehungsweise Arbeitsplatzes unterstützt. „Wir brauchen für die anlaufende Aktion einen noch engeren Schulterschluss“, forderte Pavel und erinnerte daran, dass trotz der guten Arbeitsmarktzahlen rund 7300 Hartz-​IV-​Empfänger im Kreis lebten. „Das sind keine statistischen Zahlen, sondern Einzelschicksale.“
Unterschiedlichste Gründe nannte er als Ursache, warum diesen die Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt ohne fremde Hilfe nicht gelingen könne. Brücken sollten deshalb für sie gebaut werden. Ein Engagement, das überdies ein Zeichen gegen Gleichgültigkeit setze.
In seiner Predigt zog Dekan Dr. Angstenberger „Johannes 5“ zur näheren Erläuterung heran, um mit dem daraus stammenden Zitat „Ich habe keinen Menschen“ auf die soziale Ausgrenzung von Langzeitarbeitslosen hinzuweisen. Positiv wertete er den Vorabzuspruch auf die Predigt– und Kollektenaktion. „Viele Menschen stehen engagiert dahinter, um anderen bei der Rückkehr zu einem menschenwürdigen Leben zu helfen.“
Im Ostalbkreis herrscht derzeit nahezu Vollbeschäftigung, wobei dennoch vier Prozent der Menschen ohne Arbeit sind. Mindestens drei Prozent lassen sich aufgrund eines Handicaps nur schwer in den regulären Arbeitsmarkt einbinden. Hinzu kommt ein überdurchschnittlich hoher Prozentsatz an Arbeitslosen über 50 und an alleinerziehenden Müttern.
Dass der Ostalbkreis bei den Arbeitslosenzahlen um drei Prozentpunkte besser abschneidet als der Bundesdurchschnitt, damit will sich niemand zufrieden geben. Der Förderverein „Regionales Bündnis für Arbeit“ will deshalb in der breit angelegten Initiative der Langzeitarbeitslosigkeit den Kampf ansagen. Dazu soll weiterhin auf Bewährtes gesetzt, gleichzeitig aber auch neue Projekte aus der Taufe gehoben werden.
Startsignal gab der ökumenische Gottesdienst, der vom Chor „Joy of Gospel“ und von Kirchenmusikdirektor Thomas Haller an der Orgel umrahmt wurde.
In von den jeweiligen Dekanen überbrachten Grußworten mahnten der katholische Bischof Dr. Gebhard Fürst und sein evangelischer Amtskollege Dr. Frank July übereinstimmend, dass niemand die Augen vor der Not anderer verschließen dürfe und dass den Schwachen in der Gesellschaft eine Perspektive eröffnet werden müsse.
Ministerialdirigent Gerhard Segmiller lobte in diesem Zusammenhang die finanzielle Unterstützung durch die EU, die dem Land zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit 266 Millionen Euro zur Verfügung gestellt habe. Überdies werde sich die neue Landesregierung in diesem Bereich besonders engagieren. Geplant sei ein sogenannter sozialer Arbeitsmarkt.
„Damit werden wir unter Mitwirkung der Kommunen und Kreise Arbeit finanzieren und nicht wie bisher die Arbeitslosigkeit“, sagte Segmiller.