Landfrauen im Hutsalon

Ostalb

Rems-Zeitung

Die Gmünder „Schwungfedern I“, eine Gruppe, die zum Kreislandfrauenverein gehört, besuchte kürzlich Gisela Hähnle in Schechingen. Sie betreibt dort, gemeinsam mit ihrer Enkelin Juliane Fischer, einen Hutsalon.

Freitag, 14. Oktober 2011
Rems-Zeitung, Sportredaktion
130 Sekunden Lesedauer


Von Dorothee Wörner
SCHWÄBISCH GMÜND /​SCHECHINGEN. Lebendig und unterhaltsam berichtete die über 80-​jährige aus ihrem Leben als Modistin, wobei ihr der Begriff „Hutmacherin“ lieber ist. Als junges Mädchen ging sie bei „Hut-​Hösch“ in Gmünd in die Lehre und machte sich später in ihrer Heimatgemeinde selbständig. Seither hat sie Hunderte von Kopfbedeckungen für Damen und Herren hergestellt, von der einfachen Mütze bis zum extravaganten, federgeschmückten, wagenradgroßen Hut. „Ja, die Nadel läuft noch bei mir“, erzählt sie mit dem Hinweis auf ihre geschickten Hände, aber immer mehr verlässt sie sich auf die kreative Begabung ihrer Enkelin die, ebenso wie sie die Meisterprüfung im Modistenhandwerk abgelegt hat.
Die Hochzeitswelle des europäischen Hochadels in diesem Jahr, hat auch den Salon in Schechingen erreicht. Immer wieder gibt es modebewusste Kundschaft, die für einen festlichen Anlass, genau dieses kleine Gesteck haben möchte, oder jene Hutkreation, die sie beim „Hochzeitgucken“ im Fernsehen entdeckt hatte. Wobei Frau Hähnle von manchen stylischen Ausrutschern abraten möchte, als Stichwort galt der geweihähnliche Hut den Beatrice, die Enkelin der englischen Queen, bei der Hochzeit von William und Kate trug.
Doch gegen Extravaganz ist nichts einzuwenden und so werden Schechinger Hüte bis nach Iffezheim zum Pferderennen getragen, dabei sind die Modistinnen Hähnle und Fischer für jeden Sonderwunsch offen. Gerne bedienen sie auch die bekannten Hutträger der Frickenhofer Höhe, den Sternwirt aus Mittelbronn beispielsweise oder Dr. Hagen Nowottny aus Eschach. Dass es Menschen geben soll, denen ein Hut nicht steht, lässt Frau Hähnle nicht gelten. Nach dem Motto „Jedes Töpfle find sei Deckele“, wird so lange an– bzw. aufprobiert bis ein Modell gefunden wird das passt. Immer noch ist sie sehr viel unterwegs, trifft Menschen und oft auch ihre, in Handarbeit gefertigten Hüte, „Ich kenne sie alle“, lacht Frau Hähnle, „eher noch den Hut als die Person der Trägerin oder des Trägers“.
Als am Hut die Konfession
zu erkennen war
„In früheren Zeiten“, so erzählt sie, „konnte beim Hutkauf auch die Konfession festgestellt werden.“ In katholischen Gegenden trug die Damenwelt Hut, die Evangelischen dagegen hatten mit Hut nichts „am Hut“. Inzwischen spielt das keine Rolle mehr, der Hut hat zum einen eine Schutzfunktion und bietet sich besonders bei schütterem Haar an. Daneben ist ein Hut aber auch Ausdruck eines ganz eigenen Stils und eines gesunden Selbstbewusstseins. Eine Kundin erzählte ihr von ihren Erfahrungen: „Auf eine Behörde gehe ich grundsätzlich nur mit Hut, denn man wird anders behandelt.“
Ganz verrückte Sachen hat sie schon genäht; Kopfbedeckungen für Guggenmusiker, orientalische Turbane gewickelt und für das Lisa Elser-​Stück „Irene von Byzanz“ die Krone der Irene gestaltet.
Für die Schwungfedergruppe hatte die Modistin eine Auswahl an Hüten mitgebracht, auf die sich die Frauen mit Begeisterung stürzten. Manches Modell wurde erst gar nicht mehr abgesetzt, so wohl fühlten sich die Trägerinnen damit. Die extravaganten Teile – oft nur eine Andeutung eines Hutes– wanderten dagegen von Haupt zu Haupt und es wurde überrascht festgestellt: „Nicht jeder Frau steht jeder Hut, aber für jede Frau gibt es ihn, den typgerechten, passenden Hut“