Konjunkturkommentar von Carl Trinkl, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Ostalb

Ostalb

Rems-Zeitung

Die Stimmung der deutschen Unternehmen hat sich im September erneut verschlechtert: Das ifo Geschäftsklima sank um 1,2 auf 107,5 Punkte und damit weniger stark als befürchtet.

Freitag, 21. Oktober 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
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OSTALBKREIS (rz). Nur unwesentlich schlechter als im Vormonat wurde die gegenwärtige Lage eingeschätzt, während die Zukunftserwartungen weiter überdurchschnittlich zurückgingen. Der Zeiger der um den strukturellen Pessimismus bereinigten ifo-​Uhr zeigt nunmehr auf Abschwung.
Die Geschäftserwartungen der Unternehmen für die kommenden sechs Monate haben sich ebenfalls merklich verringert: In nur zwei Monaten gingen sie um über sieben Punkte auf nunmehr 98,0 Punkte zurück. Das Niveau ist noch nicht dramatisch niedrig, das Ausmaß des Rückgangs der Zuversicht hingegen schon.
Nach Gründen muss nicht lange gesucht werden: Die Turbulenzen auf den Aktien-​, Devisen– und Rohstoffmärkten verunsichern die Unternehmen genauso wie die ungelöste Schuldenkrise in Europa. Dass es zuletzt zu merklichen Abwärtsrevisionen der Konjunkturprognosen durch die deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute und den IWF kam, lastete zusätzlich auf den Geschäftserwartungen. Derzeit steht die Zukunftseinschätzung der Unternehmen im Fokus der Konjunkturbeobachter. Investitionen werden nämlich nur dann getätigt, wenn zu erwarten ist, dass deren künftigen Erträge die Investitionskosten übertreffen. Zuversicht für die Zukunft ist dabei genauso wichtig wie möglichst wenig Unsicherheit hinsichtlich zukünftiger Entwicklungen. Gerade Letzteres scheint aber nicht mehr gegeben. Die Unternehmen müssen sich angesichts der Marktturbulenzen und der ungelösten Schuldenkrise wie Autofahrer fühlen, die mit hohem Tempo auf eine Nebelwand zurasen. So wie ein vorausblickender Autofahrer in dieser Situation die Geschwindigkeit verringert, verschieben die Unternehmen in einer solchen Situation Investitionsprojekte oder stoppen den Beschäftigungsaufbau.
Dass die Lagebeurteilung nach dem geringen Rückgang um 0,2 Punkte mit einem Stand von 117,9 Punkten immer noch hoch ist, die Situation also vergleichsweise gut eingeschätzt wird, zeigt die Absurdität der Situation: Eine gut gehende Wirtschaft läuft Gefahr, abrupt ausgebremst zu werden.
Noch hält die gute Geschäftslage der Unternehmen deren Skepsis in Schach. Doch die Gefahr ist groß, dass wir in eine sich selbst erfüllende Prophezeiung geraten. Krisen– und Rezessionsängste lassen die Märkte abstürzen. Dies verunsichert die Unternehmen. Sinkende Stimmungsindikatoren sowie eine hieraus resultierende Zurückhaltung bremsen schließlich die Konjunktur aus und könnten so die Rezessionsängste wahr werden lassen. Wie bereits vor drei Jahren, während der letzten großen Krise, ist die Politik in Deutschland und Europa stark gefordert, um den Nebel der Zukunftsängste zu lichten, der Wirtschaft das Gefühl von Sicherheit, Stabilität und Kalkulierbarkeit zurückzugeben und die Stimmung dadurch wieder aufzuhellen.