Ostalbsenioren der SPD im Besucherbergwerk Wasseralfingen

Ostalb

Rems-Zeitung

Vor einigen Tagen traf sich die AG 60+ der Ostalb-​SPD vor dem „Tiefen Stollen“ in Aalen-​Wasseralfingen, um eine Führung im Innern des Braunenbergs zu erleben. Im Bergmannszügle ging es mit Führerin Renate Fischer tief ins Innere des „Wilhelmsstollen“.

Freitag, 21. Oktober 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
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OSTALBKREIS (kk). Kalkzapfen hängen da an einer niedrigen Decke, von der Wasser rinnt, elektrisches Licht erleuchtet spärlich eine enge Durchfahrt, die für den modernen Besucher abenteuerlich wirkt, dem dort früher mit einfachen Hilfsmitteln hart arbeitendem Hauer aber sicher nie romantisch erschien. Nach 400 Meter ratternder Fahrt erreicht die 50 Jahre alte kleine Elektromotive den Bahnhof „Unter Tage“, von wo aus die verschiedenen Teile des früheren Eisenbergwerks zu Fuß in einer eineinhalb stündigen Wanderung erkundet wurden. Anhand einer Diaschau unter Tage, vielen Museumsvitrinen mit Versteinerungen des Braunjura, den Bergwerksgeräten von fast zwei Jahrhunderten, in unmittelbarem Kontakt mit Abbaustellen des Eisenerzes und dessen zumeist manuellen Abtransport, erklärte Renate Fischer Geologie und Abbaumanagement der zwei abbauwürdigen erzführenden Schichten. Auch der Sandstein zwischen den Erzgängen wurde großräumig abgebaut, um ihn für Gussformen der Hüttenwerke zu verwenden. Dabei sind große Hallen entstanden, die sekundär eine von Sinterkalk und metallischen Lösungen herrührende ganz unterschiedliche Farbgebung erhielten. Im „Felsendom“ kann man heute noch die Folgen sehen, wenn späterer Abbau von Sandstein nicht früheren Abbau und entsprechende zugefüllte Erzschächte beachtet. Dieser nach Eröffnung des Schaubergwerks ausgegrabene und gesicherte großräumige Versturz zeigt, wie gefährlich der Beruf des Bergmannes ist.
Im übrigen erklärte Renate Fischer, dass seit Eröffnung des Wilhelmsstollen 1841, der nach dem württembergischen König Wilhelm I. genannt wurde, Sicherheitsgedanken immer oberste Priorität eingeräumt wurde. So ist eine „Personenbegleitstecke“ abgesondert von dem gerade aus dem Berg führenden Weg der Erzloren aus dem Gestein gehauen, um den sicheren Zu– und Abgang der Arbeitskräfte zu leisten. Auch dem der Sauerstoffversorgung und der Entwässerung wurde immer Rechnung getragen, um Unglücksfälle möglichst auszuschalten; teure Baumaßnahmen, die man vor Ort noch heute deutlich erkennt.
Mitte des 19. Jh. war allerdings die Beleuchtung eine problematische Sache: Der „Grubenfrosch“ ist eine offene Beleuchtungsquelle, in der zunächst Rindertalg, später Rüböl verbrannt wurde. Renate Fischer schaltete das Licht aus (um zu demonstrieren, dass man dann wirklich die Hand nicht mehr vor den Augen sieht) und zündete ein mit Öl befeuertes „Geleucht“ an. Unvorstellbar, dass damals die Hauer unter solch miserablen „Beleuchtung“ arbeiten konnten. Die Führerin erklärte dann den Weg des Licht-​Fortschritts unter Tage, indem sie Karbidlampen und dann die Einführung des elektrischen Lichts mit entsprechenden Jahreszahlen nannte. Sie selbst trug am Gürtel einen riesen Akku, der ihre Stabtaschenlampe speiste.
Renate Fischer lobte den Verdienst unter Tage, der vor 150 Jahren ungefähr das Dreifache eines „normalen“ Arbeiters ausmachte. Am Zehn-​Stunden-​Tag verdiente so ein Hauer 48, ein „Schlepper“ (der das Erz abtransportierte) 28 Kreutzer am Tag. Ein Brot kostete damals drei und ein Kilogramm Fleisch acht Kreutzer. Vor den Bismarckschen Sozialreformen gab es aber weder Krankenversicherung noch Rentensicherheit, und die Bergleute mussten ihr Werkzeug selbst kaufen. Den bismarckschen Sozialfortschritt nannte die Führerin aber auch „eine Maßnahme gegen die wachsende Sozialdemokratie“.
Peter Ott, der Vorsitzender der SPD Wasseralfingen begrüßte in der Gaststätte des Viktoria-​Sportvereins anschließend die60-​plus-​Gäste. Er freute sich darüber, dass in den nächsten Tagen das hundertjährige Jubiläum des SPD-​Ortsvereins anstehe. Dessen Gründung stehe natürlich im Zusammenhang mit der frühen Industrialisierung Wasseralfingens durch den Bergbau. Anders als andernorts sei die Parteistruktur hier immer noch von Arbeitern bestimmt. Bei Wahlen liege die SPD in Wasseralfingen meist vor der CDU, wie es früher in Industriegebieten der Regelfall war.