Gemeinschaftsschule — ein Projekt in Alfdorf

Ostalb

Rems-Zeitung

Alfdorf möchte Vorreiter sein in Bezug auf die neue Schulform, doch erst und nur, wenn die meisten davon auch überzeugt sind. Eine Veranstaltung diente dazu, um nicht zuletzt die Eltern bei diesem Anliegen mit ins Boot zu holen.

Samstag, 10. Dezember 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
133 Sekunden Lesedauer

Von Brigitte Düppe
ALFDORF. Wie bereits berichtet fand in der Alten Halle eine gut besuchte Informationsveranstaltung zum Thema Gemeinschaftsschule statt. Dazu konnte Bürgermeister Michael Segan Hannelore Gloger vom Kultusministerium begrüßen. Sie ist Referentin von Norbert Zeller, dem Leiter der Stabstelle Gemeinschaftsschulen, Schulmodelle und Inklusion, welche die neue Landesregierung im Frühjahr eingerichtet hat. Nach der Einladung von MdL Claus Schmiedel ist dies schon der zweite Besuch zu diesem Thema in Alfdorf.
„Gemeinschaftsschule – Zukunft gestalten“– unter diesem Motto steht das Projekt der Landesregierung. Locker und gewandt führte Hannelore Gloger durch die nicht einfache Materie. Man merkte ihr an, dass sie als ehemalige Gymnasiallehrerin bestens mit Fragen umgehen kann, man spürte aber auch, dass bei der Zuhörerschaft ein echtes Interesse an fundierter Aufklärung bestand.
Es ging in erster Linie um die Sekundarstufe 1, also die Klassen 5 bis 10. Die Begeisterungsfähigkeit, der Schwung der Grundschule müsse in diese zweite Bildungsphase mitgenommen werden – und zwar so, dass ohne das bisherige Selektionsverfahren die Klasse zusammenbleibt und dass Schüler auch in der neunten Klasse noch entscheiden dürfen, welchen Abschluss sie anstreben.
Für den Hauptschulabschluss können sie neun oder zehn Jahre brauchen, zehn Jahre für die mittlere Reife und für das Abitur stehen noch einmal drei Jahre an (bei mindestens 60 Schülern). 20 Schüler sollten es grundsätzlich pro Klasse sein. Maximal 28 Schüler sind in den Klassen 5 bis 10 die Höchstgrenze für eine Lerngruppe. Lehrer für alle drei Schularten müssen zusammenarbeiten, wobei die Schüler die Zeit haben, sich individuell zu entwickeln.
Die Politik hingegen hat weniger Zeit. Die notwendige Änderung des Schulgesetzes ist schon etwas in Verzug. Gut, dass es die schulischen Praktiker gibt, die „unter der Decke“ bereits viele Erfahrungen mit dem neuen System gemacht haben, Erfahrungen, die einen staunen lassen. Schüler lernen selbstständig, sie lernen voneinander, Lehrer werden zu „Input-“gebern“, zu Lernbegleitern. Ihre Lehrerpersönlichkeit ist in erster Linie gefragt, nicht ausschließlich ihr Fach.
Außerdem braucht es eine Menge von speziellem Unterrichtsmaterial, individuell gestalteten Räumen, sogenannten Lernstudios beziehungsweise Ateliers und eine auf drei oder vier Nachmittage gebundene Ganztagsschule. Baulich wie konzeptionsmäßig klingt das alles ein bisschen nach Revolution. Hannelore Gloger beruhigte aber in der Hinsicht: man könne sich in diese neue Lernkultur auch „einschleichen“; Schuljahr für Schuljahr, wobei der früheste Start 2013 möglich wäre.
Dass es funktionieren kann, bewies der spontane Beitrag einer jungen Frau aus Australien, die in dieser Form unterrichtet wurde und es als großen Vorteil für sich ansah. Als nächsten Schritt wird die Gemeinde über das Staatliche Schulamt Backnang Kontakt aufnehmen mit Schulen, die bereits nach diesem Konzept arbeiten. Vertreter sollen eingeladen werden und berichten.
Nach über zwei Stunden ging die Diskussion in kleinen Gruppen weiter, allerdings ganz entspannt an der großen Brezel– und Getränketheke. Beeindruckt zeigten sich die Referentin, die Vertreter der Schule und des Schulamts sowie der Bürgermeister vom Interesse und der Offenheit aller Anwesenden. „Learning by doing“ das wird die Zukunft von allen abverlangen, damit kein Schüler für sich und die Gesellschaft verloren geht. Das diktiert allein schon der demographische Wandel.