In der Ägäis — 33 Oberstufenschüler des Rosenstein-​Gymnasiums Heubach verreisten

Ostalb

Rems-Zeitung

33 Oberstufenschüler des Rosenstein-​Gymnasiums Heubach reisten im Rahmen der Schulpartnerschaft mit dem türkischen AÖL-​Gymnasium in Edirne in die Westtürkei. Dabei wurden auch die Ägäisküste und Nordgriechenland erkundet.

Donnerstag, 26. Mai 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
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HEUBACH (rg). Eine Initiative der Robert-​Bosch-​Stiftung aufgreifend, hat das Heubacher Gymnasium seit vergangenem Schuljahr eine weitere Schulpartnerschaft: mit dem Anadolu Ögretmen Lisesi, einem Oberstufengymnasium im türkischen Edirne. Aufgrund der hervorragenden Projektergebnisse und des guten gegenseitigen Verständnisses haben beide Schulen beschlossen, den Austausch dieses Jahr zu wiederholen. So kamen ein weiteres Mal 33 Zehnt– bis Dreizehntklässler in den Genuss, die überwältigende Gastfreundschaft türkischer Familien zu erleben. Sofort wurden sie in die Familie integriert, sollten ihre Gasteltern mit Amca (Onkel) und Teyze (Tante) anreden.
Beim Rundgang durch die 140 000 Einwohner zählende Provinzhauptstadt der Türkei wurde das Meisterwerk des Architekten Sinan, die Selemiye-​Mosche mit ihrer 31 Meter weiten Zentralkuppel, bewundert. Der türkische Projektlehrer Halil Türkan führte die Schüler in die Bedeutung und die Praxis des Moscheebesuchs ein. Wenige Minuten später mussten die Schüler das Gotteshaus verlassen, da die Gläubigen hereindrängten, um das wichtige Freitagsmittagsgebet zu verrichten, an dem auch zwei der deutschen Austauschschüler teilnahmen.
Die anderen genossen währenddessen mit ihren beiden Begleitlehrern Bernhard Degen und Dr. Helmut Rössler die Spezialität Edirnes, die fritierte Kalbsleber, „tava ciger“, zu der traditionell gebratene rote Peperoni und das Joghurt-​Getränk Ayran gereicht wurden. Über die türkische Gastronomie und über vieles mehr hatten Schüler der Vorgängergruppe ausgiebig im Vorjahr recherchiert. Die 12-​seitige Projektzeitung, in der sie ihre Ergebnisse publiziert haben, diente den diesjährigen Austauschschülern neben dem Buch Gerhard Schweizers „Die Türkei – Zerreißprobe zwischen Islam und Nationalismus“ als ideale Vorbereitung und Einstimmung und verkürzte die 1700 Buskilometer lange Anfahrt. Die vielen Stunden im rollenden Klassenzimmer wurden durch Einführungen in die Landeskunde Griechenlands und der Türkei, durch Referate über geschichtliche und politische Themen, durch Überblicke über die türkische Sprache bis hin zum Erlernen von Redewendungen und Sprichwörtern genützt.
Ein langer Tag in Istanbul brachte unvergessliche Eindrücke. Wer einmal an einem Samstagnachmittag vom Großen Bazar durch die Unterführung am Hauptverkehrsplatz Eminönü zur Galata-​Brücke gegangen ist, besser gesagt, geschoben wurde, kann erahnen, was es bedeutet, in einer 15-​Millionen-​Metropole zu leben. Beeindruckt zeigten sich die deutschen Gymnasiasten von der Größe und Leichtigkeit der Hagia Sofia, von dem Zauber des Yerebatan Saray, der unterirdischen Zisterne, und dem Trubel des Kapali Carsi, des Bedeckten Bazars. Die asiatische Seite erreichte man mit der Fähre über den Bosporus in Kadiköy, bevor es dann noch über das Goldene Horn nach Taksim ging, wo man die Istaklal Caddesi entlang flanierte.
Der Abschied von den neuen Freunden und Gasteltern war überaus herzlich, hatte man sich doch auch dank des Besuchs der Türkisch-​AG ein bisschen auf Türkisch verständlich machen können. Sie erwarten den türkischen Gegenbesuch in der ersten Juliwoche.
Die Türkei-​Exkursion wurde auch genutzt, um unterwegs die Hochburg des klassischen Altertum, Griechenland, kennen zu lernen. Im Theater der Akropolis von Pergamon. referierten Bernhard Degen und Dr. Helmut Rössler über die Geschichte der griechischen Kolonisationen und erläuterten die wechselvolle Besiedlungsgeschichte Kleinasiens. Vor Ort führten sie in das Schicksal des Pergamonaltars und in die Erfindung des Pergaments ein. Mit der neuen Seilbahn schwebte man nach Bergama hinunter und tauchte in das orientalische Leben einer ägäischen Mittelstadt ein. Ein Höhepunkt folgte auf die Fahrt durch die Bewässerungs-​Obstkulturen des Menderes-​Tals mit der Besichtigung von Pamukkale. Wie ein in Stufen zu Eis erstarrter Wasserfall ziehen sich Terrassen aus Kalksinter vom Plateau mit der Ausgrabungsstätte von Hierapolis in die Ebene von Denizli hinunter. Die Baumwollburg, wie Pamukkale treffend bezeichnet wird, wird seit es UNESCO-​Welterbestätte ist, von Millionen Touristen jährlich besucht.
Auf die Besichtigung von Ephesus mit Theater, Agora, Celsius-​Bibliothek und den neu freigelegten Hanghäusern folgte ein Badetag in Altinkum. Der riesige Apollo-​Tempel von Didyma und die Stadtanlage von Assos, wo Aristoteles drei Jahre lebte, rundeten das Bild des antiken kleinasiatischen Griechenlands ab. Zeugnissen des Bevölkerungsaustausches begegnete man in Ayvalik. Vom Aussichtspunkt, der Teufelskanzel (Seytan Sofrasi) konnte man ein weiteres Mal auf Lesbos schauen, wohin die griechische Bevölkerung 1923 ausgesiedelt wurde und das die türkischen Bewohner im Gegenzug verlassen mussten. Auf einer Wanderung auf der Insel Cunda kam man dem dem Verfall preisgegebenen Mondschein-​Kloster sehr nahe.
Die Hin– und Rückfahrt durch das frühlingsgrüne Nordgriechenland auf der Via Egnatia mit Blick auf die schneebedeckten Pindosgipfel wurde durch die Besichtigung von Kabala und der Meteora-​Klöster unterbrochen. Dass der griechisch-​türkische Grenzfluss Meric/​Evros bei Edirne bis vor kurzem von über 100 Illegalen täglich überquert wurde, davon konnten sich die Heubacher Schüler trotz längerer Grenzaufenthalte nicht überzeugen. Wohl aber davon, dass im Hafen von Igoumenitsa sehr viele Somalier den Versuch unternehmen, irgendwie mit einem Fahrzeug auf die Fähre nach Italien zu gelangen.