Schüler des Lorcher Gymnasiums Friedrich II erfolgreich beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten unter dem Motto „Ärgernis, Aufsehen, Empörung: Skandale in der Geschichte“

Ostalb

Rems-Zeitung

Jahre vor Stuttgart 21 gab’s Ärger um den Abriss des Mosbacher Bahnhofs, und der Karikaturenstreit der 20er-​Jahre entzündete sich nicht an Mohammed, sondern an Christus am Kreuz. Einem weiteren „Aufregerthema“ widmeten sich im Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten sehr erfolgreich drei Schüler des Gymnasium Friedrich II.

Freitag, 01. Juli 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
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LORCH (rz). Martin Abt, Marcel Schindler und Dominik David, die von ihrem Lehrer Dr. Gerhard Altmann begleitet wurden, arbeiteten unter dem Titel „Statt Musentempel teurer Tümpel“ den Bau der neuen Schorndorfer Stadthalle auf. Dominik David kennt dort Menschen, die sich noch gut erinnern können, wie das damals war. Mitte der 70er-​Jahre begann die Nachbarstadt im Nachbarkreis mit ihrer Planung für den Bau einer neuen Stadthalle. Die Ausschreibung gewann zunächst ein Architekt aus Schorndorf, der auch Mitglied des Stadtrats war. Diese Entscheidung sorgte für Empörung, so zeigen die Schüler auf: „Aber es sollte nicht bei diesem ersten Skandal bleiben.“ Der Baubeginn verzögerte sich, die Klage eines Anwohners führte zum Baustopp, die Baugrube füllte sich mit Grundwasser. Anstelle einer Stadthalle hatten die Schorndorfer nun einen See. Die Rede vom „teuersten Tümpel Deutschlands“ machte die Runde. Auf der Basis zeitgenössischer Presseartikel, Akten aus dem Bürgermeisteramt und Archivalien aus Privatbesitz rekonstruierten die drei Zehntklässler den Skandal um den Stadthallenbau. Sehr aufschlussreich war unter anderem ein Gespräch mit Alt-​Stadtrat Helmut Schwarz, der im Juni im Alter von 82 Jahren verstorben ist und dem sie ein ehrendes Andenken bewahren wollen. In der Bewertung durch die Jury heißt es: „Mit einer akribischen Recherche entlarven sie widersprüchliche Aussagen und fehlerhafte Quellen.“ Aus der Sündenbocksuche“, die die Presseberichterstattung damals bestimmte, zogen die Schüler, der Jury zufolge, den „überzeugenden Schluss, dass Transparenz und Bürgerbeteiligung bei Großprojekten wie einem Stadthallenbau unerlässlich sind.“ Dieser Tage wurden Martin Abt, Marcel Schindler und Dominik David sowie die anderen Preisträger des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten ausgezeichnet. Der Wettbewerb stand unter dem Motto „Ärgernis, Aufsehen, Empörung: Skandale in der Geschichte“. Bundesweit nahmen über 3600 Kinder und Jugendliche teil. Sie erforschten Politik– und Schulskandale, gingen der öffentlichen und juristischen Aufarbeitung des Nationalsozialismus nach und analysierten Umwelt– oder Medizinskandale. Ihren Themen näherten sich die Teilnehmer mit einem sehr analytischen und differenzierten Blick, so die Jury, und besonders der Rolle der Medien widmeten die Schüler große Aufmerksamkeit. Sie würdigen deren Bedeutung als Korrektiv von Politik und Gesellschaft und als Aufklärer von Missständen, fordern aber zugleich mehr Gelassenheit und Objektivität bei der Berichterstattung. Den eigenen Standpunkt zu reflektieren und kritisch zu sein sei aber auch Aufgabe von Lesern und Publikum, so die Jugendlichen. Sechs Monate lang hatten die Teilnehmer des Geschichtswettbewerbs Archivquellen, zeitgenössische Presseberichte und Zeitzeugengespräche ausgewertet – und nicht selten entdeckten sie dabei Parallelen zu aktuellen gesellschaftlichen Streitfragen. So nahmen Achtklässler die Kontroverse um Stuttgart 21 zum Anlass, um den damals ebenfalls umstrittenen Abriss des historischen Bahnhofs in ihrer Heimatstadt Mosbach näher zu beleuchten. Zwei weitere Schüler erforschten den größten Karikaturenstreit der deutschen Geschichte und entdecken dabei Parallelen zum Konflikt um die dänischen Mohammed-​Karikaturen: 1927/​28 hatte der Künstler George Grosz in Berlin vor Gericht gestanden, weil er Jesus Christus mit spitzer Feder gezeichnet hatte. Insgesamt reichte die Spannbreite der Themen von lokalen Umweltskandalen über kontroverse Theateraufführungen bis zu antisemitischen Rufmordkampagnen. Dabei zeigten die Jugendlichen auf, wie die Öffentlichkeit mit Tabubrüchen umging, und hinterfragten kritisch die Motive der Skandalierer. „Mit wachsamen Augen durchleuchteten die Jugendlichen die Rolle von Politik, Medien und Publikum“, war von Seiten der Körber-​Stiftung zu hören, die diesen Wettbewerb möglich macht: „Eine kritische Öffentlichkeit, so die Forderung der Jugendlichen, muss heute bei Skandalen besonders genau hinschauen an