Begegnung mit dem „Dorfladen-​Papst“

Ostalb

Rems-Zeitung

Beispielhafte Projekte und ehrenamtliches Engagement mit Vorbildcharakter erlebte die Delegation aus Durlangen bei ihrer Informationsfahrt zu Bürgerhäusern in Waldstetten, Mögglingen und Neuler sowie zu Dorfläden im Kreis Schwäbisch Hall.

Montag, 11. Juli 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
154 Sekunden Lesedauer

Von Sonja Ruis
DURLANGEN. Das Planungsbüro PES von Alexander Speidel aus Stuttgart hatte die Fahrt organisiert. Gerade im Hinblick auf MELAP plus, das in Durlangen zum Erfolgsmodell werden soll und die Durlanger Ortsmitte aus dem Dornröschenschlaf führen könnte, war es sehr lehrreich und informativ, andere Gemeinden mit ihren bereits gemachten, wertvollen Erfahrungen bei der Umsetzung von Umbauprojekten für kulturelle Veranstaltungen, für Vereinsaktivitäten und für einen Dorfladen, in Augenschein zu nehmen.
Das Kultur– und Bildungszentrum auf dem Kirchberg in Waldstetten war der erste Haltepunkt dieser Tagesfahrt. Bürgermeister Michael Rembold und Manfred Fischer, Leiter der Musikschule und für Kulturarbeit verantwortlich, beschrieben eindrucksvoll die vielfältige Nutzung des gesamten Areals mit den drei Gebäuden. „Das Gesamtpaket stimmt“, betonte Manfred Fischer. Darüber hinaus schilderten sie aber auch die Unwägbarkeiten, Stolpersteine und jede Menge Arbeiten bis die alte Bausubstanz neu erstrahlte und den Belangen der Vereine Rechnung getragen wurde. Offen sein für Vorstellungen und für unorthodoxe Lösungen, nannten beide als Grundvoraussetzung. Außerdem gaben sie vor allem den Vertretern der beiden Durlanger Musikvereine Tipps.
Die Ortsentwicklung in der Dorfmitte kreativ angegangen ist die Gemeinde Mögglingen mit ihren Bürgern bei einem ihrer Vorzeigeobjekte, dem alten Schulhaus. Beim Rundgang durch das denkmalgeschützte Gebäude, das eine Heimat der Vereine, ein Ort der Begegnung und kultureller Mittelpunkt des Dorfes ist, präsentierten Architekt Patriz Schurr und Susanne Knödler von der Gemeindeverwaltung den schwierigen, kostenintensiven, aber gelungenen Umbau. Ein behindertengerechter Aufzug wurde eingebaut, Räume für die Jugendmusikschule, die Bücherei und das Archiv sind vorhanden. Auch hier gab es viele Impulse für die Gestaltung eines Konzertsaals und Proberaums, denn im Obergeschoss befindet sich die sogenannte Kulturbühne.
In Neuler wurde die Durlanger Gruppe von Bürgermeister Manfred Fischer und Kämmerer Johannes Gutknecht erwartet. Informative Daten, Fakten und Zahlen über den Umbau des alten katholischen Gemeindehauses mit Kindergarten zum Haus der Vereine erläuterte Bürgermeister Fischer. Markus Kottmann vom Musikverein Durlangen konnte viel über seine weitere Wirkungsstätte als Dirigent des Musikvereins Neuler erzählen. Auch in Neuler wurde deutlich, dass ein besonderes Augenmerk auf die Parkplatzsituation gelegt werden muss.
Die Weiterfahrt wurde dann zu einer Art „Tour de Lädle“, wie es ein Mitfahrer treffend formulierte, denn in Gottwollshausen und Gailenkirchen bei Schwäbisch Hall wurden die Dorfläden vor Ort in Augenschein genommen. Der „Dorfladen-​Papst“, Walter Preisinger, so nannten ihn seine Vorstandskollegen Manfred Wagner und Hartmut Walter, schilderte wie es zur Gründung der beiden Dorfläden kam, die in genossenschaftlicher Eigenregie der Bevölkerung funktioniert. Das alte Rathaus mit angebautem Waschhaus in Gailenkirchen wurde umgebaut und auf einer 100-​Quadratmeter-​Fläche werden in dem 1200-​Einwohner-​Dorf rund 1200 Artikel angeboten. Der Laden in Gottwollshausen mit rund 950 Einwohnern ist ähnlich groß. Geführt wird die Genossenschaft von ehrenamtlichen Kräften, im Laden stehen eine Vollzeit-​, eine Halbtags– und eine 400-​Euro-​Kraft, und es gibt viele Helferinnen und Helfer. „Dessen Erfolg ist ihre Herzenssache“, betonten die Vorstände.
Zuletzt verzeichnete die Genossenschaft eine Kundenfrequenz von 85 000 und einen Umsatz von rund 535 000 Euro pro Jahr. Die Anteilseigner erhalten seit drei Jahren drei Prozent Dividende in Form von Warengutscheinen. Bis zu 4000 Kunden pro Monat sprechen eine eigene Sprache, dass dazu jedoch auch ein passendes Warensortiment, viel Engagement und vor allem auch werbewirksame Maßnahmen gehören, daran ließen die Verantwortlichen keinen Zweifel. „Der soziale Aspekt des Ladens als Kommunikationszentrum ist ganz wichtig“, fügten sie hinzu.
Die besichtigten Objekte stimmten die Durlanger zuversichtlich und alle waren der Ansicht, dass der Umbau des Hauses Wassergasse 7 in Durlangen zum Bürgerhaus mit Kulturräumen und Dorfladen sicherlich gelingen kann. Bedauerlicherweise war es einigen Gemeinderäten wegen ihres Zeitmanagements nicht möglich gewesen, durch ihre Teilnahme diese Informationen aus erster Hand zu erfahren.