Zu viele Drogentote — Besorgniserregende Fakten aus dem Ostalbkreis

Ostalb

Rems-Zeitung

Bereits 16 Drogentote sind im Kreisdieses Jahr zu beklagen. Aber nicht nur die hohe Zahl macht Mitglieder des Kreistags besorgt, sondern auch die Tatsache, dass in vielen Fällen Medikamentenmissbrauch im Spiel war.

Mittwoch, 21. September 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
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OSTALBKREIS (tur). Die Mitteilung, die der Drogenbeauftragte des Kreises, Berthold Weiß, gestern im Sozial– und im Jugendhilfeaussschuss des Kreistags machen musste, sorgte für betroffene Gesichter: Zwischen Januar und Juli dieses Jahres waren auf der Ostalb bereits 16 Drogentote zu beklagen. Das sind fast dreimal soviel wie sonst in einem ganzen Jahr. Denn im Durchschnitt haben 1992 bis 2010 pro Jahr 6,4 Menschen ihren Drogenkonsum mit dem Leben bezahlt. Was den Verantwortlichen besondere Sorge macht, ist nicht nur die hohe Zahl der Toten, sondern auch, dass elf von ihnen nicht ihr Heroinkonsum zum Verhängnis wurde, sondern ein Mix aus unterschiedlichen Medikamenten und Betäubungsmitteln. Ihr Tod steht also in einem direkten Zusammenhang mit dem Missbrauch von Medikamenten, brachte es Wolfgang Koch von der Polizeidirektion Aalen auf den Punkt.
Zwischen Januar und April waren jeden Monat zwei Tote zu beklagen, im Mai waren es fünf, seit August gab es keinen mehr, berichtete Weiß. Sie sind im Alter zwischen 20 und 45 Jahren gewesen, also keine Jugendlichen. Die Hälfte, nämlich acht, kommen aus Gmünd, je zwei aus Aalen und Oberkochen, drei aus Bopfingen und einer aus Neresheim. Zwei starben nicht, weil sie gerade Drogen genommen hatten, ihr Tod war vielmehr der Schlusspunkt einer langen Drogenkarriere, auf die alle Drogentoten hätten verweisen können. Insgesamt gibt es nach Erkenntnissen der Polizei und der Suchtberatung rund 1000 Menschen im Kreis, die von Opiaten abhängig sind. In Aalen und Ellwangen laufen Kontakte und Handel überwiegend im privaten Bereich in den Wohngebieten ab, während sich das Geschehen in Schwäbisch Gmünd zum Teil auf öffentlichen Plätzen abspielt. Die Qualität des Heroins, sagte Koch, ist im Straßenhandel seit Jahren relativ konstant hochwertig, es gebe kaum Ausrutscher. Das Problem: Es habe sich ein Schwarzmarkt mit verschreibungspflichtigen Medikamenten, mit Betäubungs– und starken Schmerzmitteln, gebildet, so dass es den reinen Heroinkonsum gar nicht mehr gebe. Zwar sei ein Großteil der Ärzte und Apotheken sensibilisiert, es gebe aber nach wie vor Verschreibungen auf Privatrezept, ergänzte Weiß. Die Zahlen nannte Landrat Klaus Pavel einen Tiefschlag, denn dahinter steckten Menschen. Man dürfe bei der Prävention nicht nachlassen, sondern müsse sie unter Umständen noch intensivieren. Das Problem müsse man in einer Drogenrunde „kommunalisieren“, forderte Dr. Joachim Bläse (CDU), um es für die Bürger „herunterzubrechen“. Die Personalstellen bei der Drogenberatung und der Gewaltprävention zu überprüfen, verlangte Marlies Büker für die SPD.