Stellungnahmen der Kreistagsfraktionen zum Haushaltsentwurf für das Jahr 2013: Kliniken, Schulen und Verkehr im Mittelpunkt

Ostalb

Rems-Zeitung

Die Kliniken, die Schulen und der Verkehr standen im Mittelpunkt der Stellungnahmen, die die Fraktionen gestern zum Haushalt des Ostalbkreises für 2013 abgaben.

Mittwoch, 28. November 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
286 Sekunden Lesedauer


OSTALBKREIS (ml). Mit einem dicken Lob für den Landrat, der über die eigentlichen Verwaltungsaufgaben herausragenden Einsatz zeige, begann Peter Seyfried (CDU) seine Rede, ehe er auf das Kreisentwicklungskonzept einging. Der Kreis solle sich als Netzwerker und Strippenzieher in die Nachnutzung der Ellwanger Kaserne einbringen. Das Schulentwicklungskonzept müsse aufzeigen, wie man langfristig mit 25 Prozent weniger Schülern immer noch eine gute und dezentrale berufliche Ausbildung im gesamten Kreis sicherstellen könne. Bei den allgemeinbildenden Schulen würde ein Konkurrenzkampf zwischen kommunalen Schulträgern und dem Landkreis keinem nützen.
Verbesserungswürdig seien die Strukturen im Bundes– und Landesstraßenbau sowie der Schienenverkehr. Hier solle sich die Ostalb bewusst für eine Kooperation mit den Nachbarkreisen öffnen. Dies gelte auch für Fragen des Tourismus. Immer spürbarer würden die Auswirkungen der Energiewende. Zu einem nationalen Konsens gehöre hier eine gleichmäßige Verteilung der Lasten. Als Grundstückseigentümer solle der Kreis einen Bürgerwindpark anstoßen, um die Wertschöpfung in der Region zu erhalten. Das Land müsse aufgefordert werden, die Verpachtung seiner Waldflächen nicht nach dem höchsten Ertrag auszurichten.
Man bekenne sich klar zur wohnortnahen Krankenhausversorgung in kommunaler Trägerschaft. An die Politik appelliere man, ihren rigiden Sparkurs auf dem Rücken der Kliniken aufzugeben.
Kritisch sieht die CDU den Plan, für die Auslagerung von Klassenräumen zum Umbau im Gmünder Berufsschulzentrum 120 Container anzumieten. Stattdessen gelte es, Labors und Fachräume optimal zu nutzen. Insgesamt wolle man 2013 erneut einen deutlichen Schwerpunkt im Bereich Bildung legen, weil nur über diesen Weg die Probleme im sozialen Bereich verändert werden könnten.
Nötig sei die Sanierung des Kreishauses. Es könne nicht angehen, dass der Landrat in seinem Büro einen Regenschirm brauche, weil das Dach undicht sei. Auch bei den Kreisstraßen gebe es keinen Anlass, sich auf den Lorbeeren auszuruhen. Und die Priorisierung des Landes sei nicht nur ein Schlag ins Gesicht der Mögglinger, sondern aller Kreisbürger.
Bei der GOA müssten aufgelaufene Fehlbeträge abgebaut werden, ehe man über eine Gebührenreduzierung rede. Auch im Kreishaushalt gelte es, mit möglichen Verbesserungen in erster Linie Schulden abzubauen. Deshalb sei man auch mit dem Kreisumlage-​Hebesatz von 34 Punkten einverstanden.
Dieser Satz sei ein Entgegenkommen des Kreises gegenüber den Kommunen, betonte Josef Mischko (SPD). Mancher in seiner Fraktion habe sich einen höheren vorstellen können. Überschüsse aus Jahresrechnungen müssten zu sinkenden Krediten führen, stimmte er seinem Vorredner zu. Mischko forderte eine konsequente energetische Sanierung kreiseigener Gebäude. Das spare nachhaltig Betriebskosten.
Im Schulwesen müsse die Trennung der Bildungsaufgaben zwischen Land, Kreis und Kommunen langfristig überwunden werden. Einstweilen gelte es, das Schulentwicklungskonzept gemeinsam mit den Kommunen zu entwickeln. Außerdem fordere man ein schlüssiges Konzept, wie alle jungen Menschen im Kreis einen Ausbildungsplatz bekommen oder sich für eine zusätzliche Qualifikation weiterbilden können. Ein Mobilitätskonzept sei zu erarbeiten und solle neben dem klassischen ÖPNV auch Platz für innovative Systeme wie Bürgerautos beinhalten.
Windkraft vor Ort sei ein Beitrag zum Klimaschutz und zur Versorgungssicherheit. In die Entscheidungen müssten möglichst viele Menschen früh eingebunden werden. Die SPD forderte auch ein Konzept zur flächendeckenden Breitbandversorgung. Bei der Misere der Krankenhausfinanzierung müsse Druck auf Berlin gemacht werden. Man brauche mehr Klinikpersonal. Die Stellungnahme des Personalrates sei ein Hilfeschrei.
Frühe und vorbeugende Hilfe für die gesamte Lebensspanne könnten Fehlentwicklungen vermeiden, erklärte Peter Traub (FW) mit Blick auf die Kosten im Sozialhaushalt. Bei der Unterbringung von Flüchtlingen dürfe man den Fehler der 90er-​Jahre nicht wiederholen, zu viele Menschen in zu kleine Orte zuzuweisen.
Leider sei der Ostalbkreis beim Zuschussbedarf im ÖPNV landesweit Spitze, fuhr Traub fort. Bei einer Fortschreibung des Nahverkehrsplans müssten auch die Busunternehmen ihren Beitrag leisten. In Sachen Straßenbau mahne der FW-​Sprecher an, dass es auch dem Land selbst schweren Schaden zufügen würde, den ländlichen Raum durch eine falsche Verkehrspolitik abzuhängen.
Die Schulen gehörten nicht auf einen politischen Basar zwischen Kreis und Kommunen, forderte Traub. Deshalb solle das Schulentwicklungskonzept maßgeblich von neutraler Seite, nämlich vom staatlichen Schulamt erarbeitet werden. Beim Bildungsbüro stelle man sich die Frage, ob dessen einst beschlossene, befristete Zeit nicht langsam um sei.
Trotz aller negativer Erfahrungen habe man im Gesundheitswesen die Markt– durch eine Planwirtschaft ersetzt, kritisierte Traub das Klinik-​Defizit. Es gehe nicht an, hier dauerhaft Mittel des Kreishaushalts einzusetzen. Auch frage er sich, ob eine bessere Aufgabenteilung zwischen den drei Kliniken nicht mehr Geld spare, als der bestehende Wettbewerb.
Die vorgeschlagene Kreisumlage trage man mit, auch wenn man der Verwaltung höhere Sparanstrengungen empfehle. Sparen sei wie Fasten; am Anfang tue es weh, aber dann wolle man gar nicht mehr damit aufhören.
Eine Zukunft voller Herausforderungen sah Volker Grab (Grüne). Um sie zu meistern, bedürfe es stärkerer Einbindung der Betroffenen, einer verbesserten Beteiligungsmöglichkeit der Bürgerinnen und Bürger.
Für das Defizit der Kreiskliniken sei nicht die Privatisierung eine Lösung, sondern nur verstärkter Druck auf die Abgeordneten vor der anstehenden Bundestagswahl. Einsparungen könnten auf keinen Fall durch weitere Arbeitsverdichtung erzielt werden, sondern etwa durch verstärkte Zusammenarbeit bei patientenfernen Verwaltungsdienstleistungen.
Angesichts sinkender Schülerzahlen müsse zwischen und innerhalb der Berufsschulzentren des Kreises verstärkt kooperiert werden. Das Schulentwicklungskonzept sei wichtig. Grab kritisierte, dass manche Kleinstschulen mit allen Mitteln gehalten würden.
Der Grünen-​Sprecher begrüßte das Radwege-​Konzept des Kreises. In Sachen ÖPNV schlug er die Einrichtung eines Fahrgastbeirats vor. Damit Windräder von der Bevölkerung akzeptiert würden, seien breit aufgestellte Energiegenossenschaften sinnvoll. Der Kreis soll nach Ansicht der Grünen künftig seinen gesamten Strombedarf aus Ökostrom decken.
Eines der Themen von Michael Lang (FDP) betraf die Sicherheit im künftigen Einhorntunnel. Er kritisierte, dass das ursprünglich geplante „geschlossene System“ mit einer gesamtverantwortlichen Stelle aus Kostengründen gekippt worden sei.
Bei den Schulen stehe man vor dem Problem, dass das Land ständig „neue Säue durchs Dorf treibt und der Kreis und die Gemeinden versuchen, diese mit erheblichen finanziellen Aufwendungen wieder einzufangen.“ Ärgerlich seien auch die aus dem Ruder laufenden Kosten für den Schülerverkehr. Es könne nicht sein, dass Eltern ihre Kinder auf Kosten der Allgemeinheit zu einer weit vom Wohnort entfernten Schule schickten.
Bevor mittelfristig der Ruf nach einem zentralen Krankenhaus laut werde, wie es der Rems-​Murr-​Kreis baue, wies Lang auf die gravierenden Unterschiede zwischen den Kreisen hin. Abschließend kritisierte Lang den Vertrag zwischen Kreis und Tierschutzverein über den Betrieb des Tierheims Dreherhof. Er greife entscheidend in das Budgetrecht eines Vereins ein, der immerhin eine hoheitliche Aufgabe wahrnehme.
Mit einer entschiedenen Kapitalismus-​Kritik wartete Udo Eisenmann (Linke) in seiner Haushaltsrede auf. Die der öffentlichen Hand durch die Krisenbewältigung entzogenen Gelder gingen zu Lasten der Ärmsten, die zum Beispiel durch immer höhere ÖPNV-​Tarife an der Teilhabe an Kultur und Bildung gehindert seien. Die Linke fordere die Einführung eines Sozialtickets mit stark reduziertem Abgabepreis für Bezieher des Arbeitslosengelds II.
Die dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern sei zwar eine gute Möglichkeit, um eine Integration zu befördern. Gleichzeitig bringe sie aber auch Nachteile im Hinblick auf die Betreuungsmöglichkeiten und den Zusammenhalt von Menschen mit vergleichbaren Schicksalen.
Die Sprecher aller Fraktionen bedankten sich bei allen Beschäftigten der Kreisverwaltung und ihrer angeschlossenen Unternehmen für die hervorragende Arbeit im zu Ende gehenden Jahr.