Mutlanger Gemeinderat lehnt positive Solarpark-​Stellungnahme ab

Ostalb

Rems-Zeitung

Nach zwei Stimmauszählungen sah Bürgermeister Peter Seyfried gestern Abend aus wie einer, dem gerade ein ganzes Bündel Felle davon geschwommen ist: Sein Vorschlag für die Solarpark-​Stellungnahme war gescheitert.

Dienstag, 14. Februar 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
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MUTLANGEN (rw). Die Stellungnahme der Gemeinde Mutlangen zur Flächennutzungsplan (FNP)-Änderung der Stadt Schwäbisch Gmünd für den Solarpark der Stadtwerke auf der Mutlanger Heide war vom Gemeinderat gekippt worden, und zwar denkbar knapp — nämlich mit Stimmengleichheit im Gremium. Wenn diese herrscht, gilt ein Antrag als abgelehnt.
Jetzt steht Mutlangen erst einmal ohne die Möglichkeit da, auf das Projekt Einfluss zu nehmen. Jedenfalls in den Formen, die als „Anregungen und Bedenken“ für Verhandlungen mit der Stadt tauglich gewesen wären. Sie hätten ein „Ja, aber“ dargestellt — eine grundsätzliche Zustimmung zum Solarpark, aber mit ein paar Bedingungen, welche die Interessen der Heide-​Bewohner wahren sollten. So aber bezieht die Gemeinde eine Position, die einer Ablehnung des Vorhabens gleichkommt — das sie, wie Seyfried betonte, nicht verhindern kann.
Auf dem der Stadt gehörenden Teil der Mutlanger Heide, vor anderthalb Jahrzehnten erworben vom Land als landwirtschaftliche Nutzfläche, will die Stadt eine Sonderbaufläche Photovoltaik mit 17,8 Hektar ausweisen. 12,9 Hektar davon sollen für den Solarpark verwendet werden.
War in der Begründung für die Änderung des FNP noch von einem Abstand von 26 Meter zur Wohnbebauung die Rede, hätten die Stadtwerke bei der Bürgerinformation am 24. Januar nur 15 Meter genannt, rekapitulierte Seyfried. Die Module sollten eine Höhe von 2,5 Meter erhalten. In der Versammlung äußerten Anwohner vor allem Sorgen wegen des geringen Abstands und wegen Lärms durch die Wechselrichter-​Anlagen.
In acht Punkten, die in die Stellungnahme einfließen sollten, legte Seyfried seine Position dar. Die wesentlichen: Der Abstand müsse vergrößert werden. Das Konversionsgebiet reiche nach Mutlanger Unterlagen im Süden noch 40 Meter über die Fläche des Solarparks hinaus. Eine Verschiebung sei daher möglich, ohne dass die Stadtwerke die Voraussetzung für die Einspeisevergütung — Bau auf der Konversionsfläche — verlören. Die Module sollten nicht 2,5 Meter hoch werden, sondern maximal 1,6 Meter, wie in anderen Solarparks üblich. Eine Beweidung durch Schafe sei auch bei höherer Abordnung nicht möglich, „unter den Modulen wächst nichts.“ Technikgebäude sollten entfernt vom Wohngebiet gebaut werden, Lücken in der Eingrünung gehörten geschlossen und der Solarpark eng umzäunt, um möglichst viel zugängliche Heidefläche zu erhalten.
Ob diese Anregungen von der Stadt aufgegriffen würden, sehe man dann im aufzustellenden Bebauungsplan. Die Chance dafür schätzte Seyfried eher hoch ein: „Die Stadtwerke wollen bauen, es geht ihnen um die Einspeisevergütung. Man wird sich also ernsthaft mit den Forderungen beschäftigen.“ Den Solarpark könne Mutlangen nicht verhindern. Die Forderungen seien „verträglich“. Die meisten Anwohner — oft selbst Besitzer von Solaranlagen auf dem Dach — hätten signalisiert, dass sie nicht gegen den Solarpark seien, „aber sie möchten, dass ihre Interessen vertreten werden.“
Damit stieß Seyfried bei der UWL-​Fraktion auf Granit: „Wir lehnen die Änderung des Flächennutzungsplans ab“, sagte UWL-​Sprecher Werner Kurz. Grund: Eben dies sei im Interesse der Bewohner. Seyfried verwies darauf, dass Mutlangen die FNP-​Änderung nicht ablehnen, sondern nur Bedenken äußern könne. Die Stadt habe die Planungshoheit, der Gmünder Gemeinderat entscheide — „wir können nicht beschließen, was in den Plan hineinkommt.“
Hans Lasermann (SPD) wies darauf hin, dass die Stadt in Zugzwang sei. Nach einer gewissen Zeit werde eine ungenutzte Fläche Naturschutzgebiet. In einem gesonderten FNP-​Entwurf sollten die Mutlanger Punkte eingearbeitet werden, dann bis zum Bebauungsplanentwurf noch einmal beraten werden, „und dann machen wir eine Bürgeranhörung.“ Die SPD-​Fraktion wie auch die Anwohner seien „nicht grundsätzlich“ gegen den Solarpark, aber der Abstand zur Wohnbebauung solle so groß sein wie zum Wald, nämlich 30 Meter, ergänzte SPD-​Rätin Rose Gaiser.
Grüne– und Frauenfraktion kündigten Zustimmung zum Solarpark-​Projekt an. Grüne-​Rätin Inge März: „Die Stadt wird wohl eingehen auf unsere Punkte, dann können wir uns doch nicht verschließen. Wir wollen doch die Energiewende.“
„So nah wie dieser ist kein anderer Solarpark in Deutschland an der Wohnbebauung“, brachte Armin Stütz (CDU) vor. Mutlangen müsse auf einen größeren Abstand drängen. Würden die Mutlanger Wünsche berücksichtigt, „haben wir 20 Jahre lang den Solarpark.“ Man solle bedenken, dass auf der Gmünder Seite auch eine zweigeschossige Wohnbebauung möglich sei.
War noch ein weiterer
Gemeinderat befangen?
Dann schritt man zur Abstimmung. Grünen-​Gemeinderat Frieder Steinhilber war als Stadtwerke-​Prokurist befangen, er durfte sich nicht beteiligen. CDU-​Gemeinderat Robert Mürdter nahm nicht an der Sitzung teil. Die ganze achtköpfige UWL-​Fraktion lehnte den Verwaltungs-​Vorschlag ab, mit ihr CDU-​Gemeinderat Dietmar Hummler. SPD, Grüne, Frauen und die übrigen CDU-​Räte wie auch der Bürgermeister stimmten dafür. Neun zu neun, es herrschte Stimmengleichheit, damit war der Beschlussvorschlag abgelehnt. „Ich glaube, wir haben eine Chance vertan“, kommentierte Seyfried das Ergebnis.
Später, unter dem Punkt Anfragen, forderte Frieder Steinhilber Bürgermeister Seyfried auf zu prüfen, ob UWL-​Gemeinderat Alfred Hofelich als Angestellter der Stadt Schwäbisch Gmünd nicht auch befangen gewesen sei — „dann wäre die Abstimmung anders ausgegangen.“ Seyfried will es prüfen lassen, auch wenn er nicht davon ausging, dass dies der Fall sei.
Die Zuhörer, darunter Anwohner von der Mutlanger Heide, verließen den Sitzungssaal nicht gleich. Ein Bürger, Markus Ladenburger, richtete an den Bürgermeister den Vorwurf, er habe zu spät reagiert. Die Stadt habe verhindern wollen, dass die Heide mit Ablauf der Frist in ein, zwei Jahren dem Naturschutz anheimfalle. Der Solarpark sei Zwischennutzung, um Zuschüsse zu erhalten, danach soll Wohnbebauung kommen. So habe es in der Vorlage des Gmünder Gemeinderats gestanden, mit der das Solarpark-​Projekt angekündigt worden sei. Dass es komme, sei „schon im April, Mai 2011 signalisiert worden.“ Dies wies Peter Seyfried zurück: „Wir haben bis zum 9. Januar nichts bekommen.“
Hans Lasermann, so Ladenburger („ich bin selbst CDU-​Mitglied“) sei „der einzige gewesen, der etwas für die Bürger auf der Mutlanger Heide getan hat.“ Auch dies wies Peter Seyfried zurück: Lasermann habe eine Veranstaltung mit dem SPD-​Ortsverein gemacht, das Thema müsse aber im Gemeinderat behandelt werden. Alles andere sei „politische Effekthascherei.“